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Reisebericht
Nordland
Unser Ziel nach 390 km hieß Narvik, wo wir gegen 22.30 Uhr ankamen. Wir wollten eigentlich auf dem Hausberg übernachten und von
dort den höchsten Stand der Sonne beobachten, aber die Fahrstraße hat man mittlerweile gesperrt, so daß derjenige, der die Aussicht
genießen möchte, mit der sehr teuren Seilbahn (60 NOK) hinauffahren muß. Also blieben wir mitten im Wald stehen. Wir hatten wieder
eine herrliche Sicht nach Norden und somit auf die Mitternachtssonne. Die Sonne hatte heute, am 21. Juni, ihren höchsten Punkt
erreicht. Da störten auch die im Weg stehenden Felsspitzen nicht, denn verschwand die Sonne dahinter, dauerte es keine Minute, da
war sie wieder zu sehen. Wir blieben bis nach 1 Uhr auf, um das Erlebnis voll zu genießen.
Um 9 Uhr morgens begannen wir unsere Stadtbesichtigung im Café "Bakeriutsalg og Kafé" bei Capuccino und Gebäck. Narvik hat
20.000 Einwohner. Hier fand einer der härtesten Kämpfe des Zweiten Weltkrieges statt. Ein Spaziergang führte uns am Erzhafen
vorbei, wo sich Europas größte Erzverladungskais befinden. Das in Schwedens Malmbjergen abgebaute Eisenerz wird per Spezialzug,
der 5.000 t faßt, nach Narvik transportiert und hier verschifft. Von einer schönen Wohngegend aus hatten wir einen guten Blick auf den
Erzhafen - und auf die sich bei 17 °C sonnenden Nord-Norweger. Auf der Weiterfahrt trafen wir am Fährhafen ein ROTEL, den PAPA
115. Mittlerweile war es bei 19 - 20 °C sehr heiß geworden.
Auf der E6 bis Særran am Efjorden. Dann auf der Straße 827 an diesem Fjord entlang zum Stetind, ein 1.392 m hoher Berg, der
aussieht wie das schweizer Matterhorn und als der eindrucksvollste natürliche Obelisk der Welt gilt. Bis dahin passierten wir zwei
Tunnel: den Efjord-Tunnel (1.600 m) und den StetindTunnel (2.730 m). Danach hatten wir eine herrliche Sicht auf den Felsen im blauen
Sommerhimmel. Bis zur Fähre in Kjøpsvik hatten wir weitere vier Tunnel zu passieren: Tømmerås-Tunnel (530 m), Nipvik-Tunnel (850
m), Brattli (mit 3.560 m der längste) und Kjøpsvik-Tunnel (830 m). Wer nicht nachrechnen möchte: es waren 10.100 m Tunnelstrecke.
An der Fährstation in Kjøpsvik mußten wir eine Stunde bis zur nächsten Abfahrt warten. Da es keine Fährenfahrpläne zu kaufen gibt,
weiß man nie, wann die nächste Fähre geht. Aber an den Fährstationen hängen oftmals die Fahrpläne von anderen Linien der gleichen
Gesellschaft. Dadurch wußten wir öfter die Zeiten im voraus und konnten so besser planen.
Eine dreiviertel Stunde benötigte die Fähre bis hinüber nach Drag. Nach unserem Abstecher wieder auf der E6 fuhren wir diese in
Richtung Nordkap bis zur Fähre in Bognes. Von Bognes nach Skardberget und umgekehrt fährt die einzige E6-Fähre, da es an dieser
Stelle noch keine Brücke gibt. Wir wollten aber auf die Inselgruppe der
Vesterålen
und stellten uns deshalb in der Schlange nach Lødingen an. Hier hatten wir eineinhalb Stunden Zeit, so daß es sich lohnte, etwas zum
Mittag zu kochen. Nach einer Stunde sonniger Fährfahrt kamen wir 19.45 Uhr in Lødingen an und fuhren zuerst auf die Halbinsel
Hinnøya. Auf der E10 bis Hamna und dann weiter auf der Straße 83 nach Harstad. Die Fischerei war hier auf den Vesterålen
jahrhundertelang das Hauptstandbein der Wirtschaft. Heute dominiert das Öl. Harstad wurde Versorgungshafen für alle nördlichen
Bohrungen. 3 km von Harstad entfernt steht die Trondenes Kirke. Sie wurde um 1250 erbaut und ist die einzige in Nordnorwegen
erhalten gebliebene alte Steinkirche mit 2,50 m dicken Wänden und einem sehenswerten Flügelaltar aus dem Mittelalter. Westlich der
Kirche steht ein Glockenturm aus Holz. Da für die am Wochenende stattfindenden Mittsommernachtsfeiern geprobt wurde, konnten wir
die Kirche nicht besichtigen. Also weiter.
Immer auf der Suche nach einem schönen Mitternachtssonnenplätzchen fanden wir in der Karte einen Weg an ein Kap. Der Weg war
schmal, steil und hatte viele Serpentinen. Letztlich endete er auf einem Schotterweg. Die Sonne stand so tief, aber hoch genug über'm
Horizont, daß wir, wenn wir genau nach Norden fuhren, so gut wie nichts mehr gesehen haben. Als wir am "land's end" des Ortes
Elgsnes angekommen waren, stellte sich heraus, daß ein - auch noch bewohnter - Hügel den Blick auf die Sonne versperrte. Da war
nichts mit Übernachten, wenn man - nach dem hier geltenden Jedermannsrecht - immer 150 m Abstand zum nächsten Gehöft halten
soll. Also mußten wir die 15 km den gleichen Weg wieder zurückfahren.
Ein Stück weiter an der Küste gab es einen Aussichtspunkt "Nupen". Es war ein Parkplatz mit WC direkt am Meer. Hier fanden wir auch
- nach 272 zurückgelegten Kilometern und kurz nach 23 Uhr - ein Plätzchen zum Übernachten. Was wir hier erlebten, kann man kaum
beschreiben. Es war wie auf einem Volksfest. Es kamen immer mehr Autos und Leute, teilweise mit Verpflegungsbeuteln und
Picknickkörben. Vor allem Jugendliche. Die setzten sich dann auf den Steinstrand - allerdings jede Gruppe in gebührendem Abstand zur
anderen -, um dort eine helle Sommernacht zu verbringen. Um 0.30 Uhr waren es immer noch 17 °C. Und das so weit oben im Norden!
Wir hatten eine herrliche Sicht auf die benachbarte nördlichere Halbinsel Andøya, halb im Dunst, aber deutlich zu sehen.
Am nächsten Morgen standen mit uns nur noch zwei - deutsche - Wohnmobile auf dem Platz. Die Sonne lachte und das Thermometer
zeigte, da die ganze Nacht die Sonne auf das Auto prasselte, 25 °C. Gegen 9.30 Uhr machten wir uns auf den Weg in Richtung
Andøya. In Hemmestad sahen wir uns ein altes Posthaus an, das leider geschlossen war. Von Revsnes nach Flesnes nahmen wir die
20minütige Fähre - eine andere Möglichkeit hatten wir nicht.
Nach etwa zwei Stunden Autofahrt erreichten wir über eine Hochbrücke die Vesterålen-Insel Andøya. Die 488 km² große Insel besteht
fast zur Hälfte aus Mooren, die für ihre vielen Moltebeeren, Lapplands besondere Spezialität, berühmt sind. Wir machten unsere
Mittagspause am Rande eines solchen Hochmoores, kurz nachdem wir die Straße 82 verlassen hatten, um an der Westküste der Insel
nach Norden zu fahren. Das Moor war ein Paradies für Bertram. Wir blieben bis ca. 16 Uhr hier, ehe wir nach Bleik weiterfuhren, das
wir gegen 18 Uhr erreichten. Hier gibt es einen Vogelfelsen, zu dem auch Ausflüge unternommen werden. Leider fand die nächste Tour
erst am nächsten Mittag statt. Das war für uns zu spät; so fuhren wir weiter nach Andenes, der Hauptstadt von Andøya. Bis auf einen
roten Leuchtturm, den man für Geld besteigen kann, hat der Ort nichts zu bieten. Er ist lediglich wegen seiner Walfänger, die heute mit
Walsafaris für zahlungskräftige Touristen mehr Geld verdienen, bekannt.
Da es lange hell bleibt, beschlossen wir, noch am selben Abend auf die Vesterålen-Insel Langøya zu fahren, nachdem wir die
achteckige Kirche in Dverberg begutachtet hatten. Unser Ziel sollte nach 348 km Nyksund im Norden von Langøya sein.
Wir wollten uns selbst davon überzeugen. Die Straße 821 war ab dem Ort Myre nur noch eine schmale Schotterstraße mit
Ausweichstellen, wo uns nur einmal ein rasender Norweger entgegenkam. Als wir um 21.50 Uhr in Nyksund ankamen, traute ich
meinen Augen nicht: Am Ende der Straße gab es einen Platz, und hier standen 'zig deutsche Wohnmobile, ein Italiener und ein
Österreicher. Wir stellten uns mit dazu, die Mitternachtssonne im Rücken. Wir unternahmen einen Spaziergang durch das verfallene
und zum Teil bereits wiederaufgebaute Dorf. 83 Stelzenhäuser sind über zwei Inseln verteilt. Am Ende der einzigen Straße war der
Durchgang gesperrt, da die Brygge-Häuser dahinter vom Einsturz bedroht sind. Hier hatten sich die wenigen Einwohner des Dorfes, die
sich wieder hier angesiedelt haben, mit einigen Touristen zum Mittsommernachtsfeuer zusammengefunden. Wir hatten dafür aber keine
Muse, sondern spazierten wieder zurück.
Wir statteten dem restaurierten Restaurant "Vertsbrygge" einen Besuch ab. Bertram fragte auf Englisch, was es denn zu Trinken gäbe.
Da antwortete der junge Mann am Tresen: "Ihr könnt ruhig deutsch sprechen." - und das Eis war gebrochen. Bertram und ich tranken
jeder ein teures norwegisches Bier (40 NOK = ca. 10 DM) und unterhielten uns gut mit Karl-Heinz und dessen Freund, der hier Urlaub
machte. Karl-Heinz lebt seit vier Jahren hier und hilft ab und zu im Restaurant aus, sonst arbeitet er im Kunsthandwerksladen von
Nyksund.
Er lud uns ein, am nächsten Morgen bei ihm zu duschen. Wir verbanden dies mit einer Besichtigung seines Hauses, das er hier gekauft
hatte. Ein kleines Holzhaus mit herrlichem Blick auf das Meer. Nachher begleiteten wir Karl-Heinz in seinen Kunsthandwerksladen.
Bertram schoß einige Fotos, die wir an verschiedene Reiseführerverlage schicken wollen, um diese Leute auf den
wiederauferstehenden Museumsort aufmerksam zu machen und darauf hinzuweisen, daß sich Nyksund nicht nur wegen der
stattfindenden Walsafaris für einen Besuch lohnt. Schließlich waren laut Aussage von Karl-Heinz 30 - 35 Tausend Touristen im Jahr
1997 in Nyksund.
Mit Karl-Heinz kamen wir nun auch in den Genuß des abgesperrten Bereiches. Er hat sich ein altes Hafenhaus, "Brygge", gekauft, das
er sanieren und zu Silvester 1999/2000 als Herberge einweihen und eröffnen möchte. Da hat er aber noch viel zu tun. Erstaunlich gut
erhalten sind die Holzpfähle, auf denen das Haus im Salzwasser steht, und das vielleicht seit 100 Jahren... Als wir uns von dem netten
jungen Mann verabschiedet hatten, gingen wir noch einmal ins "Vertsbrygge". Wir wollten Wal- und Lachssteak zu Mittag ausprobieren -
und es schmeckte sehr gut.
Gegen 14 Uhr brachen wir auf und fuhren auf kleineren Nebenstrecken, die sich mitunter als Schotterstraße entpuppten, durch
Langøya bis Melbu. Auf dem Weg dahin sahen wir uns in Stokmarknes ein am Kai liegendes ausgedientes Hurtigrutenschiff an (Die
Hurtigrute ist die Frachtschiffverbindung von Bergen nach Kirkenes in 11 Tagen mit wenigen Passagierkabinen.) und entdeckten im
grünen Wasser vor uns verschiedene Quallenarten. Einmal stand nach einer Kurve ganz plötzlich mal kein Schaf, sondern eine Kuh vor
dem Auto, die partout nicht von der Straße gehen wollte. In Melbu nahmen wir die E10-Fähre hinüber zu den Lofoten.