Made with MAGIX Reisebericht 16. August - 4. Oktober 1999 Teil 2: Aragón Von Madrid durch das Iberische Randgebirge nach Teruel Teruel Durch die Montes del Maestrazgo ins Ebro-Tiefland Ebro-Becken zwischen Zaragoza und LleidaZaragoza Zaragoza Von Zaragoza zum Pyrenäenfuß Durch die Vorpyrenäen nach Osten Huesca Durch die Hochpyrenäen nach Westen Jaca Urtümliche Westpyrenäentäler Durch Westfrankreich nach Karlsruhe     "Aragón liegt im Nordosten Spaniens, dem fortschrittlichsten und am besten an Europa angebundenen Gebiet. Es ist eine der 17  spanischen Autonomien und besteht aus drei Provinzen (Zaragoza, Huesca und Teruel) mit 730 Gemeinden und 1.200.000 Einwohnern. Die  Autonome Gemeinschaft Aragón erstreckt sich über 47.724 km2, das entspricht einem Zehntel Spaniens. Es gibt drei große Naturräume: im  Norden die Pyrenäen, in der Mitte die Ebro-Senke und im Süden das Iberische Randgebirge. Dazwischen liegen zwei Übergangszonen: Die  Vorberge der Pyrenäen und des Iberischen Gebirges. Daraus resultieren sehr unterschiedliche Klimate und Landschaften, die eine vorzügliche Natur von überwältigender Schönheit schaffen. Auf der anderen Seite gehört Aragón zu den spanischen Regionen, die herausragendes  Kulturerbe mit hohem kulturellem Niveau verbinden." [aus: Broschüre "Aragón", Gobierno de Aragón - Dep. de Economia, Hacienda y  Fomento]  Von Madrid durch das Iberische Randgebirge nach Teruel Nachdem ich Regines Abflug gefilmt hatte, machte ich mich auf den Weg nach Aragón. Über die Autovía N-II ging es am schnellsten,  dabei muss das Sistema Iberico - das Iberische Randgebirge - überquert werden, das sich zwischen Meseta (Zentral-Hochebene) und Ebro-Tiefland erhebt. Die Täler der Flüsse Henares und Jalón schneiden sich von Südwesten und Nordosten tief in das Gebirge ein  und bilden eine markante Landschaftsgrenze. Diesen beiden Tälern folgt auch die Autovía und steigt daher von Guadalajara aus dem  Henares-Tal folgend stetig an, um bis Sigüenza bei ca. 1.200 m NN die Passhöhe zu erreichen. Bei Medinaceli wird mit einigen steilen  Kurven das Tal des Río Jalón erreicht, der zum Río Ebro fließt; so hat man immer Blick zur Abbruchkante des vom Fluss  durchschnittenen Hochlandes. Erstes Ziel war eigentlich Calatayud, aber ich verließ die Schnellstraße schon in Alhama de Aragón [648 m NN], einem Thermalbad,  das den Römern als 'Aquae Bilbilitanae' bekannt war und dessen heutiger Name vom maurischen 'al-Hamma' abgeleitet ist, mit  schönen Mudéjar-Häusern und einem etwas abgewohnt wirkenden Kurhaus. Ich blieb auf der alten N-IIa und erreichte Ateca, wo ich  einen Dorfrundgang unternahm, weil es schon mit Transparenten, Girlanden und Blumen für die in der nächsten Woche stattfindende  Fiesta geschmückt war. Zwischen Ateca und Calatayud war die Abbruchkante des Jalón-Tales besonders eindrucksvoll. Im 8. Jh. errichteten die Mauren in der Nähe des römischen Bilbilis ihre Festung 'Kalat-Ayub' ('Burg des Ayub'), von der die Stadt  Calatayud [522 m NN, 20.000 Ew.] ihren Namen hat. Auch heute noch wirkt der höher gelegene Stadtteil La Morería eher orientalisch  denn europäisch und wird daher auch "Arabisches Viertel" genannt. Der achteckige Mudéjar-Turm der Kirche Colegiata de Santa  María la Mayor diente ehemals der hiesigen Moschee als Minarett; das plattereske Portal ist sehr schön. Auch die Kirche San Andrés  besitzt solch einen schönen Mudéjar-Turm. Oberhalb der Stadt auf einem Hügel finden sich noch die Reste des Castillo de Ayub.  Calatayud gefiel mir sehr gut und so machte ich einen ausgedehnten Rundgang, als mein Handy klingelte - es war Regine. Sie war  schon zuhause in Dresden angekommen, während ich gerade mal 250 km zurückgelegt hatte!!! In Calatayud nimmt der Río Jalón den Río Jiloca auf, dessen Quelle in der Nähe von Teruel liegt und dem ich nun talaufwärts folgte.  Nach 40 km kam ich nach Daroca [769 m NN, 2.900 Ew.], einer iberischen Gründung, deren Namen ebenfalls auf eine maurische Burg - 'Kalat-Daruka' - zurückgeht. Um die Stadt wurde im 13. und 14. Jh. eine 4 km lange Mauer mit über 100 Türmen errichtet, die heute  zum Großteil verfallen ist; es sind aber noch die beiden Stadttore Puerta Alta und Puerta Baja sowie einige Türme erhalten, ebenso auf  einem Hügel inmitten der verwinkelten Stadt die Überreste der arabischen Burg Castillo Mayor. Das alles ist auch heute immer noch  sehr eindrucksvoll und Daroca gilt als eine touristische Hauptsehenswürdigkeit, nicht zuletzt auch wegen des 'Wunders der  Messtücher'. Der Legende nach hinterließen im Jahre 1239 während einer Messe in der Nähe der Stadt sechs Hostien Blutspuren auf  den Messtüchern, die in der romanischen Stiftskirche Colegiata de Santa María als Reliquien aufbewahrt und verehrt werden.  Ursprünglich erhoben auch Calatayud und Teruel Anspruch auf diese Tücher. Man lud sie also auf einen Esel und ließ ihn laufen - er  entschied sich für Daroca! Ich verließ nun das Jiloca-Tal für einen Abstecher zur Laguna de Gallocanta und in die Montes Universales, eines Teils der Serranía  de Cuenca. Die Laguna de Gallocanta - der größte spanische Steppensee mit maximal ca. 6,7 km2 - liegt einer weiten, flachen,  abflusslosen Senke des Iberischen Randgebirges auf 1.000 m NN. Aufgrund des großen Einzugsbereiches von 530 km2 trocknet sie  nur selten ganz aus, der Wasserstand ist allerdings stark niederschlagsabhängig. Als einzige größere Wasserfläche dieser Gegend hat sie besondere Bedeutung für wasser- und sumpfbewohnende Zugvögel; besonders zur Zugzeit im Herbst und im Frühjahr soll sie von  ihnen geradezu belagert sein. Unter anderem macht hier fast die gesamte nordeuropäische Kranichpopulation auf ihrem Zug in die  Extremadura Zwischenstation. Dies war früher nicht so extrem, aber seitdem um die Laguna herum der Getreideanbau intensiviert  wurde, finden die Kraniche geradezu ideale Futterbedingungen vor; zu manchen Zeiten wurden 20.000 Individuen gleichzeitig gezählt.  Andere Vogelarten, darunter Kolben- und Schnatterenten, kommen hier ganzjährig vor.  In der Nähe des Dorfes Gallocanta [1.000 m NN] steht auf einem Felsrücken mit guter Sicht auf die Wasserfläche die Ermita de  Nuestra Señora del buen Suceso. Leider war ich jahreszeitlich noch zu früh dran, denn es gab gar nichts zu beobachten. Die Laguna  war durch die Sommerdürre ziemlich ausgetrocknet, so dass die Vögel noch keine große Freude an ihr gehabt hätten; hier wären also  die Winterregen dringend nötig dachte ich - und die sollten dann auch noch kommen. Da es schon spät war, suchte ich einen Platz für die Nacht. Ich wollte mit Regine sprechen. In der Senke war mangels Transponder  keine Verbindung zum Handy-Funknetz möglich, also war Telefon-Festnetz angesagt. In Bello fand ich endlich eine Zelle - und in  Dresden war ständig besetzt! Nachts hatte es ein wenig genieselt und der Morgen war zunächst grau in grau bei 17 °C. Bello liegt am "Ende der Welt" - es führen  nur Schotterpisten weiter. Ich fand zum Glück die richtige und fuhr über die Sierra de Caldereros für eine kurze Strecke durch die  Region Castilla - La Mancha. Vom Städtchen Orihuela del Tremedal [1.660 m NN] mit schöner Pfarrkirche (18. Jh.) ging es hinauf in  die Sierra de Albarracín, einem Ausläufer der Montes Universales. Hier entspringen viele Flüsse wie Cuervo, Gallo, Guadalaviar,  Jiloca, Júcar oder Tajo. Es herrscht Kiefernwald vor, auffällig die vielen Bartflechten an den Stämmen und Zweigen. Der Boden wird  vor allem von Adlerfarn bedeckt, der Wald wird immer wieder durchzogen von vegetationslosen Geröllbändern. Nahe des malerischen  Sommerkurortes Bronchales [1.750 m NN] liegt der höchste Gipfel Sierra Alta mit 1.856 m. Der Río Guadalaviar hat eine tiefe  Schlucht eingeschnitten, der die Straße nach Albarracín folgt.  Das Dorf Albarracín [1.182 m NN, 1.200 Ew.] liegt in Hanglage über der Schlucht des Río Guadalaviar. Im 11. Jh. gründete die  maurische Almoraviden-Dynastie Beni-Razin, von der der Ort seinen Namen hat, hier ein Taifa-Königreich. Zum Schutz vor den  konkurrierenden Almohaden errichtete man eine Stadtmauer und verbündete sich mit Navarra. Mitte des 12. Jh. ging Albarracín an das  christliche Adelsgeschlecht Azagra, um dann schließlich 1300 dem Königreich Aragón einverleibt zu werden. Das typische Ortsbild hat  sich bis heute erhalten, Albarracín wurde komplett unter Denkmalschutz gestellt ('Monumento Nacional') und zählt zu den schönsten  Orten Spaniens. Zwei Kirchen überragen die Häuser. Die Iglesia de Santa María gilt als ältester Kirchenbau aus der Mozaraber-Zeit,  der aber erst im 16. Jh. seine heutige Form erhielt. Bedeutsamer ist die Catedral del Salvador, die von etwa 1200 bis 1600 er- und  umgebaut wurde. Sie beherbergt einen beachtenswerten Kirchenschatz mit Gold- und Silberschmiedearbeiten und sieben flämischen  Gobelins. Ich hatte das Glück zur Fiesta-Zeit anzukommen. Auf der Plaza Mayor war eine Tribüne aufgebaut und eine Arena  abgegrenzt, in der gerade eine Musikkapelle ihr Bestes gab; in der Nähe feuerte jemand Knallkörper ab. Noch vom Parkplatz am  Fluss, wo das Auto sinnvollerweise warten musste, waren Musik und Böller zu hören. Südlich von Albarracín ähnelt das Gebirge dem Pfälzer Wald mit seinen Sandstein-Verwitterungsformen. Hier befinden sich zahlreiche  Höhlen (Cuevas de Callejón y Navazo) mit Steinzeitmalereien, die ich auf einer längeren Wanderung erkunden wollte. Leider braute  sich ein Gewitter zusammen, so dass ich meine Fahrt Richtung Teruel [915 m NN, 30.000 Ew.]  fortsetzte. Kurz vor der Stadt machte ich Siesta. Nach einiger Zeit war das Gewitter weitergezogen und die Sonne ließ sich nochmals  blicken. Es war ein herrliches Bild: die untergehende Sonne im Rücken, auf einer Anhöhe Teruel im Abendrot, darüber die verschieden  grauen Wolken des Gewitters. Beim Einbruch der Dunkelheit fuhr ich dann in die Stadt hinein, um an dem Park 'Los Jardincillos'  gegenüber dem Bahnhof zu übernachten. In der Nacht hatte es heftig geregnet und auch der folgende Tag war alles andere als trocken. So machte ich mich erst gegen 10 Uhr  bei lediglich 14 °C zur Besichtigung der Provinzhauptstadt auf. Der Park bestand fast nur aus Pfützen. Von hier führt eine schöne,  mudéjare Treppe zur Altstadt, die auf einem Plateau über dem Río-Turia-Tal liegt.  Teruel wurde bereits von den Iberern als 'Turba' gegründet. 218 v.d.Z. verwüsteten die Römer die Stadt als Rache für die Vernichtung  von Sagunt durch Hannibal. Später geriet Turba unter maurische Herrschaft und wurde zu 'Teruel' (= Stier) umbenannt. Die christliche  Reconquista eroberte die Stadt 1171 für Aragón, man beließ aber ausnahmsweise den Mauren und Juden großzügige Sonderrechte.  Die kulturelle Vielfalt wirkte befruchtend und führte zu großem Reichtum, was sich noch heute an den Gebäuden und besonders an  den Mudéjar-Türmen ablesen lässt. Im größten Teil des übrigen Spaniens setzte sich der katholische Klerus durch und unterdrückte  diese Entwicklung. Leider erwischte es ab 1486 auch Teruel - ein Pogrom fand statt und die Juden und Mauren wurden vertrieben;  1502 musste die letzte Moschee schließen. Die Stadt erlebte einen Niedergang in die relative Bedeutungslosigkeit und wurde  ironischerweise nur nochmals wichtig als Schauplatz einer entscheidenden Schlacht im Spanischen Bürgerkrieg 1937/38, bei der sie  große Zerstörungen hinnehmen musste. Trotzdem - Teruel gilt als Hochburg des Mudéjar-Stils in Spanien und die fünf prächtigen, über Straßen erbauten Mudéjar-Türme sind  schon beeindruckend mit ihren Kacheln (azulejos) und Ziegelsteinen. So besichtigte ich mehrere von ihnen: San Salvador, San Pedro,  Kathedrale Santa María, San Martín.  In einem Anbau der Iglesia de San Pedro wird eine makabre Sehenswürdigkeit ausgestellt: 'Los Amantes de Teruel' (Die Liebenden  von Teruel), zwei mumifizierte menschliche Skelette, die in Glassärgen aufbewahrt und für ca. 0,50 DM besichtigt werden können.  Dabei handelt es sich der Legende nach um die Überreste eines unglücklich verliebten Paares: Im 13. Jh. wollte Diego García de  Marcilla Isabella de Segura heiraten, doch verweigerte deren Vater die Zustimmung, da er seine Tochter reich verheiraten wollte. So  zog Diego in die Fremde und kehrte nach fünf Jahren reich und anerkannt zurück - am Tag der Hochzeit Isabellas mit einem anderen.  Sein Herz zerbrach und er starb, tags darauf folgte ihm die Geliebte ins Grab.  Außer ihrem schönen Turm hat die Catedral de Santa María auch ein bemerkenswertes Inneres zu bieten - diesmal war ich leider zu  früh dran, es fand noch eine Messe statt und die Besichtigung war unmöglich! Hinter der Kathedrale befindet sich mit dem Palacio  Epsicopal (Bischofspalast) ein typisch aragonisches Bauwerk mit unter Dachtraufen verlaufender Galerie, in dem heute ein  Diözesanmuseum untergebracht ist. Auch die übrige Stadt gefiel mir recht gut und so verbrachte ich noch einige Zeit mit ihrer  Besichtigung. Beim Weg über eine Brücke über die Schlucht begann es jedoch, in Strömen zu gießen, und so flüchtete ich ziemlich  nass ins Auto. Durch die Montes del Maestrazgo ins Ebro-Tiefland  Meine Reiseroute führte mich nun durchs Maestrazgo, einen weiteren Teil des Iberischen Randgebirges. Zunächst überquerte ich den  Hochwasser führenden Río Mijares und erreichte dann die Kleinstadt Mora de Rubielos [1.035 m NN, 1.400 Ew.] an einem Ausläufer  der Sierra de Gúdar. Hier gab es eine Burg aus dem 13./14. Jh., die Plaza Mayor und die gotische Pfarrkirche Ex-Colegiata de Santa  María aus dem 12. Jh. mit typisch aragonischem Vorplatz, von Profanbauten im Renaissancestil, geschmückt mit Wappen und  schmiedeeisernen Arbeiten, zu besichtigen. Noch tiefer im Gebirge liegt Rubielos de Mora [1.300 Ew.], das im Mittelalter von starken  Verteidigungsmauern umgeben war, von denen noch zwei Tore vorhanden sind, darunter die Puerta de San Antonio. Die Pfarrkirche  wurde von 1604-1620 im Renaissance-Stil erbaut. Bei der Weiterfahrt entdeckte ich einen schönen Aussichtspunkt auf das Städtchen.  Der folgende Teil des Maestrazgo, Grenzland zwischen Catalunya, Aragón und Valencia, ist außerordentlich abgelegen und dünn  besiedelt, es werden Höhen über 2.000 m NN erreicht. Leider hält auch hier der Fortschritt Einzug in Form von fürchterlichen  Straßenneubauten, die sich in keinster Weise an die Landschaft und den zu erwartenden Verkehr anpassen, sondern für die die  gesamte Landschaft verschandelt wird. Auch meine Strecke hatte es schon teilweise erwischt und so geriet die Fahrt zur  Schlammschlacht und mein Bus wurde zum Ferkel. Ich durchquerte die Gebirgszüge Sierra de Nogueruelas mit der Passhöhe Puerto  de Linares [1.720 m NN], Sierra de la Batalla mit dem Pass Puerto de Mosqueruela [1.475 m NN] und Sierra del Rayo, die alle zum  Gebirgsstock der Sierra de Gúdar gehören. Das Wetter war beeindruckend schlecht für "spanische" Verhältnisse: nur 10 °C, tief  hängende graue Regenwolken, stürmischer Wind, immer wieder Regenschauer, Nebelfetzen - richtig gespenstisch, auch durch die  fehlende Besiedlung; es gibt nur immer wieder verlassene Bergbauernhöfe. Die Vegetation besteht aus Kiefernwäldern und  Wacholderheiden, die offensichtlich als Viehweiden genutzt werden (oder wurden?), denn es gibt sehr viele, aus Schiefersteinen  aufgeschichtete Begrenzungsmauern. Diese Gegend hier erinnerte mich an den Schwarzwald zuhause. Nur einige wenige Orte lagen  an der Strecke, von denen mir ein paar im Gedächtnis blieben: Nogueruelas, Linares de Mora am Fuße des gleichnamigen Passes,  das uneinnehmbare Cantavieja hoch auf der Kante des tiefen Flusstales Rambla de Cantavieja - hier konnte ich endlich mal wieder  Lebensmittel einkaufen -, Mirambel und letztlich Las Planas, wo ich nach 186 Tageskilometern schon bei Dunkelheit, Regen und nur  noch 10 °C eintraf und die Nacht verbrachte. Irgendwo im Gelände zu übernachten wäre sicher auch schön geworden, aber die  Gegend war mir dafür einfach zu unheimlich!  Der Morgen begrüßte mich mit Kontrastprogramm: fast wolkenloser, strahlend blauer Himmel bei 11 °C. Zunächst ging es noch eine  Weile durchs Gebirge. Entlang dem Stausee Embalse de Santolea wurde auch gerade die Straße erneuert und ein Gänsegeier-  Schwarm zog vorüber. Beim Ort Castellote konnte ich einen Gänsegeier schön lange beobachten und einen Mann, der mit Esel zur  Feldarbeit unterwegs war. Nahe des nächsten Ortes Mas de las Matas steht auf einem Hügel eine Kapelle, von wo man einen  wunderschönen Blick auf den Ort und die ihn umgebende Huerta hat. Vorbei am Embalse de Calanda mit seinen Geier-Brutfelsen  erreichte ich schließlich mein Ziel: Heute und die folgenden Tage wollte ich eine Region besuchen, die im "Reiseführer Natur -  Spanien", Roberto Clabo, 1991 unter  Ebro-Becken zwischen Zaragoza und Lleida  zu finden ist. Hier gibt es die so "typisch spanische" Landschaft: dürre, leere, baumarme Steppe.  Der Ebro entspringt im Kantabrischen Gebirge, nur 45 km vom Atlantik entfernt, fließt dann aber nicht dorthin, sondern Richtung Osten,  wo er nach 910 km ins Mittelmeer mündet und damit der längste Fluss der Iberischen Halbinsel ist. Zunächst windet er sich zwischen  Pyrenäen und Iberischem Randgebirge hindurch, um dann das Ebro-Becken zu durchfließen; das letzte Stück muss nochmals ein  Küstengebirge durchschneiden. Das Ebro-Becken entstand im Tertiär als Zwischensenke bei der Auffaltung von Pyrenäen und Iberischem Randgebirge (vergleichbar  der Po-Ebene zwischen Alpen und Apennin) und war zunächst vom Meer bedeckt. Durch marine und Abtragungs-Sedimente  verlandete es. Diese Sedimentablagerungen wurden anschließend, in regenreicheren Epochen als heute, von Flüssen durchschnitten. Tafelberge, die stufenweise zum Talboden hin abfallen, sind Zeugen dieser Vergangenheit; ihre maximale Höhe liegt bei 900 m NN.  Die Flüsse waren bis in allerjüngste Zeit von dichten, urwüchsigen Galeriewäldern gesäumt, deren Grün in scharfem Kontrast zum  umliegenden Steppenland stand. Heute sind nur noch Reste davon erhalten, denn die Wälder mussten Ackerland und Kiesabbau  weichen. Es handelt es sich um eines der niederschlagsärmsten Gebiete Europas, da es im Regenschatten aller umliegenden Gebirge liegt.  Zusätzlich sind die wenigen Wälder durch jahrhundertelange Weidenutzung von Schafen und Ziegen stark degradiert, da kaum  Jungpflanzen hochkommen. So besteht die heutige Vegetation des Ebro-Beckens überwiegend aus Steineiche, Aleppokiefer,  Spanischem Wacholder und Kermeseichen-Gebüsch, die alle nicht gerne gefressen werden. Die erste Etappe führte durch flaches, ebenes Tafelland zum Ort Andorra (nicht d a s Andorra in den Pyrenäen!), vorbei am Kraftwerk  "ENDESA - central termica ′Teruel′". Das einzig Interessante an Andorra war ein Supermarkt. Als weitaus lohnender erwies sich  Alcañiz [338 m NN, 12.800 Ew.], wo ich gegen Mittag bei leichter Bewölkung und 24 °C ankam: Das in einer Schleife des Flusses  Guadalope gelegene alte Städtchen ist Mittelpunkt des Unter-Aragón und Zentrum der hiesigen Olivenölproduktion. Auf dem Hügel Pui  Pinos thront das Castillo de los Calatravos aus dem 12. Jh., das im 18. Jh. wesentlich umgebaut und verändert wurde und heute als  Parador dient. Im Stadtzentrum, an der Plaza de España, bilden das stadtwappengeschmückte Rathaus (16. Jh.) und die reich  verzierte, italienisch anmutende Lonja (15. Jh., früher Börse oder Markthalle, heute Kulturhaus) ein sehenswertes Ensemble. Nicht  weit davon steht die kathedralenähnliche, wuchtige Stiftskirche Colegiata de Santa María la Mayor von 1736 mit ihrem reich  geschmückten Portal und dem weiten Innenraum, wo der mächtige Hauptaltar und die kuppelgekrönten Kapellen beeindrucken. Es folgte noch jenes Stück Bergland, das der Ebro auf dem Weg vom Ebro-Becken zum Mittelmeer durchqueren muss. Hier fand  gerade die Mandel-Ernte statt; es gibt sogar Mandel-Vollernter - ein gegabelter Traktor-Anhänger, der den Baum in die Mitte nimmt und  eine regenschirmartige Plane auffaltet, dann wird der Baum geschüttelt und abgeklopft - und die Früchte fallen dank der Plane auf den  Hänger. Am Abend erreichte ich bei leichter Bewölkung und 20 °C meinen Übernachtungsort Maella, wo eine gotische Burg aus dem  16. Jh. steht.  Der nächste Morgen war wolkenlos bei 14 °C. Dem Río Matarraña folgend, entdeckte ich beim Abzweig nach Fabara ein Hinweisschild  auf ein Mausoleo Romanico (Römisches Grabmal), das ich mir anschauen wollte. Leider war es aber eingezäunt und abgeschlossen,  den Schlüssel hätte man sich in Fabara holen können - zu den Bürozeiten des Rathauses, also fast nie! So ging's weiter Richtung  Ebro. Plötzlich war die Abbruchkante erreicht und es ging in Serpentinen steil hinab zum Fluss, vorher aber machte ich noch mal  Station an einem Bürgerkriegsdenkmal, von wo ich eine herrliche Sicht auf den Ort Mequinenza [74 m NN] mit Castillo und den Ebro-  Stausee Embalse de Mequinenza hatte. Am Fluss nahm ich dann ein ausgiebiges Bad, da so etwas die letzten Tage zuerst wegen  Kälte und dann mangels Wasser ausfallen musste. Bei Mequinenza mündet der von Norden aus den Hochpyrenäen kommende Río Cinca in den Ebro. Ich folgte ihm flussauf, denn hier  sollten noch Auwald-Reste erhalten sein. Der Cinca ist hier von zwei Straßen gesäumt, westlich die stark befahrene N-211, östlich eine  nicht klassifizierte Nebenstraße, die später zum Feldweg werden sollte. Klar, dass ich die letzte nahm. Es waren Möwen und einige  Seiden- und Graureiher zu beobachten, leider wurden sie durch so ein paar rasende Motorbootler aufgescheucht. Spanier müssen in  der freien Natur immer irgendetwas Störendes machen: mit Land- oder Wasserfahrzeugen herumrasen, jagen, angeln, grölen, Feuer  machen - einfach nur so die Natur genießen scheint ihnen unmöglich zu sein! Den versprochenen Auwald fand ich dann zum Glück  doch noch. Als azonale Vegetation sieht er auch hier so aus wie in fast ganz Europa: Pappeln, Weiden, Lianen und ... Mücken! Aber es  geht ihm nun an den Kragen - der Feldweg wird gerade zur Schnellstraße ausgebaut, dann gibt es beidseitig des Flusses nur noch  rollendes Blech. In La Granja d'Escarp [78 m NN], schon zu Katalonien gehörend, ging ich einkaufen, um dann nach Fraga, wieder in Aragonien, zu  fahren. Fraga [120 m NN] entstand aus einer Ansiedlung der Iberer in malerischer Lage am Hang des Río Cinca inmitten einer fruchtbaren  Ebene. Die Römer nannten den Ort Gallica Flavia. Interessant an der mittelalterlich wirkenden Stadt sind die für Aragonien typischen  Backsteinhäuser. Adelshäuser und die ursprünglich romanische Kirche San Pedro (12. Jh.), über einer Moschee errichtet und später  umgebaut, sind die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ich stieg bei wolkenlosem Himmel und 30 °C zum höchsten Punkt des Ortes eine  ziemlich steile Straße hoch und war dort ganz außer Atem, wurde aber durch eine schöne Sicht auf Stadt und Fluss entschädigt. Durch  das enge Gassengewirr der Altstadt ging ich, die Plaza Mayor mitnehmend, zurück zu Fluss und Auto. Dort am Ufer der Cinca war ein  Graureiher auf Beutesuche, keine 20 m von der lärmenden Autostraße entfernt. Bei der Suche nach der Ortsausfahrt fand ich zufällig  einen Supermarkt, wo ich endlich neue Sandalen kaufen konnte - die Sohlen meiner alten waren schon total zerschlissen, ich hatte sie  während der bisherigen vier Urlaubswochen völlig abgelatscht. Ich folgte der Cinca weitere 30 km flussauf durch eine grüne, fruchtbare Niederung, wo Obst und Gemüse angebaut werden.  Unterwegs entdeckte ich Schwalbenschwanz-Falter und einen kleinen Bewässerungsbach, an dem Prachtlibellen flogen. Bei Albalete  de Cinca wechselte ich auf die westliche Flussseite, wo sich eine Abbruchkante entlangzieht. Bei Alcolea de Cinca [186 m NN] flogen  vor der Steilwand Alpenkrähen in der Thermik, die ich zunächst nur hörte, dann aber auch noch entdeckte.  Nach einigen Kilometern steht auf dem Plateau die Kapelle Virgen de la Chalamera, zu der ein besseres Bachbett als Weg  hinaufführt. Da der VW - und ich - einiges gewohnt sind, schafften wir auch diesen Aufstieg. Dort oben befand sich ein  wasserführender kleiner Tümpel mit Libellen und Fröschen. Auf dem Steppenboden liefen unzählige längs gestreifte Tausendfüßer  umher, außerdem fand ich noch etliche andere Kleintiere. Die Kapelle war abgeschlossen und gab von außen nichts her. Also ging's  wieder runter zur Cinca und nach Ballobar [153 m NN], von wo eine kleine, als "schön" markierte Straße durch die östlichsten  Ausläufer der Monegros führt. Und wirklich - schön war die Strecke auch. Die Monegros sind ein steppenartiges Hügelland mit  Tafelbergen und tiefen Erosionstälern, genau wie im Naturführer beschrieben. Ich sollte am nächsten Tag noch viel mehr davon  entdecken; für heute war Übernachtungsplatzsuche angesagt. In der Kleinstadt Sariñena [280 m NN] wurde ich fündig. Es war noch 21 °C warm bei wolkenlosem Himmel, und der ganze Ort war auf  den Beinen, so dass auch ich nicht schlafen konnte. An einer Hauswand entdeckte ich eine Mittelmeergrille und einen jungen  Mauergecko, an denen ich erstmals die 'Nightshot'-Funktion meiner Videokamera austestete. Dabei wird das Motiv mittels Infrarot-  Strahler 'beleuchtet' - der Fotochip ist sowohl für sichtbares Licht als auch für kurzwelliges Infrarot empfindlich.  Sariñena liegt in der fruchtbaren Ebene des Río Alcanadre, ganz in der Nähe führt auch der Bewässerungskanal Canal de Monegros  vorbei. Da es nachts ziemlich abgekühlt hatte und der Morgen wolkenlos bei 12 °C war, lag über den Feldern leichter Bodennebel. Auf  einem Paprika-Feld wurde gerade geerntet, in der Nähe machte ich Frühstück und fand auch einen Brunnen, um den Wassertank  wieder aufzufüllen. Zunächst wollte ich den zentralen Teil des Hügellandes Los Monegros erkunden, das sich zwischen Zaragoza und  Lleida erstreckt und in der Sierra de Alcubierre 822 m NN erreicht. Von der Passhöhe über die Sierra de Pallaruelo [ca. 500 m NN]  konnte ich hinter der Cinca-Ebene sogar die Pyrenäen erkennen.  Auf einem Hügel über dem Ort Castejón de Monegros [470 m NN] gibt es ein Castillo, von dem man wiederum eine herrliche  Rundum-Sicht hat. Im Ort selbst schoss ich eine ganze Serie Schüler-Wandmalereien, die sich mit dem Thema Umweltschutz  beschäftigen - hoffentlich denken sie als Erwachsene auch noch so! Nochmals ging es über einen Pass, dort erkundete ich die Vegetation etwas genauer. Die Berglagen sind noch bewaldet, da es zur  Nutzung zu steil und zu steinig ist. Der Wald wurde von Aleppokiefern mit einigen Steineichen gebildet, der Unterwuchs besteht aus  Sträuchern wie Kermeseichen, Terpentin- und Mastixsträuchern. Am Fuß des Passes war ein Wasserloch, an dem ich eine  Theklalerche beobachtete. Dort erklomm ich einen Tafelberg von ca. 50 m Höhe - das war eine tolle Sicht! Weiter ging es dann nach  La Almolda [491 m NN]; unterwegs begegnete ich zwei riesigen Schaf- und Ziegenherden mit mehreren Hundert Tieren - durch die  umgebundenen Glocken und das Mähen und Meckern waren sie meilenweit zu hören. In dieser Trockensteppe entdeckte ich auch  einige bis 5 cm lange Riesen-Raubfliegen, die sich immer wieder auf den Boden setzten. Bei dem Ort war eine große Stall-Anlage für  Schweine, Hühner und Schafe mit ihren charakteristischen, metallenen Silo-Türmen. Der Himmel war mittlerweile leicht bewölkt bei 26  °C. Über Bujaraloz [327 m NN] führte der Weg nach Südwesten entlang der Montes de la Retuerta de Pina zum Río Ebro durch das  Ödland 'Las Planas' mit einigen, zur Zeit fast ausgetrockneten, Wasserflächen. Nur die Laguna la Playa führte noch etwas Wasser.  Wasservögel waren leider kaum zu sehen, jedoch war es interessant, in Ufernähe die zerfallenden Häuser, darunter ein ziemlich  großes, zu sehen. Tauben und Stare hatten sich eingenistet und stürzten in Scharen heraus, als ich mich näherte. Nach einigen  Kilometern kam ich an die Abbruchkante zum Ebro. Genau auf der Kante steht ein Kirchlein, von dem sich ein wunderbarer Blick ins  Tal bot, die Ermita Virgen de Montler.  Das in der Nähe, ebenfalls am Ufer des Ebro gelegene Kloster Monasterio de Rueda wurde im Übergangsstil von der Romanik zur  Gotik Anfang des 13. Jh. durch Alfonso II. gegründet, jedoch im Jahre 1835 aufgelöst. Es soll neben der sehenswerten dreischiffigen  Kirche noch einen gotisch-byzantinischen Kapitelsaal, einen romanisch-gotischen Speisesaal, eine Bibliothek und eine Küche  besitzen. Sehenswert sei auch der 1610 erbaute Palast der Äbte mit einer Fassade im Herrerastil. Leider befand sich die gesamte  Anlage in Restaurierung und war daher nicht zu besichtigen. Nach Überquerung des Río Ebro führte die Landstraße A-1404 auf dem  südlichen Hochplateau weiter nach Westen; es war nochmal ein schöner Blick hinunter ins Ebro-Tal. Unterwegs nahm die Bewölkung  immer mehr zu, und am Abend sollte es auch noch regnen. Das Städtchen Azaila [276 m NN] auf der Hochfläche der Meseta befindet sich auf geschichtsträchtigem Boden. Etwa 1 km vom Ort  entfernt findet sich auf einem Hügel eine Acrópolis Ibérica, ein Dorf der Iberer aus dem 1. Jh. v.d.Z., genannt Cabezo de Alcalá. Es  sind noch Reste von Straßen und Häusern sowie eine keltische Nekropole zu sehen. Der Himmel bewölkte sich langsam, es waren  aber noch 26 °C.  Der folgende Ort westwärts, Belchite, wurde im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) so stark zerstört, dass er von seinen Bewohnern  verlassen wurde. Zum Gedenken wurde aber alles genauso belassen wie vom Krieg gezeichnet: Haus- und Kirchenruinen, Schutt,  Bombeneinschläge, zerstörte Hauseinrichtungen...; ein sehenswertes Zeugnis jüngster spanischer Geschichte. Etwas nördlich wurde  das neue Belchite erbaut; dort verbrachte ich die Nacht, in der es bei 20 °C einige Schauer gab. Zuvor hielt ich mich den restlichen  Abend 5 km westlich am Fuß eines Hügels mit einer großen Wallfahrtskirche - Nuestra Señora del Pueyo - auf.  Auch der nächste Tag war wettermäßig nicht so schön, schon morgens war es bei 14 °C ziemlich wolkig. Der nächste Ort hätte auch  Interessantes zu bieten: in Fuendetodos [180 Ew.] steht das Geburtshaus des berühmten Malers Francisco de Goya (1746-1828), das  macht aber wohl erst um 10 Uhr auf und so verzichtete ich auf den kleinen Abstecher, denn Zaragoza, die Hauptstadt Aragóns, stand  auf dem Programm. Dorthin waren es noch ca. 40 km durch das Hügelland 'Llanos de la Plana' [bis 715 m NN]. Hier waren die  Talflächen und die Hangfüße landwirtschaftlich genutzt, während die mittleren und oberen Hügellagen Trockenvegetation in Form von  Kleinsträuchern trugen. Ein paar kleine Dörfer lagen verstreut im ansonsten menschenleeren Gebiet; ich passierte Puebla de  Albortón, Valmadrid und Torrecilla de Valmadrid - und dann lag es vor mir: