Made with MAGIXReisebericht16. August - 4. Oktober 1999Teil 1: Castilla y LeónDie gemeinsame TourNachdem ich mich sommerlich umgezogen habe, fuhren wir 50 km aus der Millionenstadt hinaus nach San Lorenzo de El Escorial(1.028 m NN, 9.000 Ew.). Wir übernachteten vor dem mächtigen Klosterpalast El Escorial, der den Ort beherrscht. Es war so warm, dass wir uns mit nassen Handtüchern kühlen mussten.Der Morgen begrüßte uns mit herrlichem Sonnenschein; im Laufe des Tages zeigte das Thermometer 36 °C. Zuerst stand das große Königsschlosszum Anfang zurückEl Escorialauf unserem Programm. El Escorial wurde unter Felipe II. von 1563 bis 1584 erbaut. Es sollte als Palast und Sommersitz des Königs genutzt werden, als Kloster an den Leidensweg des Hl. Laurentius erinnern und als Mausoleum für die iberischen Monarchen dienen. Deshalb schufen die spanischen Baumeister Juan de Toledo und später Juan de Herrera ein äußerlich beeindruckendes Bauwerk von gewaltigen Dimensionen (208 x 162 m) mit 2.673 kleinen Fenstern, die den Eindruck einer Bastion noch verstärken, mit über 1.200 Türen und 86 Treppen. Außerdem: 16 Höfe und 88 Brunnen; die Gänge sind zusammen 16 km lang. Von außen erinnert die Anlage eher an eine Festung oder eine Kaserne denn an ein Kloster.Den Kern des Baukomplexes bildet die mit ihren beiden Türmen und der 90 m hohen Kuppel hochaufragende Basilika. Diese ist charakterisiert durch Strenge und Monumentalität. Durch die Vierungskuppel fällt kaltes Licht ins Kircheninnere und lässt die kostbaren Materialien des 30 m hohen Retablos glänzen. Da gerade eine Messe stattfand, hatten wir keine Möglichkeit, die Pracht ausführlich anzusehen. Anschließend kamen wir in die Museen. Im Saal des Heiligen Mauritius ist die bemalte Holzskulptur des "Heiligen Michael, der denDämon besiegt"("San Miguel Arcángel venciendo al demonio"), ein Werk der Kammerbildhauerin von Karl II., Luisa Roldán, zu sehen, sowie bedeutende Webarbeiten aus der Serie Goldtücher, z. B. "Tapiz II de la serie de los "Paños de Oro" 1502", und die Versuchungen des Heiligen Antonius. Die Säle des Architekturmuseums (Museo de Arquitectura) bieten eine didaktische Zusammenstellung von Plänen, Modellen und anderen Gegenständen, die schon alleine das architektonische Design des Escorial, von seinen mittelalterlichen Vorläufern bis zu den im 18. Jh. errichteten Neukonstruktionen des Königssitzes, erläutern sowie die künstlerischen Aspekte der verschiedenen handwerklichen Arbeiten im Laufe seiner Erbauung. Sehr interessant waren die Kranmodelle, die beim Klosterbau verwendet wurden. Diese fanden wir in einem Modell der Escorial-Baustelle wieder. Das dritte Museum ist die Gemäldegalerie (Museo del pintura). Diese befindet sich im sogenannten Sommerpalast von Philipp II. In neun Sälen findet man Werke der venezianischen, spanischen, flämischen und holländischen Malerei. Ein Saal ist dem stark italienisch beeinflussten flämischen Maler Michel Coxcie (1499-1592), u. a. "Das Abendmahl" ("La ultima cena"), gewidmet, der sehr viel für Philipp II. arbeitete. Im siebten Saal, dem ehemaligen Wandelgang des Sommerpalastes, fällt u. a. das Gemälde "Enthauptung desJakobus" ("La decapitación de Santiago el Mayor", 1571) des Malers Juan Fernández Navarrete llamado el Mudo (1538-1579) auf. Nun kamen wir in den Palacio de los Austrias. Hier befindet sich u. a. der Porträtsaal mit Werken von J. Pantoja de la Cruz ("DonJuan de Austria", "Carlos I") und Türen aus deutscher Intarsienarbeit. Wir entdeckten auch einen Datumsmesser, der sich an der Sonne orientiert. Die Grüfte waren danach an der Reihe. Eine der wichtigsten Funktionen von El Escorial ist es, als Grabstätte der Könige Spaniens zu dienen. Die Gruft der Könige ist kreisförmig mit einer Kuppel; der Kreisumfang ist in acht Segmente aufgeteilt und mit Marmor und Bronze verkleidet. "In den Urnen ruhen (nachdem sie zuvor jahrelang in einem unmittelbar daneben liegenden Raum, der ′Faulkammer′, verwest sind) die Reste der Monarchen und ihrer Gemahlinnen, letztere jedoch nur, falls sie die Mutter eines Königs waren; und zwar die Könige an der rechten Seite des Altares und die Königinnen an der linken, in chronologischer Reihenfolge von Karl I. bis zu Alfons XIII, über einen Zeitraum von vier Jahrhunderten der spanischen Monarchie." [aus: Klosterführer "Das Kloster San Lorenzo El Real de El Escorial", 1998] Und die beiden leeren Urnen sind - so sagte uns ein Aufseher - für König Juan Carlos und Königin Sofia reserviert. Die Gruft derInfanten wurde auf Initiative von Isabella II. gebaut und 1888 fertig gestellt. Jede ihrer neun Kammern besitzt einen Altar und ist mit Marmor ausgekleidet.Die Kapitelsäle (salas capitulares) dienten der Zusammenkunft der einhundert Mönche, die das Kloster bewohnten. Es handelt sich um zwei Säle, die durch einen zentralen Vorraum voneinander getrennt sind, und zwar den Vikarsaal und den Priorsaal. In letzterem befindet sich u. a. Tizians "La ultima cena", das leider oben und an den beiden Seiten abgeschnitten wurde, um es in den freien Raum einzupassen, wo es im Kloster hängen sollte.Über den Hof der Könige, wo wir kurz dem Gesang der Nonnen des angeschlossenen Klosters lauschen konnten, gelangten wir in die Bibliothek. Obwohl ihr Bestand mehrere Einbußen erlitt - die schwerste infolge des Brandes von 1671 -, sind heute über 40.000 Texte erhalten, unter denen sich eine überaus reichliche Sammlung lateinischer, griechischer, arabischer und hebräischer Handschriften befindet. Der Hauptsaal ist 55 m lang und 10 m breit. Er beeindruckt durch die reiche Gestaltung der Regale und seine Fresken. Interessanterweise stehen die Bücher mit dem Rücken zur Wand in den Regalen - um die Buchrücken vor Lichteinfluss zu schützen! Am Ende des langen Ganges steht die esfera armilar ("Kreiskugel") von 1582. Diese stellt ein altes Weltbild von Ptolomäus mit der Erde als Mittelpunkt dar. Von El Escorial nach SegoviaAm späten Vormittag waren wir mit der Besichtigung fertig. Wir wollten nun das in der Nähe liegende Faschismusdenkmal Valle de los Caídos anschließen. Auf dem Weg dahin sahen wir Hubschrauber mit Wassersäcken, die zur Brandbekämpfung eingesetzt werden. Am Eingang zum Tal wies man uns zurück mit der Begründung eines Feuers (inciendo). In dieser Gegend soll es schon öfter gebrannt haben. Nun gut, wir kommen am Ende des Urlaubes noch einmal hier vorbei. Vielleicht haben wir dann mehr Glück. Wenig später erreichten wir Manzanares el Real (908 m NN, 4.500 Ew.). Das prächtige Castillo in gotisch-mudéjarem Stil aus dem 15. Jh. hatte Siesta, aber wir die Gelegenheit im Wehrgang spazierenzugehen. Von hier aus führte eine Nebenstraße am Embalsede Santanilla entlang nach Miraflores de la Sierra (1.150 m NN). Wir fuhren hinauf zum Pto de la Morcuera (1.796 m NN) in der Sierra de Guadarrama. Hier oben waren wir gegen 17 Uhr und das Thermometer zeigte immer noch 30 °C. Die Straße M-611 war eine landschaftlich reizvolle Strecke. Auf ihr ging′s hinab ins schöne Tal des Río Lozoya und Rascafría (1.163 m NN), durch das Tal hindurch und wieder hinauf zum Pto de Navacerrada (1.860 m NN) und zum Pto de los Cotos (1.830 m NN). Hier in der Nähe gibt es das Skigebiet Valdesquí, wo im Winter an den Skiliften unheimlich viel los sein muss. Genügend Parkplätze scheint es zu geben. Hier oben überquerten wir die Grenze zur Region CASTILLA-LEÓN. Da hier in Spanien die selbe Zeit läuft wie in Deutschland, wir aber sehr viel weiter westlich sind, hatten wir 1½ Stunden länger Tag und erreichten noch bei Helligkeit gegen 19 Uhr San Ildefonso (1.192 m NN) mit dem Versailles nachempfundenen Schloss LaGranja. Der Besuch der ca. 145 ha großen herrlichen Parkanlage mit 26 Fontänen ist sicherlich erholsam und schön. Die Siesta war jedoch vorüber und viele Spanier aus ihren Häusern gekommen, um hier zu spazieren und zu flanieren. Und damit war es uns zu voll und zu laut. Das Schloss war um diese Zeit bereits geschlossen und von außen gibt es nicht sehr viel her.Im letzten Sonnenlicht erreichten wir nach 260 Kilometern Segovia(1.000 m NN, 53.000 Ew.) und übernachteten unterhalb der Kathedrale der Stadt an der nördlichen Flanke der Sierra de Guadarrama. Am nächsten Morgen hatten wir wieder Sonnenschein pur. 2½ Stunden ließen wir uns für die Stadtbesichtigung Zeit. Der Alcázar ist eine gewaltige Festung, die im pinienbestandenen Westen der Stadt nahtlos aus der Stadtmauer wächst. Der ursprüngliche Bau aus dem 12. Jh. wurde im 14.-16. Jh. immer wieder den Wünschen seiner Bewohner, kastilischer Könige, angepasst. (Hinter der Stadtmauer beginnt die "Wüste".) Für Touristen war er heute geschlossen. Außerdem befindet sich hier die Militärakademie. Wir marschierten weiter zur Plaza de la Merced mit der romanischen Kirche Iglesia de San Andres, dann zur Iglesia de San Esteban. Diese steht unweit nördlich der Plaza Mayor an der leicht abschüssigen Plaza de San Esteban. Ihr hoher Turm besteht aus sechs durch Bogen aufgelockerten Segmenten und wird von einem Helm mit Wetterhahn abgeschlossen.An der Nordseite der Plaza Mayor, lebhafter Mittelpunkt der Altstadt mit Straßencafés und einem Musikpavillon in der Mitte, steht das schlichte Ayuntamiento aus dem 17. Jh., an der Südostseite die 1558 vollendete gotische Kirche San Miguel, wo Isabella die Katholische zur Königin ausgerufen wurde. Die sich auf dem höchsten Punkt der Altstadt erhebende, aus gelbem Gestein erbaute Kathedrale ist eine spätgotische Basilika, die 1525-1593 errichtet wurde. Die ersten "Frühaufsteher" saßen bereits in den Bars und ein Zeitungsverkäufer war bei der Arbeit. Das Wahrzeichen Segovias ist der Acueducto Romano, von der UNESCO zum kulturellen Erbe der Menschheit erklärt. Er überspannt am südöstlichen Ende der Stadtmauer die Plaza del Azoguejo und garantierte bis vor wenigen Jahren frisches Wasser aus den Bergen. Das eindrucksvolle Bauwerk wurde vermutlich unter Kaiser Trajan im späten 1. Jh. n. Chr. errichtet. Eine noch heute aus der Sierra de Fuenfría kommende 17 km lange Wasserleitung überschreitet mit 118 aus Granitquadern ohne Mörtel und Klammern erbauten Bogen (7-28,5 m Höhe) und 818 m Gesamtlänge (davon nach einem Knick in der südlichen Vorstadt 276 m mit 43 zweistöckigen Bogen über dem Platz) das von den Vorstädten eingenommene tiefe Tal und führt bis zur Oberstadt, wo sie unterirdisch beim Alcázar endet.