Erstellt mit MAGIXReisebericht8. - 15. Juni 2019Mit dem TGV ans MittelmeerBereits im Januar 2019 haben wir diese Reise gebucht. Julia wollte mal nicht mit dem Womo in Urlaub fahren. Marseille kennen wirbeide nicht. Nur Bertram. Also suchten wir bei Ferienwohnung-direkt eine Ferienwohnung am Alten Hafen mit zwei Schlafzimmern undWLAN. Letzteres war Voraussetzung, dass es auch Julia gefallen könnte. Objekt 2477357 gehört vom 9. bis 16. Juni uns. DieZugfahrkarten kann man bei SNCF frühestens drei Monate vor Abfahrt buchen. Von Karlsruhe aus bei DB gebucht, würden wir rund 800Euro zahlen - mehr als das Quartier selbst. Also buchte Bertram über SNCF- vom 8.-15.6. ab Strasbourg - 1. Klasse für rund 400 Euro.Zum Glück bemerkten wir den Irrtum recht schnell. Eine E-Mail an unsere Vermieterin Catherine genügte und wir konnten dieFerienwohnung auf 8.-15.6. umbuchen. Am Samstag, 8. Juni 2019, traten wir unsere Fahrt dann an. Unser Freund Jürgen wollte uns unbedingtnach Strasbourg fahren, denn wir hätten ja noch ein teures grenzüberschreitendes Ticket benötigt. Mitgenügend Puffer fuhren wir gegen 10:15 Uhr in Karlsruhe ab. Bei Sonnenschein und Wind - wie am Meer.Ein guter Einstieg für unsere Fahrt ans Mittelmeer. Über die Wintersdorfer Brücke ging's nach Frankreichund in Roeschwog suchten wir einen Supermarkt auf. Wir brauchten noch Wasser für die Fahrt. Dennheute streikt das Personal der Bordrestaurants aller TGVs. Wir kamen so gut und ohne Stau nachStrasbourg, sodass wir ca. 1½ h vor Zugabfahrt am Bahnhof Strasbourg ankamen, was natürlich beiunserer 15-Jährigen sofort zu Protest und schlechter Laune führte. Das historische Empfangsgebäude aus dem 19. Jahrhundert ist zweistöckig, 128 m lang und besteht aus Buntsandstein aus den Vogesen. Seiteinem Umbau 2006/2007 wurde mit einer vor das Empfangsgebäude gesetzten Glaswand, die obengewölbt ist und an die Fassade des Gebäudes anschließt, ein neuer Vorraum geschaffen. Drei Plätze in einem klimatisierten Warteraum ließen uns dann die Zeit nicht zu lang werden. Im Internet habe ich noch gelesen, dass man sein Gepäck zur eigenen Sicherheitbeschriften müsse. Bertram erkundigte sich bei der Information und kam mit entsprechenden Gepäckbändern zurück. Am Bahnsteig 4 mussten wir uns erst mal orientieren, wo denn unser Wagen 2 zum Stehen kommen würde. Dabei war Julia mit ihremsehr guten Orientierungssinn eine große Hilfe. Sie wusste gleich, wie die Anzeigetafeln hier funktionieren. Die Abschnitte sind nämlichnicht in A B C unterteilt wie in Deutschland, sondern in S T U. Dazu verrät ein kleiner blinkender Punkt, wo genau im Abschnitt sich dieAnzeigetafel befindet. Unsere Plätze 73, 74 und 76 befinden sich erfreulicherweise im oberen Stockwerk des doppelstöckigen Zuges.Von hier hat man eine super Aussicht: zu Beginn der Reise auf die volle Länge des Schwarzwaldes zur Linken und auf die Vogesen zurRechten. Nun haben wir sechs Stunden Fahrt mit neun Stationen vor uns, die dank 1. Klasse doch recht bequem werden. Sechs Stunden Zugfahrt sind doch recht lang. In Dijon wurde noch ein zweiter Zug angehängt. Offenbar ist die Strecke am Wochenendeoder in den Ferien gut besucht. Die Sicht war phänomenal. Wir konnten bis zu den Alpen sehen. Hinter Lyon begann die Vegetation aufmediterran umzustellen. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Lyon und Avignon durften wir im Abendlicht auch einen Blickauf die dahinfliegenden berühmten Lavendelfelder werfen: ein blasses Lila, kein leuchtendes. Es war bereits 19 Uhr. Die Einfahrt nachAvignon war gigantisch. Über die breite Rhone fahrend erblickten wir links die weiße Cathédrale Notre-Dame des Doms d'Avignon voreinem blauen Himmel und der Kulisse der Berge. Ringsum die mediterrane Landschaft. Nach Aix-en-Provence ging es dann durchmehrere Tunnel mehr oder weniger unter der Stadt Marseille entlang. Bis zum Bahnhof St.-Charles.Der TGV-Bahnhof selbst gibt nicht viel her. Aber wenn man hinaustritt, blickt man zuerst auf Notre-Dame de la Garde, die Basilika, Wahrzeichen der Stadt Marseille. Eine große Freitreppe führte uns nunhinab in das Großstadtleben von Marseille. Marseille ist mit rund 862 Tausend Einwohnern nach Paris(2,2 Mio. Einwohner) Frankreichs zweitgrößte Stadt. Dabei umfasst das Stadtgebiet von Marseille mit240 km² (mehr als doppelt so groß wie Paris) neben dem bebauten Gebiet auch weite Naturflächen, vorallem Gebirge. Je weiter sich der Nordeuropäer nach Süden beziehungsweise gen Mittelmeer bewegt,desto schmutziger und stinkender kommt es ihm vor. Und so kam es dass Julia die Lust verlor,überhaupt hier zu sein. Es war voll (viele Menschen) und laut (vor allem das Hupen). Vom Bahnhof liefen wir mit unseren Trolleys Marseilles Haupteinkaufsstraße La Canebière in RichtungVieux Port. Der Name dieser Straße leitet sich vom Wort Canebe (Hanf) ab, denn sie wurde auf einem Arbeitsplatz von Seilern gebaut.Sie wurde dank dem Lied "Notre cane, Canebiere" unsterblich gemacht, ist 1 km lang und wird von Gebäuden des 18. und 19. Jh.eingesäumt. Dafür hatten wir an diesem Abend aber keinen Blick, denn wir wollten endlich unsere Ferienwohnung am Place aux HuilesNo 14 erreichen, ganz in der Nähe des Alten Hafens. Celine, die Kontaktperson unserer Vermieterin, wartete schon auf uns. DieFerienwohnung liegt im zweiten Stock eines typischen Hauses in Marseille. Wenn man das Haus betritt, denkt man: O Gott, wohin hates uns hier verschlagen? Der Hausflur alt, dunkel, stinkend und ungepflegt. Betritt man jedoch die dreifach gesicherte Ferienwohnung,vergisst man den ersten Schock sofort: Sie ist 38 m² groß und wirkt auf den ersten Blick sehr klein. Aber wenn man sich erst einmaleingewöhnt hat, ist sie ok. Denn trotz ihrer Kleinheit ist sie hochmodern eingerichtet: Spülmaschine, Induktionskochfeld und kombinierter Mikrowellenofen warteten in der kleinen Küchenzeile auf uns. Wir hatten zudem ein Wohnzimmer mit Klimaanlage, ein separatesSchlafzimmer mit Fenstern, das nutzte Julia und ein Schlafzimmer, das mittels Scheibe zum Nachbarzimmer etwas Tageslicht bekam.Dies nutzten wir. Dazu ein kleines Bad mit Dusche. Die Wände waren ca. 4 m hoch und gaben der Wohnung etwas Größe zurück. DieFenster zeigten auf die Straße Rue Fort Notre Dame - eine Einbahnstraße in Richtung Alter Hafen: zweimal täglich Stau ohne Ende; dieGäste der Doppelstock-Sightseeing-Busse konnten uns fast ins Wohnzimmer schauen. Und die Gäste der Touristenbähnle zücktenschon mal den Fotoapparat, wenn wir aus den für die hiesigen Häuser typischen hohen Fenstern mit den Holz-Fensterläden schauten. Da wir nichts Essbares dabeihatten, wollten wir noch einkaufen gehen. Aber das gestaltet sich in einer Großstadt wie dieser ziemlichschwierig. Zumal es bereits nach 20 Uhr war. Kleine Supermärkte haben außer Getränken und H-Milch nichts und sind zudemüberteuert. Der einzige Supermarkt in der Nähe ist ein Lidl und der hat deutsche Öffnungszeiten. Also gab es dann bei uns Nudeln zumAbendessen und das teuerste Wasser aller Zeiten zum Durstlöschen. Übrigens: eine Superette ist kein kleiner Supermarkt, sonderneher ein Laden für den alkoholischen Bedarf.Wir haben uns schon gefreut, dass wir "nach hinten raus" wohnen. Nicht vorne wo die Lokale mit Live-Musik sind. Doch ab 23 Uhrwurde es laut. Na toll: Wir haben eine Shisha-Bar gegen-über - die hat bis zwei Uhr morgens geöffnet. Neben der Bar befindet sich einziemlich teures Restaurant. Dazu die hupenden Autos und Motorräder. Nachts bei offenem Fenster - unmöglich. Willkommen amMittelmeer! Ich hatte ganz vergessen, wie das Leben hier ist. Nach Auskunft unserer Vermieterin will die Stadt Marseille um den AltenHafen eine große Fußgängerzone gestalten. Somit sollte auch die Wohnung ruhiger werden.Eine Runde um den Alten Hafen (Vieux Port) [9. Juni 2019]Die erste Nacht schläft man immer schlecht. So auch hier. Morgens um 9 Uhr haben wir be-schlossen, aufzustehen. Bertram suchteeinen Bäcker - war nicht so einfach am Pfingstsonntag. Er kam dann aber doch mit Croissant und Baguette zurück. Nur Butter hatten wirimmer noch nicht. Also wurde es ein mehr provisorisches als luxuriöses Frühstück, aber dennoch gut. Dank Spülmaschine müssen wirauch nicht spülen. Julia wollte heute in der Wohnung bleiben. Also starteten Bertram und ich allein zu einem ausgiebigen Rundgang um den Alten Hafen(Vieux Port) von Marseille. Die Legende besagt, dass hier vor 2.600 Jahren alles begann: Marseille soll aus einer Liebesgeschichtezwischen dem griechischen Seemann Protis und der ligurischen Prinzessin Gyptis entstanden sein. Fakt ist: Auch heute noch ist der inder Antike gegründete Alte Hafen das Herzstück Marseilles - historisches und kulturelles Zentrum der Stadt. Bis Mitte des 19.Jahrhunderts war der Hafen für den Seehandel im Mittelmeer und für den Handel mit den Französischen Kolonien geöffnet. Heute istder Alte Hafen ein Yachthafen sowie ein beliebter Versammlungsort. Direkt vor der Place aux Huiles gibt es eine Fähre, die die Fußgänger für 50 ct zur gegenüberliegenden Seite des Hafenbeckens bringt.Gut zu wissen, wir merken uns diese vor. Der Weg führte uns entlang des Hafenbeckens mit seinen vielen Yachten zur Stirnseite. Daunser Hobby Geocaching auch im Urlaub nicht zu kurz kommen sollte, absolvierten wir hier am Spiegeldach den virtuellen Geocache"SENS DESSUS DESSOUS" (GC7B9VE). Es war nach 11 Uhr und es standen noch ein paar Fischer am Quai de la Fraternité, um denheutigen Fang zu verkaufen: Meeresche, Merlut, Sandbutt, Wolfsbarsch und andere. Eins steht fest:einmal in diesem Urlaub müssen wir solchen Fisch zum Abendessen kaufen. Die Fischer verkaufen hier an jedem Tag. Weiter ging es entlang einiger Wochenmarktstände mit den verschiedensten Utensilienwie Taschen, Lavendelsäckchen und Seife, die berühmte Savon de Marseille. Etwa auf das Jahr 1370wurde der erste Seifenmacher in der Region von Marseille erwähnt. Die Formel dieser Seife wurde im17. Jahrhundert unter König Ludwig XIV. reglementiert. 1688 wurde die Verwendung des Namens"Savon de Marseille" auf mit Olivenöl hergestellte Seifen in der Region Marseille beschränkt. Historischgarantiert war ein Gehalt an Fettsäuren von 72% in der traditionellen Seife, die nur aus Olivenölhergestellt wurde. Im 19. Jahrhundert gab es in der Region Marseille rund 90 Seifenfabriken. IhrNiedergang wurde mit dem Aufkommen synthetischer Reinigungsmittel nach 1950 besiegelt. Heutzutage wird die Savon de Marseille hauptsächlich in China und der Türkei produziert. Wir erreichten das MuCEM (Museum der Zivilisationen Europas und den Mittelmeers). Das Museum besteht aus einem riesigenGebäudekomplex von fast 30.000 m² mitten im Zentrum von Marseille, an der Einfahrtsschneise zum Alten Hafen. Es wurde anlässlichder Wahl Marseilles zur Kulturhauptstadt 2013 gebaut und im Sommer 2013 eröffnet. Die Architektur variiert zwischen Modernität undKulturerbe und schließt das vollständig restaurierte Fort Saint-Jean ein. Das Fort wurde seit der Antike besetzt, aber erst im 13.Jahrhundert installierte sich dort der Ritterorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem (Vorläufer desMalteser Orden). Mittels einer ca. 130 m langen Fußgängerbrücke über das Meer ist das Fort mit einemKubus verbunden, dessen filigrane Betonstruktur wie ein elegantes Netz aus Spitze wirkt. DieFreianlagen darf man kostenlos besichtigen. Das taten wir natürlich. Vom Fort hat man einen super Blick auf den Alten Hafen, die Kathedrale, die Fähranleger nach Italien, Korsika und Algier, auf die Basilikaund die Ausfahrt zum Mittelmeer. Das Fort wurde im Jahr 1660 auf Anweisung von König Ludwig XIV.errichtet, der rechteckige "Tour Carrée" geht jedoch schon auf das Jahr 1423 zurück. Derphallusähnliche Signalturm "Tour de Fanal" direkt an der Einfahrt zum Hafen wurde 1624 fertiggestellt.Während der französischen Revolution wurde das Fort Saint-Jean zum Gefängnis für französischeHerzöge und einige hundert Jakobiner. Im 19. und 20. Jahrhundert war die Festung die letzte Station fürdas französische Militär auf dem Weg nach Afrika.Über eine 70m lange Fußgängerbrücke verließen wir das Fort in Richtung Saint-Laurent-Kirche im historischen Viertel "Le Panier". LePanier ist die historische Altstadt von Marseille; genau an dieser Stelle ließen sich die Griechen nieder. Der Name "Le Panier" lässt sichauf eine Herberge zurückführen, die im 17. Jahhundert in der heutigen Rue du Panier stand und die sich "Le Logis du panier" nannte.Das Viertel Le Panier ist heute ein Juwel, das nur manche aufpolierte Ecken hat, aber auch noch viel authentischen Charme - undreichlich viele Ecken, wo Nase und Augen merken, dass Armut und Avantgarde, Zeitgeist-People und Migranten das Viertel gleich starkprägen. Durch dessen Straßen gelangten wir zur Cathédrale Sainte-Marie-Majeure de Marseille. An der Stelle der heutigen Kathedralebefand sich bereits Ende des 4./Anfang des 5. Jahrhunderts eine Bischofskirche. 1852 besuchte Napoleon III. Marseille und legtesymbolisch den Grundstein des Neubaus dieser dreischiffigen Emporenbasilika, der bis 1893 dauerte. Die Kathedrale war nicht geöffnet und so setzten wir unseren Spaziergang nach einer Umrundung der Kirche fort. Wir waren auf der Suche nach einem Lebensmittelladen- und wurden tatsächlich fündig. Nun hatten wir endlich auch Butter auch einige andere Dinge für morgens und abends. Einen SPARfanden wir später in der Nähe unserer Ferienwohnung. Hach, wenn wir das gestern schon gewusst hätten…Gegen 16:30 Uhr kamen wir etwas fußlahm nach etwa 9 km Fußmarsch in unserer Fewo an und genossen dort einen Kaffee und einbisschen Ruhe. Am Abend gönnten wir uns einen kleinen Abendspaziergang zum Alten Hafen - war ja nicht wirklich weit. Marseille ist fürsein reges Nachtleben bekannt. Sobald es dunkel wird beginnen sich die Straßen und Plätze rund um die vielen Bars, Pubs, Clubs undDiscos in der Innenstadt zu füllen und alle versuchen noch einen Platz in den bekanntesten Lokalen zu ergattern. So sind die Bars amAlten Hafen am beliebtesten bei den meisten Touristen. Wir hatten Glück und ergatterten im Irish Pub eines der begehrten Plätzchenund genossen Guiness und Kilkenny. Jetzt wurde uns auch klar, warum es abends so extrem voll in den Lokalen ist: Happy Hour von 17bis 21 Uhr. Wenn es den Pint dann für 4,60 € anstelle 7,60 € gibt, ist das schon ein Wort. Ein Spaziergang entlang des beleuchtetenHafens rundete den Abend ab.