Erstellt mit MAGIX
Reisebericht
Gegen 7 Uhr erreichten wir Cuzco [3.310 m NN, 270.000 Ew.], die ehemalige Hauptstadt des Inka-
Reiches mit bedeutenden Baudenkmälern aus der Inka-Zeit. Nach der Landung wurden wir noch auf
dem Flughafen mit einheimischer Musik empfangen: eine Gruppe Peruaner, denen man die Inka-
Verwandtschaft ansah, spielte die für Perú typische Musik. Ein einheimischer Bus transportierte uns zum
mitten in der Altstadt liegenden, recht noblen Hotel ROYAL INKA II. Wie in besseren Häusern üblich
wurde uns zur Begrüßung "Mate de Coca" (Coca-Tee) gereicht. Unser Zimmer Nr. 218 war sehr groß und
schön, mit einer fast antik wirkenden Anrichte, einem Garderobenschrank, Sitzgruppe und einem riesigen
Bett. Es war eines der wenigen Zimmer mit Blick zur Straße; die anderen hatten lediglich Fenster zum
Flur des geschlossenen Innenhofes. Der Hotelschlüssel hatte einen Anhänger in der Form einer Sonne, das Symbol der Inka.
Um 9 Uhr machten wir mit Christina aus der Gruppe einen kleinen Stadtrundgang: In der Iglesia de San Francisco (1650) fand
gerade eine Messe statt. Aus diesem Grund konnten wir uns das geschnitzte Chorgestühl und die älteste Kanzel Cuzcos nicht
anschauen. Die Iglesia de la Merced (1650) gehört mit ihrem Hauptaltar aus vergoldetem Stuck und den geschnitzten, ebenfalls
vergoldeten Seitenaltären samt angeschlossenem Kloster zu den am prächtigsten ausgestatteten religiösen Bauwerken Cuzcos.
Leider dringt davon kaum etwas nach außen; und hinein konnten wir nicht. Nun wanderten wir, aufgrund der ungewohnten Höhe
etwas schwer atmend, durch die wunderschönen steilen Gassen zur Plaza de Armas mit der Catedral de Santo Domingo und
Iglesia de la Compañía. Hier fand gerade die sonntäglich veranstaltete Fahnenparade statt. Zuerst marschiert eine Militärkapelle
ein, dann die Soldaten im Stechschritt vor der Kathedrale ein. Es wird die peruanische Staatsflagge
gehisst, alle Umstehenden erheben sich und singen die Nationalhymne inbrünstig mit. Anschließend
erfolgt das Hissen der Cuzco-Fahne, deren Regenbogenfarben noch ein Symbol der Inka sind. Danach
marschieren Militärkapelle, Soldaten, verschiedene Vereine, die Zeugen Jehovas und einige Gymnasien
vor der aufgebauten Tribüne vorbei. Wir haben uns köstlich darüber amüsiert, wie die Schülerinnen in
Mini-Röcken und Stöckelschuhen im Stechschritt aufmarschierten.
Zwischen 11 und 13.30 Uhr hielten wir im Hotel Siesta. Dann startete das Programm mit dem örtlichen
Führer Alberto, der auch die Inka-Sprache Qechua beherrscht.
Wir begannen den Rundgang in der sonntags glücklicherweise autofreien Altstadt an der Plaza de
Armas. Der Hauptplatz war früher größer. Viele Gebäude wurden auf alten Inka-Fundamenten errichtet.
Es ist schwierig, die Lage der Inka-Bauwerke eindeutig zu lokalisieren. In vielen Steinen sind aber
Zeichen gemeißelt, die nur die Inka kannten. Die Grundmauern von Palästen aus jener Zeit stehen heute
noch: an der Nordseite des Platzes links der Kathedrale der Palast des Inca Roca (regierte ca. 1350 -
1380), nach der Ermordung Gonzalo Pizarros, der den Palast nach der Eroberung sein Eigen nannte,
abgerissen; an der Ostseite der Palast Condorcancha, vermutlich Residenz von Pachacútec, später Sitz
von Francisco Pizarro; und der Palast von Huaina Cápac (regierte 1493 - 1525) wurde Eigentum von
Hernando Pizarro. Nach dem alten spanischen Kolonialstil dürfen Gebäude nur 2 Stockwerke haben.
Somit hat sich Cuzco bis heute eine kolonialzeitliche Aura erhalten. Vier Kirchen und Häuser mit alten Arkadengängen umsäumen
den einstigen Mittelpunkt der indianischen Welt. Hier soll der große Festplatz der Inka gelegen haben, von dem die Straßen in die
vier Regionen des Reiches (suyos) führten, das Tahuantinsuyo hieß.
Der Bau der Catedral de Santo Domingo wurde um 1560 begonnen und konnte wegen der wenigen in Cuzco lebenden
Gläubigen und der hohen Kosten erst 1664 eingeweiht werden. Das Erdbeben von 1650 richtete keine größeren Schäden an,
führte aber dazu, dass die Kathedrale kein zweites Stockwerk erhielt. Der renaissance-barocke Mischstil und die festungsartigen
Türmchen des Kirchenbaus dienten als Vorbild zahlreicher anderer Kirchen im peruanisch-bolivianischen Hochland. Bei zwei
schweren Erdbeben im 20. Jh. wurde die Kathedrale stark zerstört; nun ist die Restaurierung fast abgeschlossen. Man kann sich
nicht vorstellen, welche herrlichen Kunstwerke diese Kirche beherbergt, wenn man nicht selbst drinnen gewesen ist. Die große
Glocke María Ángela im rechten Turm besteht aus einer 6 t schweren Gold-Bronze-Legierung, der Altar aus mehr als 1 t Silber.
Hier hängen 372 Gemälde, die seit 48 Jahren restauriert werden. Sie stammen hauptsächlich aus der Cuzco-Schule und sind in
den Farben rot, grün und braun gehalten. Das große Gemälde rechts neben dem Altar zeigt das Letzte Abendmahl und ist
deutlich von den Einflüssen indianischer Lebensweise geprägt: hier essen die Jünger kein Brot, sondern cuy (Meerschweinchen),
eine Delikatesse in Perú und Ecuador, und trinken dazu nicht Wein, sondern Chica Morada, ein aus violettem Mais gebrautes
Getränk. Die wichtigste Kapelle ist dem Señor de los Temblores (Herr der Erdbeben) gewidmet. Dieser ist eine dunkle
Christusfigur, die während des Erdbebens 1650 zur Trostfigur für die Bevölkerung wurde. Das Chorgestühl und die Kanzel aus
Zedernholz sind Meisterwerke der barocken Schnitzkunst; mit nackten Frauenfiguren geschmückte Armstützen und 40
lebensgroße Reliefs von Heiligen auf den Paneelen hinter den Sitzen - bemerkenswerte Details. Der silberne Hauptaltar stammt
von 1803 und zeigt ein steinernes Bildnis von Mariä Himmelfahrt. Er verdeckt den ursprünglichen churrigueresken Altar und
dessen kostbar vergoldetes Schnitzwerk. Bei einem Besuch von Cuzco sollte man nicht versäumen, die Kathedrale zu besuchen.
Die Iglesia de la Compañía wurde um 1571 das erste Mal von den Jesuiten erbaut und stürzte beim Erdbeben von 1650 ein. Die
zweite Kirche sollte die Kathedrale um Schönheit noch überbieten, was zu Streitigkeiten führte, die bis zum Papst in Rom
getragen wurden. Die Fassade der Kirche wurde trotzdem die schönste von Cuzco. Diese besteht aus dem warm gefärbten
Andesit der Inka-Paläste und lässt die Kirche in unmittelbarer Nachbarschaft der Kathedrale unbeschreiblich elegant und
harmonisch wirken.
Nun gingen wir links an der Kirche vorbei, durch die Intik'Illimani, das ist Quechua und bedeutet "Sonnengasse". Die Inkasprache
ist eine komische Sprache für uns Europäer. Der Buchstabe k' bzw. q' wird dabei so kratzig ausgesprochen, dass man sich
hierzulande nicht die Zunge, sondern den Rachen bricht; Alberto hatte als Inka-Nachfahre da gar keine Probleme... Die Calle
Loreto, der peruanische Name für diese Gasse, ist beiderseits von prächtigen Inkamauern gesäumt. Sie sind ca. 3 m hoch und
12° schräg. Dadurch war eine gewisse Erdbebensicherheit gegeben. Ja, die Inka-Bauwerke trotzten so vielen Erdbeben! Wir
konnten das noch öfter beobachten.
Das Kloster Santo Domingo erhebt sich hoch über eine gewölbte Inka-Mauer. Diese besteht aus
schwarzem Granit, der aus 90 km Entfernung herangeschafft wurde. Sie war einst Teil des
Sonnentempels Corícancha, Hauptheiligtum des Inka-Reiches. Die einzelnen Steinblöcke sind sorgfältig
poliert und ohne Mörtel aufeinander gesetzt, aber immer ein paar Grad geneigt und ineinander verzahnt,
d. h. um ca. 1-2 mm versetzt. Im Portal des neben dem Sonnentempel gelegenen Mondtempels weist
einen haarscharf eingepassten 20-Eckigen Block vor, bei dem keine der Flächen rechtwinklig an die
eines anderen Steins stößt. Wenn man genau hinschaut, kann man somit Originalwände von
rekonstruierten unterscheiden. (Teilweise wurden die Mauersteine der Inkas sogar 12- oder 20-Eckig
gehauen! Einen solchen exakt eingesetzten Felsblock findet man in einer alten Inka-Mauer in der Straße
Hatunrumíyoc (Großer Stein); in die mörtellosen Ritzen kann man auch heute noch, nach über 500 Jahren, keine Messerklinge
schieben!)Auch diesen Mauern konnten alle Erdbeben, die Kirche und Kloster immer wieder schwer beschädigten, nichts
anhaben. Die Eingangsöffnungen zu den einzelnen, noch erhaltenen Tempelräumen sind stets trapezförmig; die Inkas kannten
keine echten Bögen. Chronisten meinten, sämtliche Mauern des Sonnentempels seien mit Goldplatten verkleidet und mit
Smaragden und Türkisen besetzt gewesen. Das Dach bestand aus einer strohgedeckten Holzbalkenkonstruktion; im Innern
bildeten feinste Vicuña-Wollgewebe die Decke. Eine riesige mit Juwelen besetzte Goldscheibe stellte die Sonne dar, deren
Söhne, die obersten Inka-Herrscher, saßen mumifiziert reihum auf goldenen Thronsesseln. Der beim Bau der Kirche größtenteils
abgerissene Mondtempel war einst das Gegenstück zum Sonnentempel: komplett mit Silberplatten verkleidet, die mumifizierten
Hauptfrauen der Inka-Herrscher auf silbernen Thronsesseln. Es folgt der Venus- oder Sternentempel, den Chronisten zufolge
über und über mit Silber und zahlreichen goldenen blitzenden Sternen verziert. Der Tempel der Wettergötter auf der
gegenüberliegenden Seite des Klosterhofes war Blitz und Donner gewidmet. Zutreffenderweise setzte gerade strömender
Starkregen, verbunden mit Dunkelheit und Hagel ein. Dadurch wurde das Fotografieren teilweise unmöglich. Da die wirkliche
Sehenswürdigkeit die Inka-Tempel waren, gab es vom Rest des Klosters nicht viel zu erzählen.
Nach dem Stadtrundgang fuhren wir in einem einheimischen Reisebus mit Alberto zu verschiedenen
Inka-Festungen oberhalb von Cuzco.
Die Zyklopenfestung Sacsayhuamán (Falkenhorst) [3.567 m NN] liegt 200 m über der Stadt und ist
deren wichtigste. Die Inka nannten sie ‚Haus der Sonne'. Der Qechua-Name bedeutet ‚Zufriedener
Condor'. Hier türmen sich gigantische Felsblöcke zu drei zickzackförmigen, übereinander liegenden
Festungsmauern. Dabei besteht der unterste Mauerring aus den größten Felsblöcken: 5 x 5 x 2,5 m mit
einem Gewicht von 360 t (das entspricht einem voll beladenen Jumbojet). Nun stellt sich die Frage, wie
man diese gewaltigen Blöcke ohne Räder oder Zugtiere die steilen Berge hinauftransportiert hat:
"Den Stein zogen über 20.000 Indianer an langen Stricken. Der Weg, auf dem sie ihn transportieren, ist mühsam, mit
vielen steilen Steigungen und Gefällen, die es zu überwinden gilt. An einer dieser Stellen besiegte des Steines Gewicht die
Kraft derer, die ihn hielten, und er stürzte nach unten und tötete drei- oder viertausend Indianer. Aber trotz dieses Unglücks
brachte man ihn nach oben."(Zitat Garcilaso de la Vega im Reiseführer DuMont "Richtig reisen: Perú und Bolivien", 1991)
Hinter den drei Mauerringen existieren heute nur noch einige Grundmauern, nachdem über Jahrhunderte die Bauten in einer Art
Steinbruch abgetragen wurden, weil man so auf bequemste Weise Baumaterial für Cuzco erhielt. Die Festung empfängt die
Morgensonne noch bevor sie das Tal von Cuzco erhellt. Sicher gibt es in Sacsayhuamán noch viel Interessantes zu sehen, wie z.
B. eine glatte runde Steinfläche (Ródadero - Rutschbahn) oder das Inka-Bad (Baño del Inca). Doch es regnete in Strömen und
der Boden war matschig, sodass wir keine Muse für ausgiebige Spaziergänge hatten.
4 km von Cuzco entfernt liegt Q'enko. Das kleine Amphitheater umgibt einen amorphen Fels von 6 m Höhe. Ob es sich um einen
später zerstörten Tempel des Chavín-Kultes (Blütezeit 850-200 v.d.Z.; Einfluss 100 und 200 v.d.Z.) handelte oder eine Stätte für
die Verehrung eines Naturgottes, eines Felsens, eines Berges oder der Erdgöttin Pachamama, kann man heute immer noch nicht
sagen. Alberto jedenfalls war sich sicher: hier wurde von Lamas bis zu Menschen alles den Göttern geopfert. Der Opferaltar steht
zu Ehren der Mutter Erde (Pachamama) im Dunkeln. Der ‚Thron des Inka', ein großer Felsen im Freien, ist in Richtung Osten auf
Sacsayhuamán gerichtet. Er könnte sowohl Thron oder Altar als auch ein heiliger Fels gewesen sein. Der Legende nach ließ sich
der Inka-Herrscher bei bestimmten Anlässen auf diesem Stein nieder.
6 km weiter befinden sich Pukupukara (Rote Festung) und das Inka-Bad Tambomachay auf ca. 3.715 m NN. Der sehr schöne,
aus mehreren übereinander liegenden Terrassen bestehende Komplex war vermutlich ein Tempel. Offenbar warteten in den
großen Nischen der oberen Terrasse hochgestellte Persönlichkeiten auf den Sonnenaufgang, um dann einen Wasserkult zu
vollziehen. Auf uns wartete eine Indígena, um sich mit ihrem Lama kostenpflichtig ablichten zu lassen. Den Namen Inka-Bad
verdankt die Anlage der Quelle und den Kanälen, durch die das Wasser von Stufe zu Stufe plätschert.
Vorbei an einem tollen Blick über Cuzco kamen wir gegen 18 Uhr zurück ins Hotel, wo es um 19 Uhr Dinner gab.Danach gingen
wir beide noch zur Plaza de Armas, die wir bei Nacht herrlich angestrahlt ablichteten. In einem kleinen Internetcafé sorgten wir
noch kurz dafür, dass auch der Rest der Welt von unseren Erlebnissen erfährt.
Copyright © 2002 Regine Werle. Alle Rechte vorbehalten
28. Oktober 2001