Made with MAGIXReisebericht16. August - 4. Oktober 1999Teil 2: AragónZaragoza [200 m NN, 600.000 Ew.],Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und Regionshauptstadt von Aragón, zugleich Sitz einer berühmten Universität. Leider hatte essich inzwischen total zugehängt, der Himmel war bedeckt und grau in grau bei immerhin 27 °C, die Sonne schimmerte aber leichtdurch. Ich suchte in altbewährter Manier, wie immer bei größeren Städten, einen Parkplatz am Stadtrand - so nahe, dass manproblemlos ins Zentrum spazieren kann, aber weit genug weg, dass es nichts kostet. Diese Taktik klappt fast immer ganz gut, hiermusste ich nur aufs andere Ebro-Ufer (das nördliche) fahren und stellte den Bus in ein Wohngebiet; da ist er auch sicherer als aufeinem Touristenparkplatz! Jetzt nur noch den Fluss überqueren und nach 10 Minuten war ich im Zentrum. Von unterwegs hatte icheinen tollen Panorama-Blick auf die Silhouette von Zaragoza: Im Vordergrund der Río Ebro, dahinter die wichtigstenSehenswürdigkeiten: Catedral La Seo, Palacio Arzobispal, Lonja, Ayuntamiento, Basílica de Nuestra Señora del Pilar und Puente dePiedra. Die Situation erinnert stark an den Canaletto-Blick (Dresdens Altstadt vom Neustädter Elbufer aus)!Die meisten Sehenswürdigkeiten liegen an der 500 m langen Plaza del Pilar, die sich ca. 100 m entfernt parallel zum Ebro erstreckt.Zunächst begab ich mich zur Catedral La Seo, einer 1119-1520 an der Stelle der maurischen Hauptmoschee erbauten fünfschiffigenKirche; das Hauptportal stammt von 1795. Das Innere enthält im Chor ein prachtvolles Gitter und spätgotisches Gestühl. Der Trascoromit dem Christusaltar ist ein Meisterwerk der Renaissance. In der Capilla Mayor erhebt sich hinter dem Altar ein großer alabasternerRetablo, dessen drei große Bildtafeln Juan de Suabia ('Meister Hans aus Schwäbisch Gmünd'!!!) 1473-1477 schuf. Es gibt nochzahlreiche schöne Seitenkapellen, da jedoch wie fast immer das Fotografieren und Filmen verboten war und es unverständlicherweiseauch keine Kaufdias gab, kann ich mich kaum noch daran erinnern.Zurück auf der Plaza del Pilar passierte ich zunächst den Palacio Arzobispal (Erzbischöfliches Palais), ein klassizistisches Gebäudeaus dem 18. Jh. Daneben steht die äußerlich schlichte Lonja, ein 1551 vollendeter stattlicher Renaissancebau mit einem einzigengroßen Saal, der schönen Wappenschmuck und ein beachtliches Gewölbe aufweisen soll und früher als Börse diente; leider wird sienur zu besonderen Anlässen geöffnet. Es folgte das Ayuntamiento (Rathaus), vor dem sich ein modernes Denkmal befindet.Das größte historische Bauwerk Zaragozas und zugleich sein Wahrzeichen, die Wallfahrtskirche Basílica de Nuestra Señora del Pilar,auch Virgen del Pilar genannt, nimmt mit 132 x 67 m den größten Teil der Nordseite der Plaza del Pilar ein. Der Legende nach wurdediese Kirche am Ort eines Marienwunders erbaut, bei dem die Muttergottes am 2. Januar des Jahres 40 dem nach Compostelaziehenden Apostel Jakobus erschienen sein soll. Dabei hat sie wundersamerweise eine Säule (span.: pilar) hinterlassen, um dienacheinander mehrere Kapellen errichtet wurden. Die heutige Basilika besitzt eine große Mittelkuppel, zehn kleinere Azulejoskuppelnund vier hohe Ecktürme; sie wurde 1681 von Francisco Herrera dem Jüngeren begonnen und 1753 von Ventura Rodriguez fortgeführt,aber erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausgebaut. Im klassizistisch gestalteten Inneren zeigt der Chor ein schönes Gitter von1574 und ein prächtiges platereskes Gestühl von 1548. Auch das gotische Retablo aus z. T. farbigem Alabaster ist sehenswert. ImOstteil des Kirchenraumes befindet sich die Capilla de Nuestra Señora del Pilar, das bedeutendste Heiligtum der Kirche. Es ist mitprachtvollen Deckengemälden von Alejandro González Velázquez ausgemalt; weitere Kuppeln tragen Deckenfresken von Bayeu(1781) und Francisco de Goya (1771). An der Westwand der Kapelle steht über drei kerzenbeladenen Altären die aus dem frühen 15.Jh. stammende kleine Alabasterfigur der Jungfrau auf dem silberbeschlagenen, marmornen 'Pilar' , die täglich mit einem neuenUmhang bekleidet wird. Zwischen der Kapelle und dem Hauptaltar im nördlichen Seitenschiff befindet sich ein Stein mit demangeblichen Fußabdruck der Jungfrau, den viele Gläubige küssen. In der Basilika war Fotografieren und Filmen anscheinend erlaubt;als ich eintrat sah ich jedenfalls trotz genauem Hinsehen kein Verbot, und drinnen machten viele Leute Bilder. Nur beim Verlassendurch eine andere Tür entdeckte ich dort das bekannte Foto-/Video-Verbotsschild - aber ich hatte meine Bilder bereits im Kasten!An der Westseite der Plaza del Pilar befindet sich noch ein interessanter Brunnen und ein weiterer Mudéjar-Turm, der Torreón de laZuda, Relikt des ehemaligen maurischen Palastes, den der arabische Gouverneur im Jahre 918 errichten ließ. Von hier machte ichmich auf den Weg zur Einkaufszone, da ich hoffte, in der Provinzhauptstadt Kartenmaterial und Literatur über Aragón zu finden. Aufder Avenida de la Independencia, einer prächtigen, arkadengesäumten Promenadenstraße, war ich dann in einer großen Librería(Buchhandlung) auch erfolgreich. Nicht weit davon steht das ehemalige, im 15./16. Jh. in reichstem plateresekem Stil erbauteMonasterio de Santa Engracia, das 1809 durch die Franzosen fast völlig zerstört und 1898 wieder rekonstruiert wurde. SeinAlabasterportal aus der Gründerzeit blieb jedoch original erhalten und ist wirklich sehenswert. Ich marschierte in einem Bogen durchdie östliche Altstadt zurück zum Bus. Dabei kam ich an der mudéjaren Iglesia de San Miguel mit schönem Turm vorbei, wo geradeeine Hochzeit stattfand (es war mal wieder Samstag). Auch die aus dem 14. Jh. stammende und im 18. Jh. wesentlich umgebauteIglesia de Santa María Magdalena mit ihrem im Originalzustand erhaltenen herrlichen Mudéjar-Turm lag auf meinem Rückweg. Mitdem Bus fuhr ich dann zur letzten Station meiner Zaragoza-Besichtigungstour.Weit im Westen der Stadt erbauten die Mauren unter Aben-Alfage im Jahre 864 das Castillo de la Aljafería als Lustschloss ihrerKönige, das zwischen 1030 und 1081 seine größte Erweiterung erfuhr. Nach Vertreibung der Mauren übernahmen Benediktiner dasSchloss und richteten darin ihr Kloster ein. Im 14. und 15. Jh. wurde es als Schloss der Könige von Aragón genutzt. Auch die 'ReyesCatólicos' (Katholische Könige) und schließlich die Inquisition residierten hier. Heute dient der Bau als Sitz des aragonischenRegionalparlaments. Obwohl 1809 während der französischen Belagerung größtenteils zerstört, ist es das einzige noch halbwegserhaltene maurische Bauwerk Zaragozas! Erst im 20. Jh. machte man sich an den Wiederaufbau, der bis heute noch nichtabgeschlossen ist. Samstags ist der Eintritt frei, allerdings nur mit (ebenfalls kostenloser) Führung möglich. Leider wurde das Innerenur sehr grob rekonstruiert und ließ praktisch sämtliche Details vermissen; die original erhalten gebliebenen waren jedoch sehenswert.Von Zaragoza zum PyrenäenfußNördlich von Zaragoza am Río Gallego steht eine weitere Sehenswürdigkeit, die Cartuja de Aula Dei, ein 1564 von Fernando II.gegründetes Kartäuserkloster. Die Kirche, ein massiver Backsteinbau, besitzt ein kunstvoll gearbeitetes Portal. Den Kreuzungschmücken Bilder aus dem Leben des Hl. Bruno von Antonio Martinez; in der Klosterkirche mit ihrem schönen Rokokoportal findet mandie wichtigste Sehenswürdigkeit: Fresken von Goya aus dem Leben der Hl. Jungfrau (1772). Aber die Einfahrt zum Gelände warverschlossen und weit und breit kein Hinweis auf Öffnungsmodalitäten zu sehen; so machte ich mein obligatorisches Bild derAußenansicht und fuhr weiter am Río Gallego entlang in ein schönes Auengebiet mit Riesenschilf bei Peñaflor. Die eingezeichneteGallego-Brücke fand ich nicht und musste daher nochmals zurück nach Zaragoza, um von dort in westlicher Richtung zur Sierra delMoncayo [bis 2.315 m NN] weiter zu fahren, die zum Nordteil des Sistema Iberico (Iberisches Randgebirge) gehört.Am Fuße des Gebirgsstockes auf dem Gebiet des Ortes Vera del Moncayo liegt das Monasterio de Santa María de Veruela, daseinstmals bedeutendste Kloster Spaniens. Es wurde im Jahre 1146 von Zisterziensern am Platz der iberischen Siedlung La Oruñagegründet und im 15. Jh. vollendet; heute beherbergt es ein Jesuitenkolleg. Die Kirche des imposanten, von einer zinnengekröntenMauer umgebenen Klosters stammt aus dem 13. Jh. und repräsentiert den Übergang von der Romanik zur Gotik. Das Klostergeländewar leider abgesperrt und nur gegen einen Obolus zu betreten. Da sich jedoch etliche, vor allem ältere, Leute vor dem Eingangdrängelten, sah ich von einer Besichtigung ab und machte mich auf, den Berg zu erkunden.Ein Großteil des Berglandes ist zum Reservat 'Parque Natural de la Dehesa del Moncayo' erklärt. Die Hänge sind bewaldet, zunächstKiefern, weiter oben aber folgt Laubwald aus hauptsächlich Rotbuchen, die in Südeuropa nur die Montanstufe besiedeln und hier inNordostspanien die Südwestgrenze ihrer Verbreitung erreichen. Außerdem gibt es auch ein paar Fichten. An der serpentinenreichenStraße sind einige Parkplätze eingerichtet, an denen Info-Tafeln über das Gebiet aufgestellt wurden - eine Art Naturlehrpfad fürAutofahrer. Die Straße wurde bis zum Ende der befahrbaren Strecke in 1.620 m NN am Santuario de Nuestra Señora del Moncayoimmer steiler und steiniger. Vom Vorplatz bietet sich ein herrlicher Blick ins Tal des Ebro, aber der im Parterre des Gebäudes lärmende Kompressor störte die Ruhe ungemein; außerdem war es mit 13 °C ziemlich frisch. Vom Santuario aus gibt es etliche Wanderwege,auch bis zum noch 700 m höher liegenden Gipfel, die ich aber mangels Zeit und vor allem Kondition nicht weiter verfolgte.So machte ich mich auf den Rückweg ins Tal, wobei ich in einiger Entfernung einen riesigen Windpark mit Dutzenden von Windrädernentdeckte (später fand ich heraus, dass es sich um die Montes de Castejón handelt, fast 50 km entfernt). Schon in der Dämmerungerreichte ich bei wolkigem Himmel und 21 °C mein Ziel Tarazona, das ich am nächsten Tag erkunden wollte.Leider war es am anderen Morgen stark bewölkt mit einigen Regenschauern bei 13 °C. So musste ich gleich zu Beginn meinesRundganges eine längere Pause in einer Bar einlegen, wo ich mich aber sehr gut mit dem Wirt und zwei Gästen unterhielt. Erst nachetwa einer Stunde konnte ich aufbrechen. Das malerische alte Bischofsstädtchen Tarazona [475 m NN, 11.000 Ew.] am Río Queiles im Norden der Sierra de Moncayo ging aus der antiken iberischen Siedlung 'Turiasso' hervor. Zur Römerzeit gewann die Stadt durch denEisenerz-Abbau an Bedeutung. Im Mittelalter erkoren die aragonischen Könige Tarazona vorübergehend zu ihrer Residenz; imZentrum der Altstadt am Ufer des Queiles steht noch das ehemalige Königsschloss aus dem 14. Jh., heute Bischofspalais (PalacioEpiscopal). Wegen der vielen Baudenkmäler im Mudéjar-Stil nennt man Tarazona auch 'Toledo von Aragón'. So weist die Kathedrale,erbaut von 1162-1235 nach der Rückeroberung der Stadt von den Mauren, einen typischen Mudéjar-Backsteinturm von 1588 auf;leider war sie wegen Renovierung geschlossen. Auch die älteste Kirche der Stadt, die Iglesia de Santa María Magdalena, wird voneinem schönen, hohen Mudéjar-Turm überragt. Die Casa Consistorial (Rathaus), untergebracht in der ehemaligen Börse aus dem 16.Jh., besitzt eine äußerst prächtige Fassade mit Reliefs und Wappenfeldern; eine Bogengalerie im oberen Stockwerk verleiht demGebäude einen zusätzlichen Reiz. Besonders erwähnenswert finde ich die 1790-1792 erbaute Plaza de Toros Vieja (AlteStierkampfarena), die aus einem vierstöckigen, ringförmigen Gebäude besteht, in dem sich 32 Wohnungen befinden. Sie wird heutezwar nicht mehr als Corrida genutzt, aber die Wohnungen sind zu richtig schnuckeligen Appartements umgebaut worden und wirkenheute recht nobel.Ich verließ Tarazona über das Bergland um den Ort El Buste und erreichte in dessen unmittelbarer Nähe einen schönen Mirador(Aussichtspunkt), der passenderweise den Namen 'El Balcón de El Buste' [805 m NN] trägt: Man hat dort wirklich einen schönen Blicküber das Tal des Río Huecha zur Sierra del Moncayo. Bei Novillas überquerte ich den Río Ebro und drei Bewässerungskanäle, umTauste zu erreichen, das zu den 'Cinco Villas' ('Fünf Dörfer', die anderen vier sind Ejea de los Caballeros, Sádaba, Sos del ReyCatólico und Uncastillo) zählt. Der Ort liegt am Río Arba und besitzt eine sehenswerte, im Mudéjarstil erbaute Pfarrkirche, IglesiaParroquial de Santa María, (1243 begonnen) mit schönem, 72 m hohem, achteckigem Turm und wertvollem, platereskem Retablo amHochaltar.Ganz in der Nähe liegen die Montes de Castejón [bis 750 m NN], ein Hügelland mit vielen Windrädern - offensichtlich handelt es sichum eine sehr windige Gegend. Ich versuchte in die Nähe einer solchen Anlage zu gelangen, blieb dabei aber fast stecken, denn dertagelange Regen hatte die unbefestigten Feldwege in Schlammlöcher verwandelt. Bei der Überquerung des Gebirges geschah esdann aber doch noch: Für eine kurze Rast fuhr ich, schon vorsichtig geworden, auf einen gekiesten Feldweg ab, nur ein paar Meter -aber der Kies deckte nur den Schlamm darunter ab. Ich saß fest und beim Versuch herauszukommen rutsche der Bus nur noch weiterden leicht abschüssigen Weg hinunter. Es wurde auch immer steiler, und schließlich stand ich 50 m von der Straße entfernt. Es gabkeine Hoffnung mehr, aus eigener Kraft noch herauszukommen; also machte ich mich zu Fuß auf den Weg ins nächste Dorf Sierra deLuna [401 m NN], ca. 3 km entfernt, um Hilfe zu holen. Ein netter älterer Herr, vermutlich ein Bauer im Ruhestand, dem ich dieSituation schilderte, war spontan bereit, mir zu helfen. Ich erklärte ihm, dass der vorgesehene Geländewagen genauso abrutschenwürde wie mein Bus; also nahmen wir einen Traktor. Das Herausschleppen erwies sich als extrem schwierig, da auch der Traktor kaum Bodenhaftung hatte. Letztlich haben wir es aber mit vereinten Kräften von Traktor und Bus doch noch geschafft. Ich bot meinem HelferGeld an, das der aber partout nicht nehmen wollte. So blieb mir nur, ihm herzlich zu danken. Ich machte immer wieder die gleicheErfahrung: die einfachen Leute sind sehr nett und immer hilfsbereit!Es war schon ziemlich spät geworden und mein heutiges Ziel - Sos del Rey Católico - nicht mehr erreichbar. Auf der Karte entdeckteich in meiner Richtung in der Nähe von Luna [477 m NN] drei angeblich sehenswerte Kirchenbauten: die Iglesia de San Gil liegt aufeinem Hügel über Luna und war nicht erreichbar, das Convento de Monlora habe ich nicht gefunden. Lediglich das Santuario deNuestra Señora de Monlora fand ich lohnend; es liegt auf einem ca. 150 m hohen Bergrücken direkt über dem Tal des Río Arba de Bielund bietet einen schönen Anblick, außerdem hat man von da oben einen herrlichen weiten Blick übers Arba-Tal zu den Montes deCastejón. Nun waren es noch 25 km bis zum heutigen Übernachtungsort:Bei Ejea de los Caballeros [340 m NN] handelt es sich um das antike 'Segia' der Iberer, das am Zusammenfluss von Arba de Luesiaund Arba de Biel am Fuß der Pyrenäenzone liegt. Als Hauptort der 'Cinco Villas' entwickelte es sich zu einem bedeutendenlandwirtschaftlichen und industriellen Zentrum. Ich bezog mein Nachtquartier auf einem Hügel inmitten der Stadt, auf dem sich frühereine Festung König Alfonsos I. befand, von der nur noch die weithin sichtbare Iglesia de Santa María aus dem Jahre 1174 erhalten ist.Ihr Mudéjar-Turm war von etlichen Storchennestern mit den zugehörigen Vögeln besetzt; da die Kirche bei Nacht angestrahlt wurde,filmte ich das Geschehen gleich mal.Am Morgen machte ich bei wolkigem Himmel und nur 10 °C einen kleinen Stadtrundgang. Von meinem kirchengekröntenÜbernachtungshügel stieg ich zur Altstadt hinab auf der Suche nach der romanischen Wehrkirche El Salvador von 1222, die leider totaleingerüstet und auch gesperrt war, so zog ich unverrichteter Dinge wieder ab.Danach kam ich nach Sádaba [430 m NN], das von einem großen, gut erhaltenen mittelalterlichen Castillo (13. Jh.) im Zisterzienser-Stil überragt wird, die einen quadratischen Grundriss und neun ebenfalls quadratische Türme besitzt. Bemerkenswert ist auch diegotische Pfarrkirche Iglesia Parroquial de Santa María aus dem 14. Jh., deren achteckiger Turm als schönes Beispiel für die gotischeBaukunst Spaniens gilt.Nördlich und nordöstlich von Sádaba steigt das Gelände stetig an, das Ebro-Tiefland geht hier in die Vorpyrenäen über, die demPyrenäen-Hauptkamm vorgelagert sind und z. T. auch schon beachtliche Höhen von 1.500-2.000 m NN erreichen.Durch die Vorpyrenäen nach OstenÜber den Puerto de Sos [856 m NN] geht es weiter nach Sos del Rey Católico [520 m NN, 900 Ew.]. Dieses Festungsstädtchen aufeinem Ausläufer der Sierra de la Peña hat sich sein mittelalterliches Stadtbild mit Stadtmauer und schönen Stadttoren weitgehendbewahrt. Hier wurde 1452 im Palacio de Sada (12. Jh.) der spätere König Fernando de Aragón, genannt 'el Rey Católico', geboren. Ander Plaza de la Villa stehen das Renaissance-Rathaus Casa de la Villa (16. Jh.) und die schöne Lonja Medieval mit Gartenanlage; vom Platz kommt man zur romanischen Pfarrkirche Iglesia Parroquial de San Esteban (11./12. Jh.) mit einem Figurenportal und sehr guterhaltenen Wandmalereien aus dem 14. Jh. Oberhalb der Kirche am höchsten Punkt des Ortes stehen die Reste des Castillos (12. Jh.) mit gut erhaltenem Turm; von hier oben hatte ich einen schönen Blick über Ort und Umgebung. Auf der Weiterfahrt durchquerte icheine zu Navarra gehörende Enklave von wenigen Quadratkilometern und entdeckte auch einen charakteristischem Bauernhof mit einerArt Futterturm.Auf dem Felshang Ayllón über dem Ort erhebt sich eine einst mächtige Burg aus dem 12. Jh., von der Uncastillo (un castillo = eineBurg) seinen Namen ableitet; heute ist davon nur noch ein einsamer Turm übrig. Von den Kirchen ist die romanische Santa María laMayor mit ihrem sehr schönen Südportal und dem plateresken Kreuzgang besonders zu erwähnen. Die Casa Consistorial (Rathaus)zeigt eine reich gearbeitete Fassade. Wegen seines mittelalterlichen Gepräges mit den hübschen engen Gassen wurde Uncastillooffiziell zum kunstgeschichtlich interessanten Ort erklärt ('Conjunto Histórico Artístico').Von Uncastillo führt die schöne kleine Landstraße A-1202 durch die Sierra de Luesia mit dem Ort Luesia, über dem ein Castillo thront,nach Osten Richtung Huesca. Der nächste Ort Biel-Fuencalderas besteht aus zwei 10 km auseinander liegenden Teilen. Immittelalterlichen Städtchen Biel [760 m NN] steht ein romanischer Turm aus dem 11. Jh. Auf der Weiterfahrt durch die Sierra deSalinas nach Ayerbe überquere ich den Puerto Sierra Mayor [902 m NN]; von ihm hat man einen wunderbaren Panoramablick auf dieSierra de Santo Domingo [Santo Domingo: 1517 m NN] und die Sierra de Loarre [Pusilibro: 1597 m NN]. Zu erkennen sind Agüero,Riglos mit seinen 'Mallos', und sogar das Castillo de Loarre.Schließlich erreichte ich das Städtchen Ayerbe [582 m NN] bei leichter Bewölkung und 18 °C. Hier gilt der Palacio des Marqués (15.Jh.) mit seiner schönen Fassade als sehenswert. Er wurde für Hugo de Urries, einen Diplomaten am Hofe der Reyes Católicos, erbaut. Heute befindet sich darin eine Bank. Auch der Torre del Reloj (Uhrturm) fiel mir auf; er ist ein Überbleibsel der früher hier stehendenKirche Santa María de la Cueva. Beide Gebäude liegen an der Plaza de Ramón y Cajal de Santiago, wo sich auch einige Läden undCafés befinden. Etwas abseits steht noch die Pfarrkirche Iglesia Parroquial, früher Teil eines Dominikanerklosters, mit einem schönenHolzportal; ich entdeckte sie erst am nächsten Morgen, da ich fast davor übernachtete.Da es noch lange hell sein würde, beschloss ich, noch am Abend nach Riglos [678 m NN] zu fahren, um die besonders sehenswertenFelswände Mallos de Riglos zu besuchen, die ich schon vom Puerto Sierra Mayor aus 12 km Entfernung entdeckte. Dabei handelt essich um 600 m senkrecht aufragende Felsen, die als Mekka der spanischen Freikletterer-Szene gelten - und es waren auch einigeGruppen unterwegs. Mich interessierten besonders die Spalten und weißen Flecken in den Wänden: Gänsegeier-Nester, darunter dievom Kot bespritzten Stellen. Es flogen auch Dutzende Geier herum, zusätzlich gab es Alpenkrähen zu hören und sehen. Die Klettererhaben bestimmte Routen, von denen sie nicht abweichen dürfen, um die Vögel nicht zu sehr zu stören. Da es nun schon dämmerte,fuhr ich zur Übernachtung nach Ayerbe zurück. Abends gingen noch einige Regenschauer nieder.Am nächsten Morgen bei bedecktem Himmel und nur 11 °C machte ich noch einen kleinen Rundgang durch Ayerbe, bevor ich zumCastillo de Loarre [1.100 m NN] aufbrach, das ca. 10 km entfernt am Fuß der Sierra de Loarre liegt. Dabei handelt es sich um eine derschönsten romanischen Burgen Spaniens, die König Sancho I. Ramírez ab 1076 am Ort des römischen Kastells 'Calagurris Fibularia'erbauen ließ; bis ins 12. Jh. war sie auch Residenz. Ein doppelter Mauerring mit Rundtürmen umgibt die Anlage, aus der derrechteckige Bergfried und die Kirche Santa María hervorragen. Diese gehört zu einem in der Burg befindlichen Augustinerkloster undwurde über einer Krypta erbaut. Zuerst fuhr ich am Castillo vorbei den Berg weiter hoch, um die Anlage von oben zu fotografieren.Wieder zurück entdeckte ich ein Zelt und einen Kombi mit deutscher Nummer "EE" (Elbe-Elster-Kreis, Bad Liebenwerda), davor einejunge Familie mit zwei Kindern beim Camping-Frühstück - das erinnerte mich sehr an meine Vor-Wohnmobil-Zeit mit meinem altenVW-Passat Kombi! Ich näherte mich vorsichtig, um die Leute nicht zu erschrecken; ich wollte mich etwas unterhalten. Sie waren sehrnett und - sie kamen aus Dresden; das Auto war nur vom Bruder/Schwager geliehen. Wir tauschten Reiseerlebnisse aus, dabei erfuhrich, dass sie zwei Wochen Pyrenäen bei ziemlich schlechtem Wetter hinter sich hatten und am nächsten Tag zurückfahren müssen -die Armen! Ich hatte noch viel Zeit, aber die drei Stunden, bis um 10 Uhr das Castillo endlich seine Pforten öffnet, waren mir dann dochzu lange; so verabschiedete ich mich, nicht ohne vorher die Adresse der Dresdner erhalten zu haben.Für heute stand hauptsächlich noch Huesca auf dem Programm, aber der nächste Ort Bolea [685 m NN] wirkte ziemlich attraktiv mitseiner ihn überragenden Kirche auf einem Hügel. Die Gassen waren sehr eng und ich fand nur mit Mühe den Weg zur Plaza Mayorund einen Parkplatz für den Bus. Dort stand eine weitere Kirche, Iglesia de Santo Tomás. Den Hügel erstieg ich zu Fuß und besichtigtedie dort aufragende imposante Stiftskirche Colegiata Iglesia Parroquial de Santa María. Danach gings dann endgültig weiter nachHuesca [488 m NN, 45.000 Ew.].An den Abhängen eines Hügels über dem Río Isuela gelegen, ist Huesca die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz.Ich suchte zuerst einen Aussichtspunkt auf - das im Westen der Stadt auf einem Hügel gelegene Santuario de San Jorge, von dem icheinen schönen Blick auf Huesca hatte. Es gab sehr viele Wohnblocks zu sehen und mittendrin eine Erhebung mit Kirche - dort mussdas Stadtzentrum liegen. Die Kirche erwies sich als gotische Kathedrale aus dem 13./16. Jh., die an der Stelle eines römischenTempels, einer Kirche der Westgoten und einer arabischen Moschee errichtet wurde. Sie besitzt ein schönes, figurenreichesHauptportal von 1305. Im dreischiffigen Inneren gilt der alabasterne Hochaltar von 1520-1533 als das Meisterwerk des BildhauersDamián Forment. Gegenüber der Kathedrale steht das 1578 im Renaissancestil errichtete Ayuntamiento (Rathaus), dessen Vorhalleund Treppenaufgang mit Skulpturen von Juan Miguel de Orliens ausgeschmückt sind. Grausige Berühmtheit erlangte die Stadt durchdas hier stattfindende Ereignis der "Glocke von Huesca": Im 12. Jh. rief König Ramiro II. seine Vasallen unter dem Vorwandzusammen, eine Glocke einzuweihen, die in ganz Aragonien zu hören sein soll. Die aufmüpfigsten 16 der angereisten Edelleutewurden enthauptet, ihre Köpfe in Glockenform angeordnet und einer als Klöppel darüber gehängt - das war wirklich im ganzen Land zuhören!! Die Innenstadt mit ihren schmalen Sträßchen wird umschlossen von der Ringstraße Coso Alto - Coso Bajo. An ihrem Rand liegt der Parque Municipal, den ich nach der Stadtbesichtigung zur Entspannung aufsuchte - bei wolkigem Himmel und 22 °C war das sehrangenehm; ganz in der Nähe hatte ich auch geparkt.Auf der Weiterfahrt Richtung Osten passierte ich nach 5 km bei Quicena [476 m NN] die Ruinen des 1085 von König Sancho I.Ramírez zur Rückeroberung von Huesca gegründeten Monasterio de Monte Aragón, das 1835 aufgegeben wurde und kurz daraufniederbrannte. Die in der Nähe bei Ibieca [640 m NN] liegende Iglesia de San Miguel de Foces (13. Jh.) mit Wandmalereien und einerMarienstatue habe ich trotz Suche nicht gefunden; so fuhr ich durch das schöne Hügelland der südlichen Sierra de Guara mit denFlüssen Río Alcanadre und Río Isuala. An einer Brücke über ersteren stürzten sich Bungee-Springer aus Deutschland (!) in die Tiefe.Vorbei an dem malerisch liegenden Radiquero erreichte ich das in herrlicher Lage an einen Felsen am Rand der Río-Vero-Schluchtgebaute Alquéar [660 m NN, 310 Ew.], das von einer Burg mit Stiftskirche überragt wird. Die von den Mauren errichtete Burg (Alcázar)wurde von Sancho Ramírez erobert, im 11./12. Jh. baute man die heute noch erhaltenen Befestigungsmauern und eine Kirche, die1530 durch den Neubau der Colegiata ersetzt wurde. Der Río Vero führt durch eine eindrucksvolle Schlucht (Cañón del Río Vero) biszu einer Römerbrücke (Puente romano de Villacantal). Nach wenigen Kilometern, es begann schon zu dämmern, traf ich bei leichterBewölkung und 18 °C in Barbastro ein, wo ich neben dem Busbahnhof, der in einer großen Halle untergebracht ist, übernachtete. DerLärm war zwar lästig, aber ich bin da ja einiges gewöhnt und konnte sehr gut schlafen.Am Morgen besichtigte ich zunächst bei leichter Bewölkung und 15 °C meinen Übernachtungsort. Barbastro [215 m NN, 16.000 Ew.]liegt im Zentrum der fruchtbaren Somontano-Landschaft am Ausgang zweier wilder Pyrenäen-Hochtäler am Río Vero. Die Stadt wurdezur Römerzeit von Decius Brutus gegründet, nach dem sie den Namen 'Brutina' erhielt. Unter den Mauren als Markt fürlandwirtschaftliche Produkte bekannt, wurde sie unter christlicher Herrschaft zum Bischofssitz und blieb es bis heute. Am 11.08.1137wurde hier auf einer Ständeversammlung die Vereinigung Kataloniens mit Aragonien beschlossen. Zugleich erfolgte die Verlobung vonPetronila, der Tochter des aragonischen Königs Ramírez II., mit Ramón Berenguer IV., dem Grafen von Barcelona. Die spät gotischeKathedrale, eine für das 16. Jh. in Spanien typische Hallenkirche, wirkt durch die zierlichen Pfeiler sehr hoch. Die Stadt machte aufmich einen sehr negativen Eindruck, es gab kaum schöne, ruhige Ecken oder Plätze, alles war heruntergekommen und dreckig, undüberall lärmte der Verkehr oder irgendwelche Baumaschinen. Insgesamt halte ich Barbastro für eine der am wenigsten attraktivenStädte Spaniens, jedenfalls derer, die ich bisher kenne. Daher verließ ich die Stadt auch sehr schnell wieder Richtung Pyrenäen.Das nordöstlich von Barbastro zwischen Río Cinca und Río Noguera Ribagorzana gelegene Gebiet wird als Ribagorza bezeichnet. Esumfasst die ganze Vielfalt der Pyrenäenlandschaft von den Vorbergen bis zu den höchsten Gipfeln im Maladeta-Massiv. Seit derJungsteinzeit besiedelt, trägt die Architektur doch überwiegend romanische Züge. Im Mittelalter war Ribagorza eine wichtige Grafschaftdes Königreichs Aragón.Zunächst folgte ich (wieder mal) dem Río Cinca flussauf. Er fließt hier durch ein ausgeprägtes Alluvial-Tal, d. h. der Talgrund ist mitSchwemmstoffen (Sand und Kies) eben aufgefüllt und der Fluss mäandriert auf dieser Ebene hin und her. Ich entdeckte eineFischzuchtanlage, die genau in dieses Gebiet hineingebaut war - das nächste richtige Hochwasser wird sie sicherlich wiederentfernen. Zwar fühlen die Leute sich sicher, da oberhalb zwei Stauseen (Embalse de El Grado und Embalse de Mediano) mitzugehörigen Kraftwerken liegen, die auch die Wassermassen zurückhalten sollen, aber bei einem richtigen Unwetter nützt das auchnichts mehr. Man beobachtet diesen Fehler immer wieder: Industrie- und manchmal auch Wohngebiete werden genau in dieÜberflutungszone großer Flüsse hineingebaut und hinterher kommt man mit Hochwasser-Schutzmaßnahmen nicht mehr hinterher -siehe Daimler-Benz in Rastatt und Wörth.Bei El Grado [467 m NN] befindet sich die Staumauer des ersten Stausees, an der ich eine interessante Entdeckung machte: Nochvom Bau der Mauer stehen in regelmäßigen Abständen Hunderte kleine Stahlarmierungen heraus - und auf jeder saß eineMehlschwalbe, andere flogen aufgeregt vor der Staumauer umher. Es waren sicherlich an die 1.000 Tiere, die sich die Thermik hier zuNutze machten, um Fluginsekten zu jagen. Vermutlich sammelten sie sich schon zum Flug nach Afrika, wo sie überwintern.Oberhalb des Stausees steht eine ziemlich große Kirche, die zu einem modernen Heiligtum gehört. Schon seit 1084 verehren dieEinwohner dieser Region die Marienstatue Nuestra Señora de Torreciudad, die sich in einer kleinen Einsiedelei befand. 1975 wurdeder heutige Wallfahrtsort Torreciudad [600 m NN] eingeweiht, und zwar auf Initiative des 1992 selig gesprochenen Monsignore JoséMaría Escrivá de Balaguer, der 1928 die Vereinigung Opus Dei (eine Art kirchlicher Geheimdienst) gründete. Auf eine genauereErkundung dieses auf Gruppen-Pilgerreisen eingerichteten Areal verzichtete ich. Von hier oben bietet sich jedoch ein schöner Blick aufden Embalse de El Grado.Über Puebla de Castro [649 m NN], das auf Ruinen einer römischen Siedlung entstand und eine romanische Kirche aus dem 11. Jh.besitzt, und den Embalse de Barasona am Río Esera erreichte ich Graus [604 m NN, 3.300 Ew.]. Das alte Dorf umgibt dieunregelmäßig angelegte Plaza de España, deren alte Häuser mit Fresken, geschnitzten Balken und Ziegelsteinlauben geschmücktsind.Das malerische Dorf Roda de Isábena [700 m NN] besticht durch seine faszinierende Berglage und die hier unerwartete Kathedralemit ihrem schönen Kreuzgang. Sie wurde von König Sancho Ramírez gegründet und 1067 eingeweiht, die Bauarbeiten zogen sichjedoch noch über Jahrhunderte hin, der Kreuzgang entstand im 12. Jh.Über La Puebla de Roda [743 m NN] mit seiner aus dem Jahre 1067 stammenden Wehrkirche erreichte ich das am Río Isábenagelegene Monasterio de Obarra, zu dem eine altertümliche, hoch gewölbte Bogenbrücke hinüber führt und das aus mehrerenGebäuden und Kapellen besteht. In einem Brombeergebüsch war eine ganze Kolonie von Laubheuschrecken beheimatet, die sich beiihren Aktivitäten gut filmen ließen.