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Reisebericht
Auf der Panamerikana von Quito nach Santiago de Chile - und stopover
Rio de Janeiro zurück
24. Oktober - 4. November 2001
Teil 2: Perú
Mittwoch , 24. Oktober 2001 (Huaquillas - Sullana, 381 km)
Nach der Grenze änderte sich die Landschaft rapide. Von den saftig grünen Bananen- und Kakaoplantagen der ecuadorianischen
Tropenküste war nichts mehr zu sehen; dafür herrschte jetzt eine dornige Wildnis, in der seltsam klobige, flaschenförmige Bäume ihr
struppiges und kahles Geäst in den Himmel streckten. Nach 20 weiteren Kilometern gab es ringsum nur noch schmutzig graue,
vegetationslose Wüste. Bis zum Horizont kein Baum und Strauch. Die Menschen zieht es hierher, weil diese Wüste nicht mit anderen
Wüsten vergleichbar ist. Der unter 500 m NN liegende Teil wird nicht von der ewigen Sonne ausgedörrt. Für tropische Maßstäbe ist
es hier eher unangenehm kühl. Wolken hängen tief am Himmel, die Luft ist meist - vor allem im Juli/August von feuchten
Nebelschwaden oder gar feinem Nieselregen, der hier Garúa genannt wird und bis zu 200 m dick ist, erfüllt. Die Ursache dafür muss
man im Humboldtstrom suchen, einer kalten Tiefseeströmung, die entlang der chilenisch-peruanischen Küste an die
Meeresoberfläche gelangt. Dadurch kühlt sich die über den Pazifik kommende feuchte Luft so weit ab, dass Wolken entstehen.
Kommt man in Regionen oberhalb der 500-m-Grenze, steigt die Temperatur sprunghaft um ca. 10 °C an, und Wolken und Nebel
weichen herrlichem blauen Himmel.
Auf unserer Reise erlebten wir diese Inversionswetterlage gleich mehrfach.
Wir kamen zuerst nach Tumbes, der nördlichsten Stadt von Perú. In der Nähe landeten 1531 die ersten
wagemutigen Spanier unter Führung von Diego de Almagro und der drei Brüder Francisco, Hernando und
Gonzalo Pizarro. Hier sahen wir die ersten Tuktuks, hier Motocares genannt. Das sind zum Dreirad-Taxi
umgebaute Motorräder, die aussahen wie Rikschas. Ein Hinweisschild verriet: bis Lima sind es von hier aus
noch 1.263 km!
Nun ging es eine Zeit lang immer an der Küste entlang. Von 12.30-13.30 Uhr hatten wir Mittagspause in
Zorritos, einem Ort am Pazifikstrand. Wir aßen für viel Geld (10 Sl.) Reis mit Fisch in einem der vielen
Touristenlokale. Ein Lokal mit Einheimischen wäre uns lieber gewesen. Die Zeit reichte nachher noch für ein kleines Fußbad im durch
den El-Niño-Strom angenehm warmen Meer und zur Beobachtung verschiedener Geisterkrabben.
Wir kamen an vielen Fischerdörfern vorbei, sahen Fischerboote und Balsa-Flöße (aus dem leichtesten Holz der Welt) sowie fliegende
Braune Pelikane. Seit der Grenze hatten wir Sonne pur; keine Wolke mehr am Himmel.
An der Provinzgrenze Tumbes/Piura gab es eine Zollkontrollstation mit Schnüffelgrube. Sepp erzählte uns, dass man in Perú
vorsichtig sein muss mit ecuadorianischen Landkarten. Dort gehört das Amazonasgebiet hinter der Cordillera del Condor zu Ecuador
und nicht wie üblich zu Perú. Manchem sind solche Karten schon weggenommen worden. Von uns wollten die Zollbeamten außer der
Passagierliste nichts.
Die Panamericana führt zeitweise kilometerlang schnurgeradeaus. Immer wieder treffen wir auf vom El Niño
1997/98 zerstörte Straßenabschnitte. Damals kam das Wasser in Sturzbächen talabwärts und riss alles mit.
Da es billiger war, eine Umfahrung um die zerstörte Stelle zu bauen, beließ man es einfach dabei. Vermutlich
wird die Pana an diesen Stellen nie repariert. Nur sieht es schon etwas merkwürdig aus, wenn man einen
Hügel hinabfährt, die schnurgerade Straße sieht, aber die Autos und Busse einfach einen Bogen fahren!
Bei Talara wendet sich die Panamericana landeinwärts, die Wüstenlandschaft Perús beginnt. Hier ist die
Grenze der Trockenwüste erreicht, die sich auf mehr als 5.000 km in südlicher Richtung bis Mittelchile
erstreckt. Talara nahm durch die neu angesiedelte petrochemische Industrie gewaltigen Aufschwung.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn man mitten in der Einöde Pipelines sieht und ab und zu
Bohrstellen mit Ölpumpen auf Plattformen. Wir befanden uns mitten in den Ölfeldern von Talara. An einer
solchen Ölpumpe machten wir eine kurze Pause. Jürgen sagte, jeder Fotostopp sei auch ein Pinkelstopp,
doch hier merkte ich zum ersten Mal, dass es in der Wüste sehr schwierig werden würde, einen Hügel zu
finden, der groß genug ist, um dahinter zu verschwinden. Ich hatte noch immer mit der Verdauung zu
kämpfen - manchmal kann man eben nicht einfach im Straßenrand hocken!
Wenn wir ab und an eine Oase passierten, dann handelte es sich stets um Flussoasen. Hier konnten sich
vor Jahrtausenden die frühen Hochkulturen Perús entwickeln. Teilweise sind diese Tal-Oasen 30 km lang und waren zu Inka-Zeiten
wohl noch größer. Manchmal sieht man die alten Bewässerungsgräben noch. In Chile sollten wir dann noch größere Flussoasen, die
sog. Taschenoasen kennen lernen.
Hinter Sullana suchten wir uns einen Übernachtungsplatz in der freien Natur. Die Pana war weit weg, und auf der in der Nähe
vorbeiführenden Nebenstraße kam nur selten ein Auto vorbei. Zum Waschen hatte Josef Schüsseln dabei und immer einen großen
Vorrat an Wasser. Die hier gebräuchlichen Gallonen-Kanister, die wir beide uns stets mit Trinkwasser kaufen, nimmt Josef dafür
gerne an. Als das Abendessen fertig war, war es bereits stockduster. Und es wurde immer kälter. Bevor wir dick eingemummelt in
unseren warmen Federbetten verschwanden, wurden noch verschiedene Sternbilder beobachtet, u. a. der Skorpion. Übrigens, hier
gab es für jeden ROTELianer mind. einen Strauch...
Donnerstag, 25. Oktober 2001 (Sullana - Trujillo, 437 km)
Chiclayo [34 m NN, 600.000 Ew.]
Kurz nach 5 Uhr wurden wir durch ein Grunzen geweckt: Sepp machte das Frühstück. Da wir nachts die Fenster immer ein bisschen
offen halten (sonst tropft es morgens von der Decke) und die Küche sich wieder einmal vor unseren Fenstern befand, hörte es sich
für uns an, als wäre wirklich ein Wildschein in der Nähe. Später gewöhnten wir uns daran, sodass wir keinen Wecker mehr
benötigten. Josef setzte das Teewasser nämlich immer 1 Std. vor Frühstücksbeginn an. So blieb noch genügend Zeit sich fertig zu
machen. Heute morgen waren es nur 15,9 °C, dafür zeigte der Himmel keine Wolke und wir bekamen einen herrlichen
Sonnenaufgang zu Gesicht, nachdem wir nachts auch noch das Kreuz des Südens gesehen hatten.
Wir hatten auf dieser Reise mehrere Geburtstagskinder dabei, das erste war heute Horst. Seine mitreisenden Freunde hatten seinen
Busplatz mit Luftballons geschmückt.
¼ Std. nach der Abfahrt um 7 Uhr passierten wir Piura [55 m NN], 1532 als erste spanische Stadt im Inka-Reich von Francisco
Pizarro gegründet. Etwas später mehrere "neue" Dörfer, alle durch den El Niño 1997/98 total zerstört, in den letzten Jahren etwas
weiter im Landesinneren wieder neu aufgebaut. Zuvor standen sämtliche Dörfer nahe der Küste. Eine Zeit lang fuhren wir dann durch
eine Gegend mit grauen Sicheldünen. In Perú kamen wir aufgrund der flachen Landschaft schneller vorwärts als in Ecuador. Und
doch trottelte unser Bus mit seinen lahmen 90 PS. Bei schönsten Sonnenschein fuhren dann wir wieder in Richtung Küste. In der
Desierto de Sechura gab es nur noch wenige Grashalme, sonst nur noch Sandwüste mit zahlreichen Fata Morganas.
In Lambayeque besuchten wir von 10-11 Uhr das mit deutscher Hilfe erbaute Museo Arqueológico
Brüning. Der deutsche Kaufmann, nach dem das Museum benannt ist, verbrachte große Teile seines
Lebens damit, die Moche- und Chimú-Kultur zu erforschen. In dem Museum werden zahlreiche Funde aus
der Frühgeschichte Nordperus aufbewahrt, u. a. Keramik, Textilien, einige Goldschmiedearbeiten von
ungewöhnlicher Schönheit sowie der Goldschatz des Señor de Sipán. Nach einem peruanischem Gesetz
dürfen die Exponate nie außer Landes gebracht werden. Normalerweise. Dieses Jahr jedoch waren die
Fundstücke ausnahmsweise und einmalig im Ausland - in Deutschland - zu sehen. Zum Dank dafür, dass sie
in den Archäologischen Werkstätten Mainz restauriert wurden, konnte man die Schätze im Historischen
Museum Bonn besichtigen. Wir hatten das Glück, sie jetzt in Lambayeque zu sehen - von der Bonner Ausstellung hatten wir nichts
gewusst. Die seit 1987 in Sipán der freigelegten Gräber werden als archäologische Sensation gefeiert: Sie sind - da nie von
Grabräubern geplündert - völlig unversehrt erhalten. Ein hier gefundener - und im Museum ausgestellter Kopfschmuck von 60 cm
Durchmesser besteht aus purem Gold. Die ausgegrabenen Funde, zu denen auch eine goldene Maske, ein goldenes Messer,
Halsketten aus Gold- und Silberperlen sowie eine Rassel aus getriebenem Gold gehören, führten zu wichtigen Erkenntnissen über
Lebensweise und Gewohnheiten der bis dahin noch recht unbekannten Moche-Kultur.
Nach dem Museumsbesuch hatten wir bis 12.30 Uhr Mittagspause; statt Restaurant besorgten wir uns Bananen, Mandarinen und
Wasser und machten es uns in einem schattigen Park gemütlich.
Auf der Weiterfahrt hatten wir noch eine Menge Fotostopps: Reisfelder, auf denen gerade Reissetzlinge
gepflanzt wurden. Zuckerrohrplantagen, auf denen gerade die jährliche Ernte stattfand. Um Schädlinge und
gefährliche Spinnentiere zu vertreiben, wird das Feld tags zuvor abgefackelt, wobei aber nur die
vertrockneten Pflanzenteile verbrennen. Die Taglöhner bekommen bei der Ernte ganz rußige Hände. Sie
erhalten nur einen Hungerlohn, während die Plantagenbesitzer in noblen Villen in den Städten leben.
Ab und zu gibt es auf der Panamericana Fahrzeug-Waagen. In regelmäßigen Abständen werden Busse und
LKW gewogen. Jeder Bus und LKW muss über diese Waage fahren. Leuchtet danach der grüne Pfeil in
Richtung Pana, war man nicht zu schwer. Bei rotem Kreuz muss man über eine weitere Waage fahren. Bei
grünem Pfeil konnte man seinen Weg fortsetzen. Leuchtete dann aber wieder das rote Kreuz, muss man auf einen Stellplatz fahren
und entweder Ware abladen, bis man wieder Normalgewicht hatte, oder bezahlen. Erst dann darf man weiter fahren. Was hätten wir
wohl dann gemacht??? Uns passierte es zwar mehrmals, dass wir über die zweite Waage fahren mussten, aber wahrscheinlich eher,
weil die Beamten die Insassen des BUS ALEMAN sehen wollten, als dass wir zu schwer wären. Außerdem nahm Josef, der aufgrund
einer früheren Viruserkrankung keine Haare mehr auf dem Kopf hatte, stets seinen Hut ab und grinste - und dann durften wir immer
vorbeifahren; auch bei den häufigen, aber unregelmäßigen Polizeikontrollen an der Straße.
Kurz nach 17 Uhr erreichten wir Trujillo [26 m NN, 520.000 Ew.], unser heutiges Etappenziel. Hier hatten wir
bis 18.15 Uhr Freizeit, die wir zum Geld abheben am Bankautomat (was übrigens problemlos mit EC-Karte
möglich war), sowie zum Einkaufen nutzten. Francisco Pizarro gründete Trujillo 1535 und verwandte den
Namen seiner Geburtsstadt in der Extremadura. Das Tal, in dem Trujillo liegt, wurde aufgrund der alten,
heute z. T. noch genutzten Bewässerungssysteme zur Mais- und Kornkammer des peruanischen
Küstenlandes. Viele Adlige siedelten sich im 17. Jh. hier an und bauten palastähnliche, prächtige Häuser.
Heute ist Trujillo nach Lima und Arequipa die drittgrößte Stadt Perús. An der Plaza de Armas nervte uns
wieder einmal ein 4 - 5-Jähriger Schuhputzer, als wir gerade auf den Stufen des Denkmals für die Helden des Freiheitskampfes in
der Mitte des großflächigen Platzes standen. Das Denkmal erinnert an die Vorreiterrolle Trujillos, das 1820 als erste peruanische
Stadt ihre Unabhängigkeit von Spanien erklärte. Um die Plaza de Armas stehen einige schöne Gebäude, manche mit den für die
Kolonialzeit charakteristischen vergitterten Holzbalkonen. Vor der Kathedrale aus dem 17. Jh., die wir nicht besuchten, bekamen wir
noch den Schluss einer Trauerfeier mit: 3 Kinder aus Trujillo waren gestern auf der Pana bei einem Autounfall ums Leben
gekommen.
Als wir wieder zum Bus kamen, erfuhren wir, dass Horst überfallen und ihm umgerechnet 80 DM aus der Hosentasche geraubt
wurden. Man hatte ihn sicherlich im Supermarkt beobachtet - die Helfershelfer sind überall. Wir waren im selben Supermarkt,
nachdem wir Geld geholt hatten. Doch hatte ich die Scheine im Portemonnaie im grünen Rucksack und diesen vor den Bauch
geschnallt und Bertram nur Kleingeld in der Hosentasche. Das Klauen lohnte sich bei uns nicht! Na, seinen 67. Geburtstag wird Horst
wohl nicht so schnell vergessen...
Wir übernachteten im Hof des Hotels LOS JARDINES; es war kühl und windig.
Freitag, 26. Oktober 2001 (Trujillo - Sechín, 224 km)
Tagesprogramme sind bei ROTEL nie wörtlich zu nehmen. Es gibt immer Situationen, die eine Umstellung erfordern, so wie heute.
Weil der Weg nach Lima so weit ist und wir einen sehr frühen Flug nach Cuzco nehmen werden, strich Jürgen kurzerhand die
vorgesehene Freizeit und ließ uns am Nachmittag nach Sechín weiterfahren. Andernfalls wären wir morgen sehr spät in Lima - und
wir würden schon 2 Uhr nachts (!) wieder aufstehen müssen. Naja, von der Reise waren wir ja schon einiges gewöhnt (s. Rückkehr
Galápagos).
Um 8 Uhr begaben wir uns zu den Sehenswürdigkeiten von Trujillo. Jürgen trat dafür seinen Platz an die örtliche Führerin Ingeborg
Zielinski ab. Wie sie uns verriet, wurde sie zwar in Perú geboren, ihre Mutter stammt jedoch aus Pirna (Sachsen) und der Vater aus
Siebenbürgen/Rumänien.
Trujillo liegt auf dem Gebiet der mächtigen Hauptstadt des Chimú-Reiches Chan-Chán, die einst über 100.000 Ew. gezählt haben
soll. Zuerst besuchten wir die Überreste dieser Lehmziegelmetropole, deren Ruinen eine Fläche von 18 km² bedecken. Die im 15.
Jh. von den Inka unterworfene Stadt ist die größte archäologische Stätte des Kontinents. Die sog. Ciudadelas sind von gewaltigen,
bis zu 12 m hohen Mauern umgebene Bezirke beträchtlicher Größe. 10 gibt es insgesamt davon. Eine Ciudadela hat nur einen
einzigen Zugang, hinter dem die Reste großer Festplätze, repräsentativer Bauwerke, von Wohnungen und Vorratskammern, von
Wasserreservoiren und Gärten sowie von Grabanlagen zu finden sind. Eine davon ist die Ciudadela Tschudi (benannt nach dem
Schweizer Forscher JOHANN JAKOB VON TSCHUDI (1818-1889), der feststellte, dass alle 10 Ciudadelas von Chan-Chán die
gleiche Struktur haben). Hier wohnten Fischer, Bauern, Handwerker und Kaufleute, Krieger, Priester und die Familien der
Führungselite. Die Hütten des einfachen Volkes standen am Rande oder außerhalb der Mauern. Im Innern wirkt die Ciudadela mit
ihren hohen Windmauern und langen Gängen, die zu Gebetsräumen, Wohnbereichen oder Vorratsspeichern führen, wie ein
Labyrinth. Da wir sehr früh dort waren, hatten wir am Anfang die Stadt ganz für uns alleine. Beim Erdbeben von 1970 entstanden
schwere Schäden, ebenso beim El Niño 1997/98. Chan-Chán gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO, wird zurzeit restauriert, aber
schleppend, denn die Gelder verschwinden großteils in dunklen Kanälen. Kontrollen finden höchstens vorangekündigt statt, und so
bleibt immer Zeit zum Täuschen und Vertuschen!
Die Ciudadela Tschudi ist der einzige Palacio in L-Form, alle anderen sind rechteckig oder quadratisch;
aber hier hatte man den Friedhof vergessen und musste ihn nachträglich anbauen, sonst hätte der König
nicht bestattet werden können. Wie alle Bauwerke in Chan-Chán besteht auch der Palacio Tschudi aus
Adobeziegeln. Die teils luftgetrockneten, teils wie Beton gegossenen Ziegel sind in verschiedenen
Mustern zusammengestellt; in die Wände hat man Fische, Vögel und Mäander geschnitten. Dadurch
entstanden regelrechte Kunstwerke. Durch die Erosion ist schon ein großer Teil der Muster im Lauf der
Jahre verschwunden. Die rekonstruierten Muster sind nicht so schön wie die noch erhaltenen Originale.
Auch wenn man noch nicht weiß, welche Bedeutung einzelne Anlagen in Chan-Chán hatten, so steht
jedoch fest, dass einige von ihnen dem religiösen Kult dienten. Eine besondere Rolle spielten dabei - wie auch bei den Mochica -
Fuchs, Mond, Meer und Sturmwinde. Alle vier Motive findet man fast in jeder Mauer im Palacio Tschudi wieder. In der Zisterne des
Palacio steigt heute immer dann das Wasser hoch, wenn ein El Niño bevorsteht; dies soll auch diesen Winter geschehen. Auch das
unnormale Wetter deutet darauf hin: dicke Wolkendecke und Kälte von nur 17 °C, wo sonst ewiger Frühling herrscht. Hier - und auch
an anderen Ecken von Chan-Chán konnten wir sprießendes Grün im grauen Lehm entdecken.
Die Nachfahren der verschiedenen Kulturen wie Moche, Chimú und Inka leben noch heute in der x-ten Generation weiter und
behalten ihre Traditionen. Ingeborg erzählte uns, dass in den Schulen die Geschichte Perús manipuliert gelehrt wird. Nur die
Indígenas, die alles mündlich überlieferten und nie Schriftliches verfassten, das manipulierbar wäre, kennen noch die wahre
Geschichte, u. a. die Tatsache des (schon beschriebenen) Grundwasseranstiegs vor einem El Niño. Und man ärgert sich über den
Deutschen Brüning, der bei den Indígenas war, deren Erzählungen aufschrieb und seine Aufzeichnungen mit nach Deutschland
nahm. Die Peruaner haben nie etwas von seinen Forschungsergebnissen erfahren, während seine Tagebücher in einem Hamburger
Museum lagern.
Nach knapp 2 Std. - pausenlosem Gequassel von Ingeborg - fuhren wir zum bedeutendsten Chimú-Tempel
Huaca del Dragón (Templo del Arco Iris), dem Drachen- oder Regenbogentempel. Er ist das kurioseste
Bauwerk von Chan-Chán wegen den seltsamen Darstellungen an den Wänden, einzigartigen, kunstvollen
Relief-Felsen. Er wurde von den Chimú in aller Eile gebaut, um nach der Eroberung Lambayeques die
Heiligtümer der Einwohner aufzubewahren. Während sie ihre eigenen Tempel sorgfältig erbauten und
gleichmäßig symmetrisch verzierten, arbeiteten die Chimú hier schlampig und unregelmäßig. Die Bilder
zeigen immer wieder La Luna (den Mond) in Frauengestalt mit Fischschwanz und links daneben El Sol (die
Sonne) als Männergestalt mit Geschlechtsteil. Darunter ist die Erde (die Frucht der Verbindung zwischen Sonne und Mond)
dargestellt. Je nach Fantasie könnte man auch einen Tausendfüßler, Drachen oder Regenbogen darin sehen. Ursprünglich waren
die Wände ockergelb gestrichen. An manchen Originalbildern ist die Farbe noch zu erkennen. Dieser Tempel wurde schon
restauriert, aber so schlecht, dass die Erneuerungen bereits wieder verfallen.
Es brauchte eine ganze Weile bis wir zu unserem nächsten Ziel, den Lehmpyramiden (Huacas) auf der anderen Seite Trujillos
hinausgefahren waren. Sie waren in der Moche-Zeit der Sonne und dem Mond geweiht und sind die größten präkolumbianischen
Bauwerke Südamerikas. Huaca del Sol, die Sonnenpyramide, die nicht betreten werden darf, wurde in der Zeit zwischen 1. und 7.
Jh. aus rund 200 Mio. Adobeziegeln aufgeschichtet. Sie ist 228 m lang, 136 m breit und 41 m hoch. Es ist unbekannt, wer dem
Bauwerk seinen Namen gab. Vielleicht haben später die Inka auf der Gipfelebene einen Sonnentempel erbaut? Oder waren es die
spanischen Eroberer, die aus ihren Erfahrungen mit der Inka-Religion dem gewaltigen Bauwerk den Namen gaben? Man weiß es
nicht. Wahrscheinlich befand sich hier aber das religiöse und politische Zentrum des Moche-Reiches. Jedenfalls fand 1899 der aus
Dresden stammende Archäologe MAX UHLE (1856-1944) so viele Stücke der Moche-Keramik, dass er
einen ersten Aufriss dieser 2.000 Jahre alten Kultur anfertigen konnte. Wir konnten lediglich die nur halb
so hohe und 80 x 60 m große Huaca de la Luna (Mondpyramide) besichtigen, die sich in Sichtweite der
Sonnenpyramide erhebt. Vermutlich diente sie einem Totenkult, denn am Fuße des Bauwerks befinden
sich zahlreiche Grabkammern und eine Nekropolis. Die Restauration der Mondpyramide wird aus
privaten Mitteln von Sponsoren finanziert, die unregelmäßig unangekündigte Kontrollen durchführen
lassen. Deshalb klappt es hier viel besser als bei den UNESCO-Projekten. Die Reliefs werden freigelegt
und die Farben mit Chemikalien konserviert. Somit ist dieses Bauwerk (4. Jh. v.d.Z.) besser erhalten als
Chan-Chán (ca. 1400). Mittlerweile wird schon 10 Jahre gegraben und man ist immer noch nicht fertig. Man vermutet 6 übereinander
liegende Schichten. Immer wenn ein neuer Tempel gebaut wurde, nahm man Opfergaben aus dem bisherigen. So sieht man weiß
übertünchte Wände oder ausgekratzte Gesichter. Die übereinander liegenden Schichten wurden ungleichmäßig aufeinander gebaut.
Durch Radiokarbonuntersuchungen an hier gefundenen Textilien wurden die Moche auf die Zeit von 700 v.d.Z. bis 900 n.d.Z. datiert.
Je tiefer man grub, desto mehr Schätze wurden gefunden. Man barg Silber und vergoldetes Kupfer im Wert von ca. 400.000 US$.
(Das vergoldete Kupfer sah aus wie Reingold; die Spanier kannten das nicht und konnten so getäuscht werden, als sie das Lösegeld
für den letzten Inka-Herrscher Atahualpa in purem Gold kassieren wollten.) Zwischen Mond- und Sonnenpyramide existierte
offensichtlich eine ganze Stadt, von der bereits einige Reste ausgegraben wurden.
Gegen 13.20 Uhr fuhren wir endlich weiter gen Süden; vorher verabschiedeten wir uns von unserer Führerin. Wir haben uns schon
gefragt, wo der Schalter zum Abstellen des Mundwerkes dieser Frau sei! Durch ihre vielen Erzählungen hatte sie auch die ihr
vorgegebene Zeit überzogen. Unser Tag war ja noch lang und Jürgen über die ¾ Std. Verspätung nicht gerade erfreut.
Wir kamen nun in totale Sandwüste. Wie in Israel gibt es auch hier ein Bewässerungsprojekt auf Tröpfelbasis. Nur hält man es für
die eigene Erfindung und hat Angst vor "Spionage". Beim Fotografieren stellten sich die Leute daher auf stur - genau wie in Israel!
Wir picknickten auf dem bisschen Grün dieser Oase. Plötzlich sprangen unsere Leute auf - ein Angestellter hatte die
Besprühungsanlage eingestellt und den Leuten wurde der Hintern nass!
Hier in der Gegend wird viel Spargel angebaut, der in Sandböden natürlich sehr gut gedeiht. Wir Europäer und die US-Amerikaner
bekommen den Spargel dann das ganze Jahr im Supermarkt angeboten - in Perú kennt man dieses Gemüse gar nicht!
In Chimbote, das man riecht, bevor man es sieht und wo das erste peruanische Stahlwerk entstand, deckten wir uns mit Obst ein.
Wenig später erreichten wir Sechín [90 m NN]. Es war bereits 17 Uhr, als wir den Rundgang durch die
Ruinen begannen, die am Fuße eines Hügels lagen. Der Zentralbau besteht aus einer 4 m hohen
quadratischen Plattform von 51 m Seitenlänge. In der eindrucksvollen, mit ca. 300 Reliefbildern verzierten
Stützmauer wechseln 2 bis 4 m hohe Monolithe mit kleineren, meist zu dritt übereinander getürmten Blöcken.
Jürgen erklärte uns, dass die Darstellungen einen bemerkenswerten Kontrast zwischen Gut und Böse, Freud
und Leid, Siegern und Besiegten offenbaren. Manche Bilder stellen grausame Szenen dar: zerstückelte
Opfer, deren Unterleib nur noch aus Magen und Darm bestehen; ausgestochene Augen, abgeschlagene
Gliedmaßen, entfleischte Rückenwirbel und abgetrennte Köpfe, deren Gesichtszüge noch das Entsetzen
widerspiegeln. Was löste wohl diese Grausamkeiten aus: Kriege, ein Kult mit Menschenopfern oder ein Gericht der Priesterfürsten?
Die Gründe sind heute immer noch unbekannt. Die Steinreliefs von Sechín können dem Chavín-Stil zugeordnet und um 1300 v.d.Z.
datiert werden. Ein Rundgang führte um den gesamten Tempel herum. Das schwindende Tageslicht reichte gerade noch für ein paar
Fotos aus.
Unmittelbar vor den Ruinen übernachteten wir in einem kleinen Wald von Algarrobo-Bäumen (Prosopis juliflora), die sich an das
Dasein in der Wüste in besonderer Weise angepasst haben. Die langen dunklen Schoten enthalten bohnenartige Früchte, aus
denen der Extrakt für den in Perú geschätzten Algarrobina-Cocktail gewonnen wird. Sepp zauberte - mit Hilfe der Damen - einen
wunderbaren Hackbraten. Den Tomatensalat mischten Ingrid und ich. Später gab Horst eine Runde Rotwein anlässlich seines
Geburtstages aus.
Samstag, 27. Oktober 2001 (Sechín - Lima, 386 km)
Heute hieß es bereits 6.30 Uhr abzufahren, um noch bei Tageslicht in Lima anzukommen. Wir hatten eine langweilige Fahrt durch
Hunderte Kilometer Sand- und Steinwüste vor uns. Dazu nahm uns der Garúa-Küstennebel Sonne und Fernsicht. Trotzdem bot die
Küste einige schöne Ausblicke. Wir sahen auch eine Planierraupe, die die Sandverwehungen von der Panamericana schob.
Die wuchtige Lehmziegelfestung Paramonga (12.-14. Jh.) markiert noch heute die südliche Grenze des
Chimú-Reiches und erhebt sich eindrucksvoll über die umliegenden Zuckerrohrfelder. Man weiß nicht, ob
sie zu Verteidigungszwecken diente, oder ob sich hier ein religiöses Zentrum befand. Mit Sicherheit
haben aber die Chimú ihr Reich hier gegen die vorrückenden Truppen der Inka verteidigt. Wir hatten 10
min. Fotopause in Sichtweite der Festung.
In diesem Gebiet treten nun die Anden unmittelbar an das Meer heran.
In Huaura kurzer Fotostopp an dem Balkon, von dem 1820 José Martin die Unabhängigkeit Perús
ausgerufen hatte. Der Ort selbst hat nichts Sehenswertes zu bieten.
Ca. 100 km vor Lima sahen wir Hühnerfarmen in Massen. Die Tiere werden hier mittels massivem Antibiotika- und
Chemikalieneinsatz in Großzahl gehalten; dennoch stellen sie eines der beliebtesten Nahrungsmittel Perús dar. Nur der Geschmack
erinnert nicht gerade an ein Huhn!
Schon die ganze Panamericana del Norte sahen wir am Straßenrand viele Holz- und Steinkreuze sowie richtige Schreine; hier um
Lima wurden es noch mehr - so viele hatten wir noch nie gesehen! Das sind die Gräber von Unfallopfern, die stets dort begraben
werden, wo sie bei einem Unfall ums Leben kommen. Auf dem chilenischen Teil der Panamericana werden wir noch mehr Kreuze
sehen. Auf unserer Fahrt begegneten wir zwei Unfällen mit umgekippten Bussen, die wohl trotz Nebels wie verrückt gerast waren.
Von 12-13 Uhr machten wir Mittagspause an einer Tankstelle mit überteuertem Restaurant. Wenig später bremste Sepp scharf ab -
er hatte in dem Fluss, den wir gerade überquerten, Karottenwascher entdeckt: LKW waren bis ins Wasser gefahren, luden riesige
Karottensäcke ab, auf denen Kinder und junge Männer herumtrampelten, um sie so von anhaftender Erde zu befreien - und die
ganze Luft war erfüllt vom herrlichen Karottenduft!
Gegen 16 Uhr erreichten wir Lima [30 m NN, 7 Mio. Ew.], die größte Oase der Welt (Platz 2 hält
Damaskus/Syrien) und Hauptstadt Perús. Die Stadt wird auch "La Ciudad de los Reyes" genannt weil sie
von Francisco Pizarro am Dreikönigstag, 06.01.1535, gegründet wurde. Wir übernachteten in der Camping-
Anlage des Automobilclubs von Lima, wo wir auch das ROTEL trafen, das auf der 54-Tage-Tour von
Santiago nach Manaus war. Der Platz liegt 20 km südlich von Lima. Schon 19.30 Uhr gingen wir schlafen, da
wir morgen sehr zeitig aufstehen mussten.
Sonntag, 28. Oktober 2001 (Lima - Cuzco)
3 Uhr morgens aufzustehen ist absolut nicht unser Ding. Auch unser zweites Reise-Geburtstagskind Renate, die heute Geburtstag
hatte, wird den ihren wohl auch nicht so schnell vergessen! Bereits um 3.45 Uhr fuhren wir im Konvoi mit der anderen Gruppe zum
Flughafen, der genau auf der anderen Seite von Lima, 5 km nördlich, liegt, weshalb wir auch über eine Stunde zu fahren hatten! Um
6 Uhr startete unser Flieger, eine Boeing 737 mit viel zu engen Sitzreihen, nach Cuzco. Im Flugzeug gab es Kuchen und Schoko-
Milch.
Gegen 7 Uhr erreichten wir Cuzco [3.310 m NN, 270.000 Ew.]...
Montag, 29. Oktober 2001 (Cuzco - Machu Picchu - Cuzco)
Machu Picchu - Die Inka-Stadt im Urwald
Dienstag, 30. Oktober 2001 (Cuzco - Lima, [97 km])
Lima - Stadt der Könige
Heute konnten wir mal richtig "lange" schlafen: erst um 5.30 Uhr wurden wir geweckt; 6.30 Uhr fuhren wir zum Flughafen. Die
Abfertigung ging sehr schnell und schon um 7.20 Uhr rollten wir zur Startbahn. Eine Stunde später landeten wir in Lima, wo uns
leider wieder der Garúa-Nebel empfing - Sonne adieu! Dadurch waren es dort auch nur 17 °C. Sepp holte uns ab und schon ging es
mit dem Programm weiter:
Stadtrundgang Lima [30 m NN, 7 Mio. Ew.].
Gegen 18 Uhr waren wir wieder im Touring y Automovil Club del Perú, wo wir vor 3 Tagen schon einmal übernachtet hatten.
Mittwoch, 31. Oktober 2001 (Lima - Paracas, 230 km)
Wir fuhren wir schon um 6.30 Uhr ab, da wir rechtzeitig in Paracas sein mussten und der Weg weit war. Von nun an lernten wir die
peruanische Panamericana Sur kennen, die von Lima aus südwärts bis zur chilenischen Grenze führt. Die ersten ca. 50 km ist sie
noch als Autobahn ausgebaut. Einer der direkt am Meer liegenden Sandsteinfelsen erinnert an einen schlafenden Löwen. Am Bauch
zwischen Vorder- und Hinterbeinen wurde von der Brandung ein Loch hineingefräst, bei Flut tritt hier das Wasser durch.
Im Süden Perús werden wir nur noch durch völlig vegetationslose Wüste fahren. Der Boden ist salz- und salpeterhaltig, da gedeihen
maximal noch Flechten auf den Steinen. Unsere "Buschpausen" wurden von nun an in "Hügelpausen" umgetauft, sofern es
überhaupt Hügel irgendeiner Art gab.
Bei Chincha Alta erreichten wir das Gebiet des berühmten Pisco-Schnapses und -Weines. Pisco wird aus vergärtem Traubensaft
destilliert. Als wir an der Straße einen entsprechenden Stand entdeckten, nutzten wir das gleich für
ausführliche Verkostung und Einkauf.
In Paracas, 258 km von Lima entfernt, hielten wir für einen Fotostopp am Hafen: Fischerboote,
Dominikanermöwen (Larus dominicanus), Chile-Pelikane (Pelecanus thagus), aber auch Obststände und
ein Limonaden-Pickup, der mehr ein Haufen Schrott als ein Auto war. Hier gab es einmal große
präinkaische Totenstädte, die den Namen Paracas berühmt machten; heute kann man diese nicht mehr
besichtigen.
Anschließend fuhren wir zum in der Nähe gelegenen 3-Sterne-Hotelkomplex EL MIRADOR, einer grünen
Oase mitten in der Wüste. 15 Leute aus unserer Gruppe nutzten die Möglichkeit, einen Bootsausflug zu den Islas Ballestas zu
unternehmen. Sie werden auch "Klein-Galápagos" oder "Weiße Inseln" genannt, da sie von den Exkrementen unzähliger
Kormorane, Pelikane und anderer Seevögel wie weißgetüncht aussehen. Die wilde Brandung hat die Inseln völlig unterhöhlt. In der
kochenden See zwischen den gewaltigen Pfeilern tummeln sich Hunderte von Seelöwen... Wenn man mit dem Boot zurückkommt,
erblickt man an den steilen Hängen der Halbinsel Paracas El Candelabro, die Gravur eines 150 m langen überdimensionalen
Kandelaber. Er gehört zu einem Gräberfeld, das 1925 bei Paracas entdeckt wurde. Man könnte die Konturen der 2,5 m breiten und
bis zu 3 m tiefen Linien auch als Kaktus, Lebensbaum oder Sternzeichen interpretieren. Wozu das riesige Scharrbild im Sand diente,
ist unbekannt; man vermutet, dass es sich um einen Wegweiser für Seefahrer handelte oder dass damit die Aufmerksamkeit der
Götter erregt werden sollte. Die Werle's blieben lieber an Land; auf diesem kleinen Boot gab es kein Bett, in
das man sich während des Schaukelns legen konnte. Und das Bay-of-Islands-Syndrom wollte ich nicht
wieder erleben. Außerdem wollten wir für die Fahrt auch nicht so viel Geld (2x30 US$) ausgeben.
Wir nutzten den freien Nachmittag mal richtig zur Erholung. In der Sonne - endlich waren wir aus dem Nebel
raus - war es schön warm und das Hotel hat einen wunderschön gestalteten Swimmingpool mit Strudlern.
Da konnte man sich so richtig den Po massieren lassen. Wir badeten und ruhten uns aus, was wir nach
dem Stress der letzten Tage dringend nötig hatten. Bis auf den kalten Wind war es sehr angenehm.
Zum Abendessen zauberte Sepp ein herrliches Menü: Hackfleisch-Würste vom Grill mit Kartoffelbrei und
Tomatensalat.
Donnerstag, 1. November 2001 (Paracas - Puerto Inca, 381 km)
Als wir um 7 Uhr abfuhren, waren es 18,5 °C, aber die Sonne kam nicht durch die dicken Wolken - der Küstennebel hatte uns wieder
einmal eingeholt...
Ica [400 m NN, 150.000 Ew.], 304 km südlich von Lima, ist eine der größten Oasen Perús. Ein Bewässerungssystem führt mittels
Tunnelbohrungen Wasser von der Küstenkordillere herunter. Wegen des warmen Klimas wurde Ica zum Zentrum des peruanischen
Weinanbaus. Die Stadt wurde 1536 unter dem Namen Villa de Valverde gegründet. Das hiesige Museum gehört zu den besten im
Lande. Jürgen hatte vergessen, dass Perú ein katholisches Land ist und deshalb auch hier der 1.11. Feiertag. Dadurch öffnete das
Museum erst eine Stunde später als üblich. Aufgrund der gewonnenen Freizeit gingen wir in der Stadt Obst kaufen. Wieder am Bus
zurück, kamen 2 Schuhputzer; die Jungen, mit denen sich Bertram recht nett unterhielt - ohne sich die Schuhe putzen zu lassen -
waren nicht älter als 11 Jahre. Einer ihrer Idole war der für Bayern München spielende peruanische
Fußball-Nationalspieler Pizarro; den kannte hier in Perú jeder! Und deshalb wird Deutschland immer mit
München identifiziert. Von 9-10 Uhr besuchten wir dann das Museum von Ica. Hier sind u. a. erstklassige
Textilien und Keramik der Nazca-Periode und auch einige Mumien und seltsam verformte
Menschenschädel der Paracas- und Nazca-Kultur ausgestellt. Zahlreiche Schädel weisen Spuren
chirurgischer Eingriffe auf. Es ist schon faszinierend und makaber zugleich, einen konservierten, 500
Jahre alten Menschen zu sehen. Im Hinterhof des Museums hat man die Scharrbilder von Nazca im
Maßstab 1:500 nachgebildet.
Um 10 Uhr ging es bei herrlichem Sonnenschein weiter in Richtung Nazca. Bei La Venta fotografierten wir blühende Baumwollfelder.
Die Baumwoll-Pflanze ist ein hibiskusähnliches Malvengewächs und erinnert etwas an einen Rosenstrauch. In Palpa hielten wir an
einer gleichzeitig blühenden und fruchtenden Opuntien-Hecke, deren Phyllocladien (blattartig verdickter Spross) teilweise von
Cochenille-Läusen übersät waren. Die Kaktusfeigen sind ein begehrtes Obst, man muss aber höllisch aufpassen, denn die winzigen,
feinen und sehr spitzen Glochidial-Stacheln brechen bei der leichtesten Berührung ab, bleiben in der Haut stecken und können
schwere Entzündungen verursachen. Wir ließen sie deshalb brav in Ruhe.
Auf dem Hochplateau der Pampa Colorada befinden sich die berühmten "Scharrenbilder": Sie sollen während der Nazca-Kultur
entstanden sein. Es handelt sich um in den steinigen Wüstenboden geritzte, 20 cm tiefe und 1 m breite Linien und geometrische
Figuren riesigen Ausmaßes. Dabei trug man den dunklen Kies der Deckschicht ab, sodass die hellfarbige Bodenschicht darunter
zum Vorschein kam. Berühmt sind u. a. der Affe (mit gespreizten Fingern und einem zu einer großen Spirale gerollten Schwanz), die
Spinne, die Hände und der Kolibri, der häufig auch auf Nazca-Keramik zu finden ist. Die bis zu 200 m großen Figuren, deren in
einem Zug geritzte Linienlänge bis zu 8 km betragen kann, sind teilweise unvollendet. Allerdings wurden sie erst 1937 von PAUL
KOSOK entdeckt, als er per Flugzeug nach Bewässerungskanälen suchte. Er vermutete darin den größten astronomischen
Kalender weltweit. Die Forschungen wurden später von der aus Dresden stammenden MARIA REICHE (1903-1998) fortgesetzt. In
jahrelanger mühsamer Kleinarbeit reinigte sie die Linien mit einem Besen, vermaß und fotografierte sie und setzte sich vehement für
ihren Schutz ein. Wissenschaftlich hielt sie jedoch stur an der kosokschen Theorie fest und ignorierte völlig neuere Interpretationen.
So wird u. a. vermutet, die Bilder dienten zur Kennzeichnung unterirdischer Wasserkanäle. Maria Reiche stellte Bezüge zur Tag- und
Nachtgleiche, dem Lauf der Sonne und anderer Gestirne fest.
Insgesamt findet man über 100 geometrische Figuren (Spiralen, Linien oder trapezförmige Flächen) und rund 30 Menschen- oder
Tierzeichnungen, die allesamt etwa 2.000 Jahre alt sein sollen.
Vom Torre Metalica de Asociación María Reiche hatten wir einen Blick auf 2 der Bilder: Hände und Pflanze. Sie befinden sich
unmittelbar an der Pana und von der Plattform aus sind eher nur kilometerlange Linien denn echte Bilder zu erkennen. Dann ging es
nach Nazca [600 m NN, 40.000 Ew.] zum Flugplatz, von wo man für 55 US$ einen Rundflug machen konnte. Auch ich wagte es, mit
einer 4-Sitzigen Cessna über die Scharrenbilder zu fliegen. Es war wunderschön, und trotz der großen Verwüstungen durch
Autoreifenspuren und El Niño konnte ich die einzelnen Figuren recht gut erkennen, z. B. den 70 m großen Affen oder den
Astronauten (oder Marsmensch (?), in der Erich-von-Däniken-Theorie das ‚Abbild der Außerirdischen'). Da der Pilot jedoch
Achterkurven flog, um den rechts und links sitzenden Gästen den Blick zu ermöglichen, erging es mir ganz schnell wie in der Bay of
Islands/NZ. Der Pilot ließ etwas Frischluft in die Kabine und blickte ganz besorgt zu der neben ihm sitzenden Regine, die mit der
Tüte in der Hand wohl sehr käsig aussah. Ich war jedenfalls froh, als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Die
blind aufgenommenen Videomotive sind wider Erwarten recht gut gelungen!
Um 15.30 Uhr setzten wir unsere Fahrt fort, denn bis Arequipa war es noch weit. Als wir wieder in Meeresnähe
kamen, erreichten wir auch den Küstennebel und es wurde deutlich kälter. Wir sahen viele kleinere
Sicheldünen, verwehte Straßen und bei Yauca eine Olivenplantage mit riesigen "Palmen" - jedenfalls lt. Jürgens
Kommentar. In Wahrheit handelte es sich natürlich um weit ausladende Ölbäume. Immer noch ging es durch
Stein-, Geröll- und Sandwüste. Bei Santa Rosa-Antiquipa sahen wir erste Taschenoasen, tief eingeschnittene
grüne Täler, manche kreisrund. Wir übernachteten auf dem Campingplatz des Ferienkomplexes um das Hotel
PUERTO INCA, 10 km nördlich des Fischerortes Chala, fernab der Pana direkt am Strand, natürlich mit Meer-
Aussicht - alle Fenster zum Pazifik. Der Platz war voll belegt mit Campern aus Bolivien. Als wir das ROTEL
aufbauten und Gemüse fürs Abendessen schnipselten, wurden wir fotografiert und gefilmt! So kamen wir mal in
den "Genuss", auf der anderen Seite der Linse zu stehen! So müssen sich wohl die Leute fühlen, die wir
Touristen immer auf den Film oder das Foto bannen.
Freitag; 2. November 2001 (Puerto Inca - Arequipa, 411 km)
Die Morgendämmerung setzte schon um 4.45 Uhr ein, was ich bemerkte, als ich "mal raus" musste. Die Nacht war recht ruhig
gewesen - nur die Brandung ziemlich laut; schließlich hatten wir ja Meeraussicht. Als wir um 7 Uhr Puerto Inca verließen,
überquerten wir einen alten, mit Feldsteinen markierten Inkaweg. An den Felsen in der Ferne konnten wir sogar Stufen ausmachen.
Was waren die Inka nur für Baumeister!!
Auf der Pana setzten wir unsere Fahrt in Richtung Arequipa fort. Die Küstenlandschaft Südperus erschien uns viel interessanter als
die des Nordens. Es gab oft schöne Fotomotive: bizarre Felsen, Dünen, kilometerlange Flussoasen und nicht zuletzt auch die durch
Erdbeben und Überschwemmungen immer wieder zerstörte Panamericana selbst.
Mittagspause hatten wir von 11.50-12.50 Uhr in Camaná. Hier haben wir in der Avenida Lima y Ocoña herrlich gegessen. Für nur 3
Sl. (das sind ca. 1 US$) bekamen wir ein reichliches Menü: Die Suppe (caldo) schmeckte sehr sehr gut; darin waren alle möglichen
Gemüse und ein großer Brocken Fleisch. Als zweiten Gang hatten wir gekochtes Huhn mit Reis (pollo de seco) bzw. Rindfleisch mit
Reis.
Als wir den Ort verließen, sahen wir in Strandnähe ein zerstörtes Dorf. Die Häuserwände waren regelrecht
weggerissen. Schuld daran, dass die einstigen Bewohner jetzt in Zelten auf dem benachbarten Sandhang
wohnen müssen, ist das Seebeben vom 27.07.2001, dem eine Flutwelle folgte (auch in Arequipa werden
wir die Schäden dieses Bebens noch sehen). Wann die Leute wieder in ihr Dorf zurückkehren können, ist
noch fraglich.
Nun entfernten wir uns wieder von der Küste und es ging hinauf ins Gebirge. Zunächst wand sich die Pana
über 1.000 m in die Höhe und unser Bus hatte wie immer mächtige Schwierigkeiten, die Steigung zu
bezwingen. Oben verlief die Straße dann über viele Kilometer kerzengerade. In 1.400 m NN erreichten wir ein sehr großes, völlig
grün bewachsenes Hochplateau: mit Hilfe eines kanalartigen Bewässerungssystem kann hier mitten im Trockengebiet Intensiv-
Landwirtschaft betrieben werden. Und wo noch hügelige Wüste übrig war, wurde gerade der Boden planiert, um dann auch dort Reis
zu pflanzen oder Spargel zu setzen... Übrigens, die Peruaner selbst essen keinen Spargel; dieser wird ausschließlich nach
Nordamerika oder Übersee exportiert.
Bei km 940 hinter Lima trafen wir wieder auf Sicheldünen, nur diesmal genau umgekehrt in der Farbgebung: Boden ockergelb,
Dünen grau. Kurz vor Arequipa entdeckten wir dessen einen Hausberg - den Nevado Chachani [6.075 m NN], einen vergletscherten
Vulkan. Über dem Dunst wirkte er wie eine Fata Morgana, man sah nur die Schneekuppe. Der etwas niedrigere Volcán El Misti
[5.822 m NN] ließ sich aufgrund seiner wenigen Schneefelder nur erahnen.
Kurz nach 16 Uhr erreichten wir das in einem wunderschönen Tal liegende
Arequipa [2.380 m NN; 670.000 Ew.],
das als die heimliche Hauptstadt des Landes gilt und viele prächtige spanische Gebäude aus der Kolonialzeit aufweist. Die Stadt
wird wegen des häufig als Baumaterial verwendeten hellen Tuffgesteins auch Ciudad Blanca, Weiße Stadt, genannt. Gegründet
wurde die Stadt 1540 von Diego Almagro, Pizarros Kampfgefährten. Wir fuhren durch die herrliche Altstadt - man sah auch die
Kathedrale ohne ihren nunmehr amputierten Turm - zum Sportplatz COMPLEJO MAGNO PATA, wo wir heute übernachten würden.
Als später die Sonne unterging, wurde es ziemlich kalt.
Samstag, 3. November 2001 (Arequipa - Moquegua, 245 km)
Nachts wurde es sehr kalt, nur noch 5 °C. Schon kurz nach 6 Uhr ging die Sonne auf und es gab keine
einzige Wolke am Himmel. Alle Berge waren wunderbar zu sehen. Der Misti zeigte eine Rauchfahne - er ist
noch aktiv.
Es war ein wunderschönes Geburtstagswetter. Ich kann mich nicht erinnern, jemals solch schönes Wetter
gehabt zu haben - und dann noch so weit oben! Das ist der "ewig blaue Himmel Arequipas".
Als wir an der Plaza de Armas aus dem Bus stiegen, standen die Reiseteilnehmer Schlange, um mir zu gratulieren...
Im wunderbaren Morgenlicht fotografierten wir die Kathedrale mit dem Chachani im Hintergrund. Die
ursprünglich 2-Türmige Kirche steht in unüblicher Weise quer zum Hauptplatz. Nach dem schweren
Erdbeben vom Juli 2001 hat sie nur noch einen - stark beschädigten - Turm, der andere fiel dem Beben
zum Opfer. Dabei wurde die Kathedrale nach den zwei verheerenden Erdbeben von 1844 und 1868 völlig
neu erbaut. Zurzeit ist sie wegen Einsturzgefahr für den Besucherverkehr geschlossen. In manchen Läden
verkaufte man selbst geschossene Fotos für umgerechnet ca. 2-3 €, auf denen zu sehen ist, wie der zweite
Turm einfach abknickt.
Die Jesuitenkirche La Compañía öffnete um 8.30 Uhr. Sie wurde um 1698 von den Jesuiten erbaut und
gehört mit ihrer äußerst harmonisch wirkenden Fassade im Mestizen-Barock zu den schönsten architektonischen Schätzen der
Stadt. Dieser Kirche konnten Erdbeben nichts anhaben. Einer ihrer Kreuzgänge ist wunderbar mit Stuck verziert, der andere
schmucklos. In diesen Innenhöfen zeigen Arkadenbögen, Friese, Wasserspeier und Brunnen die für das alte Arequipa typische
Bauweise. Die Kapelle des Heiligen Ignatius (17. Jh.) ist innen über und über mit Wandmalereien verziert, die u. a. Schalen mit
Früchten, Vögel, Engel darstellen. Das Altarbild zeigt den Hl. Ignatius selbst. Man entdeckte die Malereien 1960, nachdem eine
Mauer bei einem Erdbeben eingestürzt war. Zwei spanische Künstler restaurierten die alten Wandmalereien 1969.
Anschließend gingen wir zu Fuß zum Kloster Santa Catalina. Es wurde 1579 von der Witwe eines
angesehenen Bürgers gegründet; ein Teil wird heute noch von Dominikanernonnen bewohnt. 390 Jahre blieb
es für die Außenwelt verschlossen, bevor es 1970 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Trotz
strengster Klausur, d. h. mit legalen Mitteln war kein Entkommen möglich, ist nichts über irgendwelche
Ausbrüche bekannt. Vielleicht gab es ja einen unterirdischen Gang nach draußen? Heute präsentiert das
Dominikanerkloster mit einer Grundfläche von über 20.000 m² ein Stück mittelalterliche Stadt, maurischer
und andalusischer Einfluss sind unverkennbar. Die Führung mit der aus Deutschland stammenden Ute
dauerte knapp 2 Std. (9-11 Uhr).
Im Locotorium hinter dem Eingang durften die Nonnen bei besonderen Anlässen hinter hölzernen doppelten Gittern ein paar Worte
mit ihren Verwandten und Bekannten wechseln. Eventuelle Geschenke wurden über ein Drehkreuz gereicht. Luxusgüter wie z. B.
Schmuck waren jedoch verboten. Mit der Außenwelt traten die Nonnen nur über ihre Bediensteten in Kontakt.
Das Novizinnenkloster erstrahlt in leuchtendem Weiß. Jährlich konnten 8 Novizinnen aus wohlhabenden Familien Arequipas
aufgenommen werden. Die Mädchen waren 12-14 Jahre alt, ein Alter, in dem die meisten bereits verheiratet wurden. Das Noviziat
dauerte 1-2 Jahre, in denen die künftigen Nonnen ihre Berufung überprüfen sollten. In jeder der 8 Zellen hatten ein Tisch, ein Stuhl
und ein Nachttopf Platz; es gab Einbauschränke, eine Altarnische und eine Pritsche als Bett. Viele der Mädchen waren
Analphabetinnen, ihnen dienten runde Bilder als Lehrmaterial. Diese waren/sind im orangefarbenen Kreuzgang über den
Zelleneingängen angebracht, von 1-55 durchnummeriert und stellen Perlen des Rosenkranzes dar. Der nächste Kreuzgang, der erst
nach dem Noviziat betreten werden durfte, hat blaue Wände, heißt aber Orangen-Kreuzgang wegen der dort wachsenden
Orangenbäume.
Die Sala Zurbarán in der CALLE MÁLAGA war früher ein Krankenhaus mit 10 Bettnischen - heute sind hier persönliche
Gegenstände und Mitgiften der Nonnen ausgestellt. Anschließend gelangten wir in die blumengeschmückte CALLE CÓRDOBA mit
den Häuschen der Nonnen. Die Eltern der Nonne bezahlten ein Haus, gaben Mitgift und ein Dienstmädchen mit, das die ganze
Hausarbeit erledigte, während die Nonne Handarbeiten machte, malte oder betete. Trotzdem hatten die Nonnen nur eine
durchschnittliche Lebenserwartung von 45 Jahren. In dieser Straße gibt es ein Haus, in dem heute noch Nonnen wohnen; seine
Fassaden sind original erhalten, innen wurde es jedoch hochmodern umgebaut. Die Klausur ist heute lockerer:
die Nonnen dürfen auch mal das Kloster verlassen oder Fitness-Training betreiben... Da in Perú Wahlpflicht
besteht, müssen sie auch zu Wahlen gehen. Ihr Gewand ist bodenlang, weiß mit schwarzem Schleier. Vor dem
Haus ist Klausurbereich, dort darf kein Tourist hin. Der Waschplatz mit ca. 20 Zubern befindet sich in der CALLE
TOLEDO. In der CALLE SEVILLA konnten wir einige Wohnräume besichtigen, in denen das alte Mobiliar noch
erhalten war, so z. B. die Feuerstellen, Töpfe, Pfannen und anderes Küchengerät, auch eine Waschmaschine
und ein Klo-Stuhl. Auch eine Oberinnen-Zelle konnten wir besichtigen. Die Oberin wird auf 3 Jahre gewählt, muss
aber vorher 12 Jahre warten. Die momentan amtierende Oberin ist 36 Jahre alt. Vom 3. Kreuzgang, Chor und
Schlafsaal bekamen wir nur recht wenig mit, weil wir ein dringendes Bedürfnis hatten und eine Toilette suchen
mussten. Trotzdem hat es uns sehr gut gefallen.
Anschließend hatten wir Freizeit. Wir suchten ein Internetcafé auf und erledigten unsere Post. Dann aßen wir wieder einheimisch
und sonnten uns im Park. Genialerweise hatte ich überhaupt keine Probleme mehr mit der Sonnenallergie!!
Um 14 Uhr setzte unsere Reisegruppe ihre Fahrt fort. Etwa bei 1.800 m NN hatte uns der Nebel wieder. Die Wüste bis Moquegua
war faszinierend bunt von den vulkanischen Erzergüssen.
Bevor wir die Stadt erreichten, bat ich Jürgen um das Mikrofon und ergriff das Wort:
"Vielen Dank an alle Gratulanten,
die an mich dachten in den Anden.
Und wenn ich morgen finde den guten chilenischen Wein,
lade ich Euch alle zu einer Runde ein."
In Moquegua [1.900 m NN] waren die Zerstörungen des Erdbebens im Juli 2001 verheerend, noch schlimmer als in Arequipa. Wir
übernachteten vor dem Hotel MIRADOR, das an diesem Abend sein Betriebsfest veranstaltete. Fast pausenlos kamen Autos, deren
Abgase in unsere Fenster drangen. Von dem Standort des Hotels auf einem Hügel hat man eine schöne Sicht auf die Stadt.
Sonntag, 4. November 2001 (Moquegua - Arica, 252 km)
Morgens hatten wir wieder herrlichen Sonnenschein bei wolkenlosem Himmel und 14 °C. Um 7 Uhr war wie
gewöhnlich Abfahrt. Bis zum heutigen Tag hatten wir per Bus schon 3.454 km zurückgelegt. Durch die Oase
Moquegua fuhren wir auf die Panamericana del Sur zurück. Auf der ganzen weiten Strecke in Richtung
Chile - durch Wüste pur, was sonst? - entdeckten wir immer wieder durch Erdbeben verursachte Risse in
der Straßendecke; teilweise war der Straßenrand sogar ganz weggebrochen. Ab 1.000 m NN fuhren wir
wieder durch den Garúa, der nun höher lag. Während der Fahrt erzählte Jürgen von der Chinchorro-Kultur,
die von dem Dresdener Max Uhle (1856-1944) entdeckt wurde und die ältesten Mumien der Welt hinterließ.
Wenn wir an der Grenze zu Chile gut durchkommen, können wir noch an diesem Abend das Museum besuchen, in dem Werke
dieser 8.000 Jahre alten Kultur ausgestellt sind. Später verflüchtigte sich der Nebel, und am Himmel hingen Schönwetterwolken. Zur
Küste zu war es jedoch noch stärker bewölkt.
Gegen 9.45 Uhr erreichten wir Tacna [530 m NN, 18.000 Ew.], die südlichste peruanische Stadt (1.292 km von
Lima entfernt), in der wir ½ Std. Aufenthalt hatten. Es war Sonntag, und Sonntag scheint der Tag der
Militärparaden zu sein. Jedenfalls erwischten wir auch die hiesige. Es blieb uns daher kaum noch Zeit, die
Kathedrale zu besichtigen. Ihr Bau wurde im Jahre 1872 begonnen aber erst 1954 fertig gestellt, weil durch den
Salpeterkrieg (Guerra del Pacífico, 1879-84) Ebbe in der Staatskasse war. Ihren quirligen Charakter verdankt
Tacna hauptsächlich dem legalen (und illegalen) Handel mit Chile und Bolivien.
Nun waren es noch 30 km bis zur chilenischen Grenzstation Chacalluta, wo wir um 11 Uhr ankamen. Bei der
Ausreise aus Perú wurde das Handgepäck gesondert auf Drogen durchsucht. Später erzählte uns Josef, dass
der Zöllner, der den Bus kontrollierte, auch den Kabinenteil geöffnet haben wollte - er dachte allen Ernstes, es
wären animales (Tiere) drin!! Es gelang Josef dann aber doch, ihn davon zu überzeugen, dass dies nur unsere
Schlafkabinen waren. An der Passkontrolle bei der Ausreise hakte ein Beamter Jürgens Teilnehmerliste ab, ein anderer stempelte.
Bei der Einreise sollten die Chilenen bezüglich Obst und Gemüse extrem pingelig sein; dort waren wir aber schneller durch - nur
Handgepäck und Koffer wurden geröntgt. Und um 12.45 Uhr peruanischer bzw. 13.45 Uhr chilenischer Zeit war alles überstanden.
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