Erstellt mit MAGIXReiseberichtIV. Durch den NegevDienstag, 15. Oktober 1996(Jerusalem - Yot Vata)Die bisherigen Touren unternahmen wir nur mit dem Bus, da wir jeden Abend auf den Campingplatz zurück kamen. Doch nun hieß es die Zelte - nein den Hänger - abbauen: Treppen in den Gangfußboden schieben, Decke und Fußboden zusammenklappen, Plane zusammenrollen und verstauen. Das übernahmen unsere Männer. Die Frauen kümmerten sich derweil darum, dass alle Bänke und Tische im ROTEL-Anhänger verstaut wurden. Denn wir würden für eine ganze Weile Jerusalem verlassen und auf anderen Plätzen übernachten. Wir würden heute bis zum Wüstenkibbuz Gerofit bei Yot-Vata, an der jordanischen Grenze gelegen, kommen. Unser Fahrer Erhard konnte an der engen Campingplatzausfahrt zum ersten Mal seine genialen Fahrkünste beweisen.Erste Station war En-Karem ("Quelle des Weinbergs"), 7 km von Jerusalem entfernt. Hier besuchten wir die Marienquelle. Zum einen soll Maria hier Wasser geschöpft haben, zum anderen soll En-Karem auch der Geburtsort von Johannes dem Täufer sein. Während der Fahrt durch das Judäische Bergland entlang des Nahal Refaim ("Wadi der Toten") erzählte Günther folgendes: Die Kiefernwälder wurden erst 1950 von Neueinwanderern angelegt. Vorher gab es an dieser Stelle nur Wüste, daher ist es wohl kaum verwunderlich, wenn die Bäume mittels Tröpfchenbewässerung am Leben erhalten werden. Günther erzählte auch dies: In Jerusalem gibt es ein altes Gesetz: Jedes Haus aus Stahlbeton wird mit dem einheimischen Jerusalem-Stein verkleidet. Verarbeitet wird der Kalkstein aus den vielen Steinbrüchen des judäischen Berglandes in der Zementfabrik von Bet Schemesch ("Haus der Sonne"). Gesetz in Israel ist auch, pro Haushalt eine Solaranlage auf dem Dach zur Warmwasserbereitung zu installieren.In Beer Sheba, ("Stadt der Patriarchen"), eine der größten Städte Israels und "Hauptstadt des Negev", pausierten wir zum Mittag auf dem Beduinenmarkt, wo u. a. auch in Russisch gehandelt wird. Die Luft war schon ganz schön heiß. Vor den Toren der Stadt leben die nomadisierenden Beduinen, denen es aufgrund der Unsicherheit verboten wurde umherzuziehen. Außerdem wollte man so den Waffenschmuggel unterbinden.Auf der Fahrt durch den Negev ("Die Trockene"), eine von Gebirgen, Schluchten und Wadis durchzogene Sand- und Steinwüste, die flächenmäßig fast die Hälfte Israels einnimmt, erfuhren wir, dass es sechs Regionen des Negev gibt:1.Gaza im Süden 2.Beer-Sheba-Ebene3.Negev-Berge mit Sicht auf den Ramon-Krater (es gibt ca. 3 Krater, ca. 1.000 m NN) 4.Wadi Paran5.Ha Araba (Syrisch-Afrikanische Senke) 6.Berge von Elat mit Kupferbergwerk Schon vor mehr als 3.000 Jahren war diese Wüste besiedelt, bis in die Neuzeit von nomadisierenden Beduinen. Erst seit der Besetzung durch Israel 1948 wurden neue Siedlungen gegründet. Die Straße in Richtung Elat ist erst seit ein paar Jahren geteert. Vorher befand sich hier eine Wüstenpiste, die unser "Bayrisch-Orientalischer Wüstenexpress" befuhr. Der Negev gilt als Hauptübungsgebiet des israelischen Militärs.Unsere Fahrt ging weiter, die Landschaft änderte sich zusehends: von spärlich in nichts... In Sede-Boqer ("Feld der Viehzüchter"), eine Oase in der Wüste, besuchten wir das Grab von David Ben Gurion, dem ersten Ministerpräsidenten Israels, der in diesem Kibbuz zuhause war, und dessen Frau. Die beiden schlichten Steingräber befinden sich in einem von Bäumen umstandenen und beschatteten Viereck unmittelbar am Steilabfall des Wadi Zin gelegen. Unsere Reise führte uns nun in die Nabatäerstadt Avdat. „Im 4. Jh. v.Chr. gründeten die Nabatäer die Stadt Avdat als Wegstation auf der ‚Gewürzstraße’, auf der Gewürze, Kosmetik und andere Schätze vom fernen Osten über die arabische Halbinsel, Petra und den Negev, zu den Häfen am Mittelmeer transportiert wurden.... Die Stadt erfuhr gute und schlechte Zeiten, bis sich im 1. Jh. n.Chr. der wirtschaftliche Schwerpunkt auf die Landwirtschaft verlegte... Im Jahre 106 n.Chr. ... annektierte Rom das nabatäische Königreich und dessen Hauptstadt, Petra. Avdat wurde Teil der Grenzbefestigungen des römischen Imperiums, die Stadt entwickelte sich und es entstanden Wohn- und öffentliche Bauten. Die Blüte der Stadt begann während der byzantinischen Epoche (4.-7. Jh. n.Chr.). Große prunkvolle Kirchen und andere Bauten entstanden... Wasserzisternen wurden angelegt... Ende der byzantinischen Epoche wurden die Bewohner der Stadt durch das Eindringen fremder Nomaden mit einer unsicheren Situation konfrontiert. Dies und die arabische Eroberung des Landes im Jahre 636 n.Chr. führten zum Verfall der Stadt.“ (aus: Prospekt „Nationalpark Avdat“) Hier besichtigten wir die Byzantinische Festung. Während der byzantinischen Zeit von den Nabatäern erbaut, liegt sie auf einem Hügel und diente als Zufluchtsstätte der Bevölkerung bei Gefahr. Über eine Treppe an der Ostseite erreichten wir das Dach eines Wachturms, von dem wir einen wunderbaren Blick auf die 5 min. außerhalb der Stadt gelegene nabatäische Töpferwerkstatt und das Militärlager hatten. Interessant war auch die Weinpresse aus byzantinischer Zeit. Mithilfe von Schildern erfuhren wir, wie derWein zur Weinpresse transportiert, wie die Trauben "getreten", wie der Saft gefiltert und der Wein gekeltert und gelagert wurde.Die Gründung von Ortschaften war nur möglich aufgrund einer hoch entwickelten Bewässerungsmethode, der so genannten Sturzbewässerung. Die erlaubte den Nabatäern nämlich, in den Trockengebieten Felder anzulegen und die Bevölkerung mit Wasser und Lebensmitteln zu versorgen. Wir hatten Mühe, uns diese Szene vorzustellen, da ringsum nur Wüste herrschte. Einige Zeit, nachdem wir Avdat verlassen hatten, standen wir am Rande des mächtigen Kraters von Maktesh Ramon, der größten von drei eliptischen Erdeinsenkungen des Negev. Der "Krater" entstand vor ca. 70 Mio. Jahren durch Erdeinbrüchen über Hohlräumen und misst 30 x 8 km. Hier fand man Riesenfossilien, Überreste von Sauriern aus der Zeit vor 150 Mio. Jahren. Es war schon ein ergreifender Ausblick, der sich mir bot: ähnlich dem riesigen Krater vom kanarischen Teide - ein riesiger Kessel, der Grund 500 m unter mir und rings herum ragten die Berge bis zu 1.035 m über den Meeresspiegel. Glänzend spiegelte sich der schwarze Wüstenlack in der Sonne; das sind durch die Hitze an die Oberfläche getretene Mineralien. Wir mussten den ganzen Kessel queren, um durch die dahinter liegende Wüste Paran nach Yotvata, unserem Nachtlager zu gelangen. Wir waren noch nicht ganz am Ende des Ramon-Kessels, als wir hinten im Bus Sitzenden plötzlich einen Schlag verspürten. Unser Gefährt hielt an, Erhard inspizierte seinen "Arbeitsplatz" und hatte das Problem erkannt: Am Hänger war ein Teil eines Zwillingsreifens geplatzt! Na toll, und das mitten in der Wüste. Busfahrer, Reiseleiter und einige Männer aus unserer Reisegruppe hatten einige Mühe beim Abbau des Reifens; aber sie schafften es. Der Grund war folgender: Der Reifen ließ sich kaum von der Felge lösen. Der kaputte Reifen wurde einfach in der Wüste entsorgt - die Felge war wertvoll und musste mitgenommen werden. Wir setzten unsere Reise nachher mit einem "amputierten" Zwillingsreifen fort. (Anm: Erhard und Günther besorgten in Elat einen Ersatzreifen.) Als wir im Wüstenkibbuz Gerofit ankamen, war es schon dunkel, aber so warm, dass wir dünn bekleidet draußen sitzen konnten. Einige von uns erfrischten sich nach der ROTEL-Suppe im kühlen Swimmingpool des Camps.