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Reisebericht
Es ist schon erstaunlich, wenn man die Bergwelt der Alpen und das Aostatal hinter sich läßt und hinab in die Po-Ebene und somit
nach Piemont gelangt. Weithin nur Ebene, sehr diesig (im Winter gibt es hier fast täglich Nebel) und nur am Horizont die
Einrahmung der Berge. In dem Reisehandbuch vom Michael-Müller-Verlag war auf einen See hingewiesen, der nur einen kleinen
Abstecher benötigte. Der Lago di Viverone liegt etwas abseits der Hauptroute Aosta - Torino bei dem kleinen Ort Viverone. Es ist
ein hübscher See, ländlich ruhig inmitten sanfter grüner Hügel, dahinter die Bergkette der Alpen. Von ausländischen Touristen ist
er so gut wie unentdeckt, wenn man uns nicht berücksichtigt. Aber inländische Touristen gibt es dafür um so mehr. Überall
Hotelanlagen, Minigolf- und Golfplätze und Bootshäfen. Badestrände gibt es offenbar nur an Campingplätzen. Wir nutzten das
schöne Wetter und den See, um uns am Nachmittag zu erholen. Die Liegewiese war ein schmaler Streifen zwischen Straße und
Wasser. Der Abstieg zum See und vor allem der Aufstieg zur Wiese war beschwerlich; das Wasser des Sees eher warm. Kurz: Es
muß nicht immer das Meer sein.
Gegen 17.30 Uhr machten wir uns auf den Weg nach Torino, nach Rom, Mailand und Neapel viertgrößte Stadt Italiens, unserem
heutigen Tagesziel. Die alte Hauptstadt Piemonts liegt in der fruchtbaren Ebene zwischen dem linken Ufer des Po und dem
weiten Bogen der Cottischen und Grajischen Alpen.
Torino ist Verkehrschaos pur, aber aufgrund der gegenseitigen Rücksichtnahme erträglich. Wir parkten an einem Nebenfluß des
Po. Es war sehr schwül, die Luftfeuchtigkeit lag bei über 90 %, die Temperatur gegen 21 Uhr noch bei 27 °C. Nachts war es sehr
laut, da wir direkt an einer Straße standen. Durch die tägliche Siesta von 12 - 14.30 Uhr werden die Italiener abends ab 22 Uhr
noch einmal munter, was sich auch auf den Straßenverkehr auswirkt. Gegen 5 Uhr morgens fuhr Bertram an einen Platz, den wir
auf einem kleinen Spaziergang schon gesehen hatten und der näher am Stadtzentrum gelegen war. Wir schliefen dann zwar
noch einmal ein, aber es war nicht minder laut als am alten Platz. Da stellte ich mir die Frage: Wo kann man in Torino ruhig
schlafen? Ich würde jedenfalls nicht hier wohnen wollen.
Torino [28.08.97]
Für Torino hatten wir einen ganzen Tag vorgesehen. Leider spielte das Wetter nicht mit. Es war bewölkt, bei 21 °C, trotzdem
schwülwarm, ab und zu nieselte es. Zunächst besuchten wir die Cafés „Clarina“ und „Masterclub Coffee“, um Cappuccino und
Orangensaft zu trinken. Wir sind jeden morgen in ein Café gegangen, um auch unserem natürlichen Bedürfnis nachzugehen,
denn Toiletten sind auf Parkplätzen leider nicht zu haben. Gegründet wurde Torino von den keltischen Taurinern. Ab 1720 war
Torino Hauptstadt des Königreiches Sardinien-Piemont und von 1798 bis 1814 Mittelpunkt der italienischen
Einheitsbestrebungen. König Vittorio Emanuele II. erreichte mit Hilfe Napoleons III. 1861 die Proklamation des Königreiches
Italien. Er wählte Torino zur ersten Hauptstadt dieses neuen Königreiches.
Zentrum des historischen Torino ist die Piazza Castello. Dort steht der monumentale Palazzo Madama - ein eigenartiger
Baukörper mit mächtigen Türmen, in dem Reste eines römischen Stadttores und einer mittelalterlichen Burganlage integriert
wurden. Die eindrucksvolle Barockfassade stammt vom berühmtesten Stadtarchitekten Filippo Juvara, der für zahlreiche Turiner
Bauten verantwortlich ist. Der Palast ist lt. Reisehandbuch 1992 seit Jahren wegen Restaurierung geschlossen - und ist es auch
heute noch.
Die Nordseite des Platzes begrenzt der Palazzo Reale, das ehemalige königliche Schloß. Er entstand ab 1570 nördlich des
Domes und erhielt seine heutige Form 1646-1658. Die Pfeiler am Gittertor des Schloßhofes tragen die bronzenen Reiterbilder
des Kastor und Pollux von Abbondio Sangiorgio, 1842. Als Residenzschloß diente der Bau bis 1865. Seither wird er als Museum
genutzt. Wir beteiligten uns an einer Führung in englischer Sprache durch diesen Palast. Es war gar nicht so einfach, das
Englisch mit italienischem Akzent zu verstehen, aber nach einer Weile gewöhnt man sich daran. Zu sehen sind das
Appartemento di Madama Felicita sowie 26 hervorragend ausgestattete Prunkräume, die Reali Appartementi. Prunkstück soll
aber zweifellos die königliche Rüstkammer sein, die nicht auf unserem Repertoire stand. Trotz des Nieselregens nutzten wir die
Gelegenheit zu einem Spaziergang durch den schönen Schloßgarten, dessen Blick der König jeden Morgen vom Balkon seines
Schlafzimmers aus genießen konnte; das einzige Zimmer mit Balkon im ganzen Schloß!
Der Westflügel des Palazzo und die sich angrenzende Kathedrale S.Giovanni Battista befinden sich ebenfalls in Restaurierung
und konnten deshalb nicht besichtigt werden.
Ein wenig nördlich der Kathedrale steht noch mit ihren zwei sechzehneckigen Backsteinwehrtürmen die Porta Palatina, das
vierbogige nördliche Stadttor der Römerzeit. Auch hier wurde restauriert. Schräg gegenüber, gleich links neben dem Dom, findet
man die Ruinen eines Theaters und auf der Piazza Cesare Augusto die Reste einer gepflasterten Straße aus der Römerzeit.
Unser Rundgang durch Torino führte uns nun über die Via Garibaldi, Fußgängerzone westlich der Piazza Castello, tagsüber
beliebte Flanierzone. Die dort stehende prunkvollste Kirche von Torino, SS.Martiri, hatte wie alle Kirchen während der Siesta
geschlossen. Leider. Nun spazierten wir über Torinos Prachtstraße, die Via Roma, die schnurgerade zum Bahnhof führt.
Unterwegs überquerten wir die prächtige Piazza San Carlo - eine völlig symmetrische Barockanlage mit dem 1838 entstandenen
Reiterstandbild von Herzog Emanuele Philibert und den beiden Kirchen Sta.Christina und S.Carlo - beide von Filippo Juvara
entworfen. Als ich mitten auf dem Platz stand, mir das Denkmal ansah und weitergehen wollte, stellte ich fest, daß ich mitten auf
der Straße stand. Der ganze Platz war Straße. Da gab es nicht einen Fußweg. Naja, ging ja alles gut. Weiter gings zum großen
Parco del Valentino am linken Ufer des Po. Dabei kamen wir an einem israelitischen Tempel vorbei, der mit seinen
Zwiebeltürmchen eher wie eine Moschee aussah. Als Bertram dieses Gebäude fotografieren wollte, wurde er von dem
diensthabenden Bewacher des Tempels zurückgepfiffen. Haben die solche Angst, daß man nicht mal fotografieren darf? Der
Parco del Valentino ist der bekannteste und beliebteste Park der Turiner, der sich über eine Fläche von 500.000 m² erstreckt. Er
zieht sich am Poufer entlang und bietet seinen Besuchern Ruhe und Vergnügen. Im Park liegt der 1729 gegründete Botanische
Garten, ein wahrhaftiges Freiluftmuseum: auf 27.000 m² befinden sich Baumpflanzungen, Kräutersammlungen,
Forschungslaboratorien, ein Treibhaus und eine reichhaltige spezialisierte Bibliothek. Wir sind jedoch nicht hineingegangen; der
ganze Urlaub ist ja von Botanik geprägt. Das direkt am Po gelegene Borgo und Castello Medievale präsentiert sich als
Nachbildung einer mitteralterlichen Burg mit dem dazugehörigen Dorf. Wenn man sich den Bau genauer anschaut, fühlt man sich
in einen Disneyfilm oder ein Märchen versetzt. Mehr nicht. In einem Innenhof steht jedoch ein schön gestalteter Brunnen in der
Form eines Granatapfelbaumes.
Im Café „Caffetteria du Corso“ kehrten wir ein, als es wieder zu regnen begann. Der Cappuccino, den wir uns bestellten, war
liebevoll mit Mustern verziert, das wir gleich im Bild festhalten mußten. Auf dem Weg zum Bus kamen wir an der mächtigen Mole
Antonelliana vorbei:
„Das 167,50 m hohe „Ding“ war ursprünglich eine Synagoge (1878), dann baute sie der exzentrische Architekt Antonelli immer höher,
setzte eine Art griechischen Tempel obenauf, der wiederum von einem gläsernen Turm und einem Leuchtwerk an der Spitze gekrönt
wurde.“ [Reisehandbuch „Italien“, 1992]
Der „Eiffelturm von Turin“ bietet von der 85 m hohen, per Fahrstuhl erreichbaren, Besucheretage eine hervorragende Aussicht
über die Stadt. Für uns leider nicht, denn auch das Wahrzeichen Turins befindet sich gerade in Restaurierung - noch bis Mai
1998.
Ich mußte duschen und Haare waschen, um mich wohl zu fühlen. Also nutzten wir die Gelegenheit und nächtigten auf dem
Campingplatz Villa Rey, am rechten Ufer des Po, ruhiges Wiesengelände hoch über der Stadt, leider ohne Sicht auf Turin selbst.
Es war schön, mal wieder fließend Wasser zu spüren, Warmwasser allerdings nur auf extra Chip. Auf dem Campingplatz standen
viele deutsche Wohnmobile, unter anderem gleich 4 Stück vom VW-Bus wie unserer, jedoch mit Faltdach.
Um 20 Uhr gingen wir nobel und first class essen - im Restaurant auf dem Campingplatz. Wir kamen uns wirklich fast wie in
einem Nobelrestaurant vor. Die Tische herrlich eingedeckt, der Kellner sehr zuvorkommend und angerichtet wurde am Tisch auf
einem Beistellwagen. Wir waren die einzigen Deutschen im Restaurant, dazu drei Franzosen, einige Campinggäste aus Italien
und eine Gruppe Italiener, die offensichtlich ein Klassentreffen feierten. Es gab zwei Menüs. Bertram wählte das „Menü des
Hauses“ und ich das kleinere „Menü Turistico“. Bertram ließ mich von seiner ersten Vorspeise kosten. Das muß der Kellner
gesehen haben, denn von jeder weiteren Vorspeise bekam er zwei, so daß ich auch etwas davon hatte. Dafür mußten wir dann
das Dessert für mich bezahlen. Das war nämlich im Menü nicht mit enthalten. Wir saßen in diesem Restaurant draußen und es
war noch schön warm. Der Wein aus Asti schmeckte sehr gut. Wir wollten später in Asti solchen Wein kaufen und mitbringen,
aber es hat sich keine Gelegenheit dazu ergeben. Jedenfalls waren wir nach diesem Schmaus wie genudelt.
Gangfolge
Menü des Hauses
Touristenmenü
Vorspeise
1. Ei, gefüllt
Ravioli
2. Schinken
-
3. Gemüse
-
4. Tomatenbrot
-
Hauptgericht
Ravioli
Fleisch mit Salat
1. Gang
Reis m.Minze,Basilikum,Sahne
-
2. Gang
Fleisch mit Salat
-
Dessert
Karamelpudding
-
Getränke
Cappuccino
Cappuccino
½ Flasche Grignolino d’Asti
½ Flasche Grignolino d’Asti
½ Flasche Wasser
½ Flasche Wasser
dazu
Coperto
Coperto
24.08. - 05.09.1997
Piemont
Aosta-Tal > Torino [27.08.97]