Erstellt mit MAGIX
Reisebericht
30. September - 2. Oktober
2002
Ghanzi - Windhoek
Um 10.25 Uhr erreichten wir den Grenzort Mamuno. Auch bei der Ausreise aus Botswana mussten wir persönlich erscheinen.
Ebenso bei der Einreise nach Namibia. Hier waren wir die einzigen Grenzgänger - und deshalb ½ Stunde später auch mit allen
Formalitäten fertig. Wir wunderten uns über die eigenartig gekleideten Frauen, die vor dem Grenzgebäude saßen. Sie erinnerten
an das Viktorianische Zeitalter. Namibia ist etwa 2 ½ Mal so groß wie Deutschland, hat aber insgesamt weniger Einwohner als die
Stadt Hamburg. Der jüngste afrikanische Staat ist erst seit 1990 unabhängig.
Offizielle Landessprache ist seit der Unabhängigkeit 1990 Englisch, aber auch Afrikaans, eine Burensprache, und Deutsch gelten
nach wie vor als Amtssprachen. Namibia hat ca. 1,6 Mio. Ew., davon sind rund 80.000 Weiße. Zu den ältesten
Bevölkerungsgruppen des Landes zählen die San, auch Buschmänner genannt. Sie haben in über tausend Jahren im
Trockenraum des südlichen Afrika außergewöhnliche Überlebensstrategien entwickelt, die sie zu erstrangigen Wassersuchern,
Fährtenlesern und Jägern machen. Nur noch wenige Gruppen im namibisch-botswanischen Grenzgebiet haben ihre
althergebrachte Lebensform bewahrt. Die Damara hatten noch im 18. Jh. Eine den San ähnliche Wildbeuterkultur. Seit der
Missionierung um 1860 und durch die Arbeit auf den Farmen der Weißen oder in Städten haben sie ihre Kultur fast völlig verloren;
heute leben sie als Bauern oder Arbeiter in den westlichen Landesteilen. Die Herero
stammen von den Viehzucht treibenden Bantu-Völkern ab, die seit dem 15. Jh. auf der Suche
nach Weidegründen aus dem Nordosten ins Land drängten. Beim großen Herero-Aufstand
gegen die Kolonialherren von 1904 wurden auf Befehl des Herero-Häuptlings Samuel
Maherero in einer Nacht viele deutsche Männer ermordet, Kinder Frauen, Missionare,
Engländer und Buren wurden verschont. Die danach aus Deutschland herbeigeschafften
Truppen führten einen Vernichtungsfeldzug, bei dem 45.000 - 65.000 Herero ums Leben
kamen. Die Überlebenden wurden in kleinen Reservaten angesiedelt und als Farmarbeiter
rekrutiert.
Die heutigen Herero haben unter dem Einfluss der Missionierung und durch den langen
Kontakt mit den weißen Farmern eine neue Eigenkultur entwickelt. Daraus entstanden auch
die eigentümlichen Trachten der Herero-Frauen, die den viktorianischen Stil der
Missionarsfrauen des 19. Jh. zeigen. Diese nämlich hatten etwas dagegen, das ihre Männer den leicht bekleideten Herero-
Mädchen hinterher schauten - und verpassten diesen kurzer Hand ihre eigene Kleidung. Später wurden die Einheimischen
regelrecht erfinderisch. Kein Kleid gleicht dem anderen. Und doch erkennt man den viktorianischen Einfluss noch heute. Die
hererosprachigen Himba leben im Kaokoveld im NW Namibias und haben bis in die Gegenwart Formen des traditionellen
Nomadismus überlebt. Das Kaokoveld ist außerordentlich schwer zugänglich, so dass nur wenige Reisende hierher kommen -
und schon gar nicht mit einer organisierten Tour wie wir. Zu den traditionellen Hirtenvölkern Namibias zählen die aus dem Süden
eingewanderten Nama. Ihr Siedlungsgebiet ist der halbwüstenhafte Süden des Landes, wo die Ziegen- und
Fettschwanzschafhaltung größere Bedeutung hat als die Rinderzucht. Aus dem Kapland wanderten in der Mitte des 19. Jh. die
Orlaam ein. Sie besetzten ab 1835 in Auseinandersetzungen mit den Herero ein Territorium, das reich an Weideland und
Wasserstellen war. Ihr Führer Jonker Afrikaner ließ sich 1840 an den heißen Quellen von Windhoek nieder. Die Tswana bilden die
kleinste Bevölkerungsgruppe Namibias. Etwa ¼ von ihnen wohnt noch im Gebiet um Gobabis. Dagegen bilden die Ovamba mit
fast 650.000 Menschen den bevölkerungsreichsten Stamm. Die Kavango an den Ufern des Okavango sind Ackerbauern mit
ergänzender Rinderhaltung. Die Rehobother Baster, Nachkommen aus Ver-bindungen zwischen weißen Grenzfarmern und Khoi-
Khoi-Frauen, arbeiten noch heute als Bauern oder Handwerker. Ca. 20.000 Deutschstämmige, Nachkommen unterschiedlicher
Einwanderer, leben heute in Namibia.
Über Windhoek zum Etosha National Park
Auch in Namibia hieß die Fernstraße - bis Windhoek - Trans-Kalahari-Highway. In einer Höhe von 1.300 m NN hatten wir 27 °C im
Schatten. Und eigentlich ist noch Winter hier! 12 Uhr: 1.500 m NN, 29 °C im Schatten.
Gobabis [6.000 Ew.], "Quelle der Elefanten" und größte Stadt des zentralen Ostens von Namibia, erreichten wir gegen 12.10 Uhr.
Hier sahen wir wieder Frauen in viktorianischen Trachten. Es handelt sich dabei um Herero- oder Damara-Frauen. Mittagspause
hatten wir hier bis 13.15 Uhr. Im "Shoprite"-Supermarkt entdeckten wir Schilder mit Aufschriften wie "Brötchens" und "Geen
toegang" Wörter des Deutsch-Africaans. Das gefällt mir: hier kann man sogar die "Busch"-Sprache verstehen.
Auf der Weiterfahrt stoppten wir 2 Mal für Verkehrsschilder. "Achtung Hornträger" (Antilope) und "Achtung Warzenschwein". Und
tatsächlich liefen auch einige dieser scheuen Tiere mit aufgestelltem Schwanz auf und davon.
Gegen 16.15 Uhr waren wir in Windhoek (1.650 m NN) bei 31 °C. Um zum Übernachtungsplatz zu gelangen, mussten wir durch
die ganze Stadt und noch ein Stück weiter fahren. Es war schon ein eigenartiges Gefühl, eine Gartenstraße, Windmühlenstraße
und wie sie alle heißen, zu sehen. Das "Harmonie Seminar Center", das wir ½ Stunde später erreichten, lag auf 1.950 m NN. In
der Sonne erreichte das Thermometer immerhin noch 30 °C. Doch nach Sonnenuntergang wurde es empfindlich kalt.
Abendessen gab es im Restaurant des von einem Deutschen geführten HSC.
Windhoek - Etosha NP (570 km)
Am Morgen waren es nur 12 °C. Ziemlich weit im Westen von Afrika hatten wir dieselbe Zeit wie in Malawi. Dort war es um 6 Uhr
schon hell, hier aber noch stockduster. Daher verschätzte sich die halbe Gruppe in der Zeit und stand erst um 5.45 Uhr auf,
obwohl es um 6 Uhr schon Frühstück geben sollte.
Um 7 Uhr fuhren wir ab. Unsere Reiseleitung tauschte das Programm vom heutigen mit dem 27. Tag. Die Strecke von Windhoek
zum Rastlager Namutoni im Etosha NP beträgt immerhin 537 km. Da jedoch einige Sehenswürdigkeiten an der Strecke liegen,
wollte Anne den letzten Tag vor der Abreise etwas kürzer und stressfreier ausklingen lassen.
Wir fuhren durch Windhoek-Katutura, in den 1960er Jahren als Schwarzenviertel angelegt. Die damalige Mandatsregierung
wollte ein township außerhalb des Zentrums für die schwarzen Bürger. Die Menschen wurden entsprechend ihrer ethnischen
Zugehörigkeit in Wohnblocks zusammen gefasst. In dem teilweise slumartigen Viertel leben auch heute noch ca. 130.000
Schwarze, die weder lesen noch schreiben können und keiner geregelten Arbeit nachgehen unter sehr beengten und ärmlichen
Verhältnissen. Nur 5 % Weiße sind hier angesiedelt. Vor mancher Hausnummer steht immer noch ein D (für Damara) und H (für
Herero). In Katutura befindet sich heute eine berühmte Augenklinik. Als wir Brakwater durchfuhren, gelangte beißender
Schwefelgeruch in unseren Bus. Nicht umsonst hat der Ort seinen Namen bekommen. Bei einer Polizeikontrolle wurden wir
angehalten. Grund: man wollte den begehrten ROTEL-Kugelschreiber haben. Als Vorwand nahm man eben dann das fehlende
Angeschnalltsein unseres Fahrers. Als der Polizist unseren Stift hatte, ließ er uns ohne Umstände weiterfahren.
In Okahandja [1.400 m NN; 11.000 Ew.] hatten wir von 8.30 - 8.45 Uhr die Möglichkeit, auf
dem Schnitzermarkt Giraffen und Elefanten in allen Größen zu kaufen (die größte Giraffe
war an die 3 m hoch). Dieser Handwerkermarkt ist der größte seiner Art in Namibia. Kein
Wunder, denn im Schwemmland des Okahandja River und des Swakop spielt
Holzverarbeitung eine große Rolle. Für die Herero ist der Ort heiliges Land. Sie ließen sich
um 1800 hier nieder und nannten den Ort "Zusammenfluss zweier kleiner Flüsse zu einem
großen Fluss". 1904 begann hier der zuvor beschriebene Herero-Aufstand. Alle großen
Herero-Führer sind in Okahandja begraben. Jedes Jahr findet am 23. August das Herero-
Treffen statt, bei dem der Toten des erwähnten Herero-Aufstandes gedacht wird. Dann
wimmelt es von viktorianischen Kleidern und alten Uniformen und längst verstaubte Waffen
sind hier und da zu sehen.
In Okahandja verließen wir dann auch den Trans-Kalahari-Highway, um nach Nordosten
weiterzufahren.
Gegen 10.45 Uhr erreichten wir Ojiwarongo [1986: 8.500 Ew.]. Das heißt "Schöner Platz"
oder "Platz der fetten Kühe" oder "Der Platz, wo fettes Vieh weidet". Einst war es ein
zeitweise bewohnter Platz der Herero, 1944 wurde der Ort ein Militärposten der Deutschen,
nachdem die Rheinische Mission hier schon eine Mission gegründet hatte. Bis 11.45 Uhr
hatten wir eine etwas verfrühte Mittagspause in dem weitläufigen Ort. Wir fühlten uns fast
wie zuhause: Im Touristenbüro sprach man deutsch, in der Bar, wo wir uns eine kühle Limo
gönnten, verabschiedete man uns mit "Tschüss!" Und auch in der Buchhandlung sprach man
deutsch - nur uns hielt man wohl für Südafrikaner - und behandelte uns daher etwas
unfreundlich, während man sich gleichzeitig mit anderen deutschen Touristen unterhielt.
Gegen 13 Uhr kamen wir nach Otavi (1.500 m NN). Hier beginnt das Bergbaudreieck Otavi -
Tsumeb - Grootfontein.
Tsumeb [1990: 17.000 Ew.], die größte und älteste Bergbaustadt Namibias, 1905 gegründet,
erreichten wir gegen 13.50 Uhr. Tsumeb bedeutet "Loch, das gleich wieder zugeschüttet wird". Eine über 1.700 m tiefe,
schlauchförmig geformte Sammellagerstätte gab denn auch den Anlass zur Gründung der Stadt. Dieser "Erzschlauch" enthielt
neben Kupfer auch Blei, Zink, Kadmium, Silber, Germanium und Arsen; insgesamt wurden 184 Mineralien in einer
mineralogischen Untersuchung 1893 nachgewiesen, 10 davon kommen nur in Tsumeb vor. Die Stadt beherbergt reichhaltige
Mineralvorkommen, insbesondere Kupfer. Hier besuchten wir das Museum. Es befindet sich in der alten deutschen Schule an der
Main Street. Liebevoll wurden alle Exponate von Ilse Schatz zusammen getragen. Die Deutsche bekam aufgrund ihrer
jahrelangen Hartnäckigkeit eines Nachts während einer Zeremonie der Medizinmänner im Busch von den Buschleuten
Kultgegenstände geschenkt, woraus sie die einzige Sammlung einer ausgestorbenen Kultur aufbaute. Das Museum vermittelt
auch einen wunderbaren Eindruck von der deutschen Kolonialzeit. Hier sind auch die bereits wieder aus dem Otjikoto-See
geborgenen Kanonen ausgestellt. Leider war ½ Stunde für die Besichtigung viel zu wenig. Naja, für die schönen Sachen bleibt bei
ROTEL meistens zu wenig Zeit. Abgesehen davon parkten wir noch knapp 500 m entfernt.
In Tsumeb zeigte das Thermometer 36 °C im Schatten.
Otjikoto heißt "Tiefes Loch". Der 35 km nordwestlich von Tsumeb gelegene See ist bis zu
90 m tief und einer der 2 natürlichen Seen in Namibia, die sich dadurch bildeten, dass die
Decken unterirdischer Höhlen einstürzten und die so entstandenen Schlote sich mit Wasser
füllten. Nach einer Legende soll er grundlos tief sein. Deshalb versenkte die deutsche
Schutztruppe 1915 bei ihrem Rückzug vor den südafrikanischen Streitkräften hier ihre
Geschütze und Munition. Im gleichen Jahr bargen südafrikanische Taucher einige der
waffen und setzten sie dann gegen die Deutschen ein. Eine Tafel bezeugt, dass sich auch
heute noch Geschütze im Otjikoto-See befinden. Um den See herum gibt es auch einen
kleinen Zoo.
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