Erstellt mit MAGIX Reisebericht Torino - Susa - Colle delle Finestre [29.08.97] Bei sternenklarer und ruhiger Nacht haben wir herrlich geschlafen. Und als wir um 7 Uhr morgens aufwachten, schien die Sonne von  einem wolkenlosen Himmel. Also beschlossen wir, noch einen halben Tag in Torino zu bleiben, um ein paar Sonnenscheinbilder  mitzubringen. Aufgrund der katastrophalen Parksituation in der Millionenstadt wollten wir beizeiten im Zentrum sein und verzichteten  vorerst auf’s Frühstück. Aber die Sicht war so klar und der Blick so weit, daß wir unsere Tour umstellten und zur Basilica di Superga   fuhren.     „Weithin sichtbar thront das Meisterwerk von Juvarra auf einem bewaldeten Hügel am rechten Po-Ufer, 10 km östlich der Stadt. Erbaut  wurde die prachtvolle, barockklassizistische Kuppelkirche anläßlich eines Gelübdes des Savoyen-Königs Vittorio Amadeo während der  französischen Belagerung von 1706. In einer Gruft ruhen die savoyisch-italienischen Herrscher, ebenso wie die komplette Fußballmannschaft  von Juventus Turin, deren Flugzeug im Mai 1949 am Superga-Hügel zerschellte.“ [Reisehandbuch „Italien, 1992] Bei klarem Wetter wie heute hat man einen gigantischen Blick über die Riesenstadt auf die dahinter aufsteigenden französischen und  italienischen Alpen. Besonders schön macht sich der Monviso (3.841 m) in dem einmaligen Panoramablick Po-Ebene - Torino - Alpen.  Allerdings muß man früh vor Ort sein, bevor der Industriedunst über Torino aufsteigt. Dann versinken nämlich auch die Alpen im Dunst.  Wir dachten, daß man vom Dach der Basilika einen noch besseren Blick erhält. Die Kirche öffnete erst um 9 Uhr. So frühstückten wir  auf dem Kirchenvorplatz. Leider war es dann doch nicht möglich, auf das Dach zu steigen. Also besichtigten wir die schöne  Innenausstattung der Kirche mit rundem Grundriß. Den Eingang bildet eine klassizistische Vorhalle, die an das römische Pantheon  erinnert. Bevor wir wenig später nach Torino hineinfuhren, besuchten wir den Berg Monte dei Cappuccini mit der 1583-96 erbauten  Kirche S.Maria del Monte. Von hier hatten wir ebenfalls ein herrliches Panorama, diesmal über Torino mit seinem Wahrzeichen - und  natürlich dem Dunst. Auf dem zweiten Rundgang durch Piemonts Hauptstadt Turin liefen wir noch einmal alle Bauten, die wir am gestrigen Tag besuchten,  aus dem vorhin erwähnten Grund ab. Diesmal schafften wir es auch, die Kirche SS.Martiri von innen zu besichtigen. Dort bettelte eine  ältere Frau um Geld, die später mit zwei schweren Einkaufstaschen und einem Mann schnellen Schrittes davonlief. Wir fanden schöne  alte Gassen, die bestimmt schon zweihundert Jahre alt sind, mit bestimmt ebenso alten Geschäften. Das im Jahre 1763 entstandene  und damit wohl älteste Café, AL BICERIN, auf der Piazza della Consolata 5, hatte wegen Ferien geschlossen: Dort verkehrten Crispi  von Cavour; gerühmt von Dumas. Dort kann man noch das berühmte „Bicerin“ genießen (Kaffee, Schokolade und Sahne). Ein weiteres  im Führer angebotenes Restaurant hatte ebenfalls wegen Ferien geschlossen. Also beschlossen wir ärgerlich, wenigstens noch einen  Cappuccino in dem gestern aufgespürten Café zu trinken (und siehe da: dort erhielten wir sogar einen SB-Imbiß). Auf dem Weg dorthin  kamen wir am Palazzo Carignano vorbei, ein nationales Monument: Er ist Geburtshaus von König Viktor Emanuel II., war 1848-59 Sitz  des sardinischen, 1861-64 des italienischen Parlaments (das Königreich Italien wurde 1861 hier ausgerufen). Nun wurde es Zeit, Torino endgültig zu verlassen. Auf dem Weg in Richtung Susa fahrend, kamen wir am Jagdschloß des Königs Viktor  Amadeus II., Stupinigi, vorbei, das 1729-30 von Juvara erbaut wurde. Der Abstecher war enttäuschend, denn auch dieses Schloß  befand sich in Restaurierung. Für die beiden geöffneten Palazzi zahlt man je 10,- DM Eintritt. Und der schöne Park war gesperrt. Die  Autobahn in Richtung Susa/ Freijus (F) war sehr teuer aufgrund der vielen Tunnel, die zu durchqueren waren.  Das in der Nähe der Alpenpässe Mont Cenis und Mont Genèvre gelegene idyllische Städtchen Susa war die Hauptstadt eines  keltischen Königreiches, dessen Herrscher sich mit Caesar verbündete. Der Arco di Augusto (Augustusbogen) ist ein marmorner  Triumphbogen und wurde von Cottius für Augustus im 8. Jh.v.Chr. errichtet. Die Friesreliefs stellen den Abschluß des Bundesvertrages  dar. Ebenfalls erhalten ist Porta Savoia, ein Doppeltor der Stadtmauer mit römischen und mittelalterlichen Resten. In Susa bot sich keine Gelegenheit, irgendwo zu übernachten. So beschlossen wir weiterzufahren. Und zwar über den Paß Colle di  Finestre, um dort oben auf 2.176 m zu übernachten. Die Straße war sehr schmal und steil. Im Winter, von Oktober bis Mai, sind viele  Straßen gesperrt, diese gehörte dazu. Vor jeder Kurve mußten wir hupen, zwei Autos kommen nicht so einfach aneinander vorbei.  Oben war es sehr windig. Es gab ein verfallenes düsteres Verteidigungshaus aus dem 2. Weltkrieg, bei dem Lebensgefahr bestand.  Das Schild „Camping verboten“ haben wir nicht gesehen. Außerdem kann ich sowieso kein italienisch und könnte ein solches Schild  auch nicht lesen. Bei schönem Sonnenuntergang hatten wir eine herrliche Sicht in die beiden Täler „Susa“ und „Chisone“. Es wurde ein sehr interessanter Abend. Mit dem Fernglas beobachteten wir drei Personen, von denen eine in der Dämmerung mit dem Paragleiter  aufstieg, sowie eine Herde Alpenkühe mit zwei Begleitern und einem Hund. Die Nacht wurde sehr kalt. Gegen 19.50 Uhr betrug die  Außentemperatur nur noch 5,5 °C. Trotz dicker Klamotten mußten wir die Busheizung einschalten, um nicht zu frieren. Dafür war es auf  dem Paß schön dunkel und ruhig. Ob es Frost gibt, diese Nacht? Colle delle Finestre - Finestrelle - Pinerolo - Crissolo - Cuneo [30.08.97] Nein, es gab keinen Frost, am Morgen waren es 4 °C, also immer noch sehr kalt. Aber dafür konnten wir beim Frühstück beobachten,  wie die vom Sonnenaufgang herrlich rot gefärbten Bergkuppen nach und nach golden strahlten.  Langsam fuhren wir vom Paß nach Finestrelle auf 1.100 m herunter. Unterwegs konnten wir an einer Quelle unseren Wassertank  auffüllen. Das war auf 1.795 m Höhe am Rande von „Pra Catinat“. Das nutzte Bertram, um die von allerlei Viechzeug verdreckten  Autoscheiben grob zu waschen. Auf dem Weg nach Finestrelle kamen wir an der Forte Serre Marie, wahrscheinlich aus dem Mittelalter,  und einigen Verteidigungsanlagen aus diesem Jahrhundert vorbei. Kurz vor dem Ort sahen wir eine weitere Forte - ich schätzte 9.-  11.Jh., das laut Tafel Forte delle Valli heißen sollte. Diese Burg sei nur mit lizensierten Führern begehbar - ich fragte mich nur wie: der  Weg endete an einer offenbar ehemaligen Brücke, wo nur noch zwei verfallene Steinstege unseren Standort mit dem Burggelände  verbanden. In Finstrelle selbst spazierten wir durch einen schönen kleinen Ort, der voll verpflegt war. Dort gab es alles, vom  Lebensmittelladen über den Metzger bis hin zum Küchenstudio. Wir tätigten unsere Wochenendeinkäufe in dem schönen Städtchen,  bevor wir im dortigen Café unseren morgendlichen Cappuccino tranken. In dem Café fand ich Prospekte über die gigantische Feste  Forte di Fenestrelle, deren oberen Teil ich kurz zuvor ins Mittelalter einstufen wollte.       „Die Festung Fenestrelle entstand als mächtige Barriere aus Fels und Mauerwerk. Sie steigt 3 km in direkter Linie zur Catinat Hochebene  auf. Der Höhenunterschied beträgt 635 m. Insgesamt erstreckt sie sich über eine Fläche von 1,3 Millionen m². Die Festung ist eine  Ansammlung von Fluchtplätzen und Festungen (Forte San Carlo, Forte dei Tre Denti, Forte delle Valli). Miteinander verbunden sind sie durch  diese bewundernswerten und grandiosen Treppen, die mit über 4.000 Stufen (viel Spaß beim Zählen!) von der San Carlo Festung bis zur Forte  delle Valli hinaufsteigen. ... Mit den Bauarbeiten wurde 1727 begonnen; die aus Fels geschlagenen Steine kamen aus Perosa, die Ziegel aus  Pinerolo, während der Zement vor Ort hergestellt wurde; 1837 abgeschlossen.       Die Festung wurde nie belagert, noch wurde sie je zum Zentrum einer Schlacht, trotzdem war sie an allen wichtigen Ereignissen der  Geschichte beteiligt. Sicher hatte sie eine abschreckende Wirkung. Es ist kein Zufall, daß 1747 die Assietta Schlacht in dieser Höhenlage  stattfand. Die Drohung, die von Fenestrelle ausging, zwang die französisch-spanische Armee, sich in höchste Höhen zurückzuziehen. ... Auch  nach dem Ende der napoleonischen Zeit bleibt die Festung weiterhin bedeutendes Militär- und politisches Gefängnis. 1860 wird Fenestrelle zu einem Konzentrationslager. Die Gefangenen sind Soldaten Napoleons und Paptisten, die von den Piemontesen aufgegriffen wurden. ... Der  Winter in Fenestrelle dauert zehn Monate und man kann sich vorstellen, wie die an ein gemäßigteres Klima gewöhnten Gefangenen gelitten  haben.      Noch bis 1910 diente die Festung als Staats- und Militärgefängnis. Ab 1920 setzt der unaufhörliche Zerfall ein: die Festung wird zum Lager  für die Artillerie, Versteck der Partisanen, um schließlich sich selbst überlassen zu werden.“ [Auszug aus Prospekt „Le Fenestrelle - Ein Gigant erwacht zu neuem Leben]  Ein Rundgang innerhalb der Festungsmauern dauert laut Prospekt ca. drei Stunden. Diese Zeit hatten wir nicht. Aber von außen war  die Festung so gigantisch, daß wir sie nicht mal komplett auf ein Foto bekamen. Wir fuhren deshalb in den Ort Chambons, von wo aus  der terrassenförmige Ausbau wunderbar zu sehen war. Gegen 13 Uhr picknickten wir im Grünen auf der Fahrt nach Pinerolo in der Nähe des Ortes Passoir Silveggio. In Pinerolo kamen wir  zur Siestazeit an. Dadurch war die ganze Stadt wie ausgestorben, alle Läden und Kirchen geschlossen. Ein Stadtrundgang verschaffte  uns einen Eindruck vom „Nizza des Piemont“, wie Pinerolo aufgrund seines milden Klimas genannt wird. Auf der Straßenkarte entdeckte ich das Valle Po, in dem die Quelle des Flusses Po liegen soll. Das ließen wir uns nicht entgehen und  machten einen Abstecher ins Po-Tal und zurück in die Alpen. Von dem Quellort soll man einen schönen Blick auf den Monviso haben.  In Crissolo war die Fahrt für uns leider zu Ende. Die Straße nach Pian del Re war für Wohnmobile zwischen 14 und 19 Uhr verboten;  wir waren gegen 16 Uhr dort. Die Straße ist offenbar so schmal, daß zwei Mobile nicht aneinander vorbeipassen. So kann man früh  rauf und nachmittags wieder runter fahren. Ärgerlich, aber leider nicht zu ändern. So kamen wir wenigstens zu einem kurzen  Spaziergang durch den Touristenort, planschten am Po und Bertram war auf der Jagd nach unbekannten Heuschreckenarten, die sich  gut zu tarnen wußten.  Auf der Weiterfahrt nach Cuneo erschienen vor uns die Meeralpen Richtung Ligurien und Mittelmeer. In Cuneo übernachteten wir auf  einem normalen Parkplatz, jedoch etwas abseits von der Hauptstraße, so daß die Nacht nicht so laut wurde. Ein Abendspaziergang  war absolutes Muß nach langen Fahrstrecken. Das Abendessen mußte jedoch ausfallen, da überall Coperto für 3.000 - 5.000 LIT  verlangt wurde. Coperto ist Brot und Gebäck, das auf jedem gedeckten Tisch steht, und das der Gast bezahlen muß, egal, ob er etwas  davon gegessen hat oder nicht - eine Frechheit, für nichts soviel Geld zu verlangen. In Touristenhochburgen geht der Preis dafür bis zu  10.000 LIT (entspricht etwas über 10 DM!). Offenbar war der Parkplatz das Revier der Damen des ältesten Gewerbes der Welt. Zwei  von der Sorte konnten wir beim Schlendern und Anmachen beobachten.