Erstellt mit MAGIX Reisebericht 17.-22. September 2002 In einer Schlange von LKW passierten wir die Brücke über den Songwe-River, Grenzfluss zwischen beiden Ländern, und damit die  einzig vorhandene Grenze zwischen Tanzania und Malawi.  Zur Passkontrolle mussten wir persönlich erscheinen. Um 10.10 Uhr Malawi-Zeit (1 Stunde Zeitver-schiebung rückwärts) waren wir  fertig. Nun war nur noch die Straßenbenutzungsgebühr, die seit Oktober 2000 bezahlt werden muss, fällig und um 10.25 Uhr konnten wir  unsere Reise fortsetzen. Bei der Einreise mit Fahrzeugen wird zum einen eine Abwicklungsgebühr zum Abstempeln der Dokumente in Höhe von ca. 1 € fällig,  zum anderen seit Oktober 2000 eine Road Tax in Höhe von 20 US$. Zunächst kamen wir in Versuchung, diese  Straßenbenutzungsgebühr in "Schlaglochgebühr" umzutaufen. Diese nämlich traten in einen Wettstreit, wer wohl das größte von ihnen  sei. Entlang des Malawi-Sees zur Manzini-Bay Amtsprache in Malawi ist Chichewa, eine Bantu-Sprache. Als Handelssprache wird Englisch genutzt. Das Durchschnittseinkommen -  alle Armen eingerechnet - beträgt rund 200 US$ pro Jahr. Schon allein daran kann man erkennen, dass Malawi zu den ärmsten Ländern  Afrikas und in der ganzen Welt gehört.  Wir fuhren vielleicht drei Mal durch Karonga, bis wir die National Bank of Malawi fanden. So viele gibt es nämlich nicht davon. Während  Anne das Geld tauschte, vertraten wir uns die Beine, erste Eindrücke sammeln. Die Leute hier sind ebenfalls sehr neugierig, doch sie  lassen sich bereitwillig fotografieren. Nur einmal hörte ich "Give me a pen!" (Gib' mir einen Kuli.)   Karonga gehört nicht zu unserem Programm. Trotzdem genießt die Stadt historische Bedeutung. Sie war ein wichtiger Handelsplatz  zwischen dem Tanganjika- und dem Nyasa-See, außerdem lag der Ort an der geplanten Cape-to-Cairo-Strecke. Karonga war  Schauplatz der einzigen Schlacht im 1. Weltkrieg innerhalb der britischen Kolonie und Stützpunkt des mächtigsten Sklavenjägers in  Nyasaland, Mlozi, der sich selbst "Sultan von Nkondeland" nannte.  Ab Karonga wurde die Straße sehr gut. Im Reiseführer war davon die Rede, dass die Straße so gut mit Schlaglöchern gespickt sei, dass  die Autos lieber die Piste nebenan nutzen. Offenbar hat man die Straße gerade erst wieder frisch geteert.  Mit Buschpausen wird es in Malawi eng. Der größte Teil der Bevölkerung lebt auf dem Land, nur 15 % in den Städten.   Während die Polizeikontrollen in Tanzania noch unauffällig waren, hat man hier Schlagbäume auf die Straßen gestellt, wo man anhalten  muss. Bei der zweiten oder dritten Kontrolle wollte man uns wohl kontrollieren - und das heißt eigentlich, alles raus und durchschnüffeln  - , denn Anne gab uns folgendes durch's Mikrofon: "Wenn Ihr jetzt sehr zuvorkommend behandelt werdet, dann liegt das daran, dass ich  Euch gerade als Diplomaten verkauft habe. Man wollte uns kontrollieren und ich sagte dem Polizist: ‚Das geht nicht.' Da meinte er: ‚Ah,  das sind wohl alles Diplomaten?' ‚Ja, mit Diplomatenpass!'" Diplomaten dürfen nicht kontrolliert werden.... Die 80 km nach Chilumba, einem trostlosen Nest, wurden richtig abenteuerlich. Irgendwann hörte  die Teerstraße auf und war nur noch Baustelle. Willy meinte, die Straße sei zu sehr kaputt gewesen;  im Sommer 2002 gab es hier außerdem ein verheerendes Hochwasser. Nun hatte es kurz zuvor  auch noch geregnet. Der hier vorhandene Lateritt-Boden verwandelte sich dadurch in eine  Rutschpiste. Willy musste sich mächtig konzentrieren. Und trotzdem verpassten wir beinahe die  Einfahrt zur "Namyashi-Lodge", die wir gegen 14.20 Uhr erreichten. Die Wege waren sehr eng und  der Boden glitschig. Das Rangieren des Trucks auf einen festen Standplatz erforderte ebenfalls  Willy's Können.  Schon kurz, nachdem wir die Tische herausgeholt hatten, ging ein mächtiger Regenguss herunter. ½  Stunde später war alles vorbei.  Die Lodge, direkt am Malawisee gelegen, ist einfach, aber sauber. Überhaupt waren wir sehr angetan von der Sauberkeit der afrikanischen Campinganlagen und Unterkünfte. Wenn man nach Afrika fährt, schweben einem viele Vorurteile  durch den Kopf. Und so kam es, dass wir eigentlich mit einem Standard wie in arabischen Ländern gerechnet haben, nicht jedoch mit  einem teilweise europäischen. Probleme gab es in dieser Lodge lediglich mit dem Wasser für die Toilettenspülung. Das kommt nämlich aus dem See. Doch die Pumpe, die die entsprechenden Tanks mit Seewasser füllt, funktionierte nicht. Es dauerte Stunden, bis der dafür  zuständige junge Mann die Pumpe betriebsbereit hatte. Wir konnten beobachten, mit welchen einfachen Mitteln versucht wurde, die  Technik in Griff zu kriegen. So wurde z. B. der Schlauch im Sand versteckt, da er leckte.   Kaum waren wir da, wurden wir von vielen neugierigen Kinderaugen umringt. Unser Bus hatte beim Rangieren einige der noch unreifen  Mangos vom Baum gerupft. - Die Kinder hoben sie auf und aßen sie. Bertram wanderte mit Adi, der wie jedes Mal an jedem Finger  mindestens ein Kind hängen hatte (Manchmal gab es auch Streit, wer an welchen Finger durfte!), am See entlang und fand gleich  wieder Gesprächsstoff: Fast alle Dorfbewohner waren gerade damit beschäftigt, das Netz einzuholen; die Ausbeute jedoch gering. Ein  etwas größerer Wels, ansonsten nur kleine, noch nicht fortpflanzungsfähige Fische. Auf diese Art und Weise werden viele Arten einfach  vernichtet, die nirgendwo sonst auf der Welt vorkommen, weil sie im Malawisee endemisch sind. Doch was sollen die Menschen außer  Hühnern sonst essen? Wild gibt es praktisch nicht mehr. Nach dem Abendessen - es gab Nudelsuppe mit Bockwurst - saßen wir auf der Terrasse bei einen dänischen "Carlsberg"-Pils  zusammen und vergaben die "Ministerien" für unsere Diplomaten - man erinnere sich an die Verkehrskontrolle -, entsprechend ihrer  Berufe. So avancierte Bertram z. B. zum "Umweltminister" und ich kam eben vom "Bundesrechnungshof", Regina als Kassiererin einer  Sparkasse wurde "Finanzminister" und Anne, die Reiseleiterin, "Bildungsministerin"... Ab 18 Uhr war es stockduster. Durch die Zeitverschiebung 1 Stunde früher als in Tanzania. Man denkt dabei um 20 Uhr, es wäre bereits  Mitternacht.  Chilumba - Nkhotakota (470 km)  Durch die Zeitumstellung waren wir alle eine Stunde früher fertig als sonst. Nur das Frühstück gab's erst zur gewohnten Zeit um 7 Uhr.  Da ist der Willy auch sehr penibel. Wehe, man kam 5 Minuten vor 7 Uhr mit der Kaffeetasse an. Da wurde er ungehalten und meinte  "Habe ich schon geöffnet?" Damit war seine Küchenplane gemeint, die er hochschlug, wenn er soweit war. - "Na also!" Ich hatte vom  gestrigen Bier einen furchtbaren Brummschädel, dabei waren es nur 0,33 l. Erst eine Paracetamol führte zur Besserung. Wahrscheinlich  bekamen mir die Inhaltsstoffe nicht. Ist ja schließlich ein weiter Weg, den das Bier bis hierher zurücklegen muss. Malawi besitzt keine  eigenen Brauereien. Die anfänglich starke Bewölkung besserte sich bald und später hatten wir herrliches Sonnenwetter. Unser fast reiner Fahrtag führte uns zunächst zurück auf die Baustellenstraße. Immer noch war der Laterittboden Matsch und  Schmierseife in einem. Zwei LKW steckten im Schlick fest und mussten erst mittels Raupe herausgezogen werden. Wir wählten heute die Inlandsroute gen Süden. Man glaubt kaum, dass Malawi so ein herrlich  grünes Land ist. Das hängt von der unterschiedlichen Oberflächengestalt Malawis ab. Der Norden,  durch den wir jetzt kamen, befindet sich in einer Grabensenke, daher ist die Landschaft hier richtig  tropisch. Das wurde mir auf der landschaftlich sehr schönen Strecke, der Panoramastraße zwischen  Chilumba nach Nkhata Bay, erst so richtig bewusst. Und die Leute - alle sind so nett, die Kinder -  und auch die Erwachsenen - winken lächelnd, und wir winken zurück. Bleiben wir einmal stehen,  bildet sich sofort eine Traube Kinder um unseren Bus. Komischerweise muss es sich  herumsprechen, denn manchmal kommen sie Hunderte Meter gelaufen, um uns zu bestaunen. Nur  hatten wir einen Reisegast dabei, der Ludwig, der Anne das Reiseleiten nicht leicht machte. Er hatte  nämlich eine ganze Tasche Bonbons mitgebracht. Er machte den Fehler, stets nur einem Kind etwas zu geben, dann zankten sich die anderen. Obwohl Anne ihn mehrmals ermahnte, dies nicht zu tun -  er konnte einfach nicht hören. Ja, er warf sogar Bonbons aus dem Busfenster! - Das ist nicht nur eine völlige Erniedrigung der  Menschen hier, sondern auch gefährlich, denn die Kinder versuchen, so viele Bonbons wie möglich zu ergattern - und geraten vielleicht  letzten Endes noch unter den Bus. Manche Leute sind eben unbelehrbar.   Erster Fotostopp an der Zuwurufu-Hängebrücke, eine der letzten vorhandenen Bambus-  Hängebrücken. Früher waren solche Hängebrücken im Norden häufig, nach und nach wurden sie  jedoch durch Stahl- und Holzkonstruktionen ersetzt. Die Brücke sah recht wacklig aus, obwohl sie  mittlerweile durch ein Stahlseil gesichert wird. Anne bat uns, die Brücke aus Sicherheitsgründen nicht  zu betreten. Was gab es für ein Ärger, als der ungehorsame Ludwig und der etwas behinderte Anton  es trotzdem wagten! In der Nähe der Brücke entdeckten wir einen Korbflechter. Der alte Mann fanden  wir vor seiner kleinen Hütte bei der Arbeit.  Durch das teilweise über 1.500 m hohe Hochland ging es weiter nach Mzuzu [65.000 Ew.; 1.300 m  NN]. Hier hatten wir 20 Minuten Zeit für einen Spaziergang über den Markt. Hauptsächlich Second-  Hand-Ware-Kleidung war hier zu haben. Wahrscheinlich aus Kleidersammlungen von zuhause. Die  Leute hier wollten uns zwar auch ihre Waren verkaufen, sind aber bei weitem nicht so aufdringlich  wie in Tanzania. Ein "Nein" wird hier tatsächlich akzeptiert. Ich sah ein paar junge Mütter, ihren Nachwuchs im Tragetuch auf dem  Rücken. Die Babies hatten allesamt Wollmützchen auf. Im Supermarkt deckten wir uns nachher wieder einmal mit Lebensmitteln ein.  Und wir entdeckten ein paar "Mzungas" - Weiße/Fremde. Touristen sind in Malawi recht selten.   Von Mzuzu aus fuhren wir über die "Bananaroad" wieder hinab zum See. Dabei filmten und fotografierten wir eine von vielen  Brückenüberfahrten. Die Teerstraße wird dann einspurig ("Single Road ahaed") und führt auf einer knarrenden und quietschenden  Holzbrücke über den Fluss. Es gibt kein Geld, Brücken zweispurig zu bauen. Außerdem führen die Flüsse hier oft Hochwasser -  Holzbrücken sind billiger als Teerbrücken. Nkhotakota, die größte Siedlung im traditionellen Stil im südlichen Afrika, ließen wir aus; irgendwie hatte Willy Probleme, die Zeit  einzuhalten. Einst war der Ort der bedeutendste Umschlagplatz für Sklaven am Malawisee und damals vermutlich auch das größte Dorf  Zentral- und Südafrikas. 10.000 Sklaven wurden jährlich durch Nkhotakota geschleust. David Livingston campte 1863 unter einem  Baum, der heute noch stehen soll. Unser Mittagspicknick gab es ¾ Stunden bis 14 Uhr in einer Kautschukplantage. Auch hier dasselbe Schauspiel: Kaum waren wir da,  kamen von überall Kinder (ab 2 Jahre) und scharten sich um uns. Diese hier hatten selbst gebastelte Kautschukbälle in den Händen.  Zwei Mitreisende kauften je einen solchen Ball - später stank der ganze Bus nach altem Fisch. Der Vorschlag, die Bälle tagsüber in den  Kabinen aufzubewahren, kam bei niemandem gut an. Als wurden die Bälle für den Rest der Reise kurzerhand in ein Staufach des  Busses verbannt. Nächster Stopp am Dombas-River. Hier hatte das verheerende Hochwasser 1999 die Straßenbrücke weg geschwemmt. Und auch die  Ersatzbrücke fiel 2001 dem Regen zum Opfer. Die jetzige Brücke ist ein Notbehelf. Noch bis vor einem halben Jahr konnte die Strecke  nicht befahren werden. Auch das Sofi-ROTEL (Anm: Am 21.6.2001 gab es eine totale Sonnenfinsternis im Südlichen Afrika) musste  letztes Jahr die weitläufige Umleitung über Lilongwe nehmen. Aus diesen Gründen sind auf solchen Reisen die schon erwähnten  Puffertage unerlässlich. Auch die Brücke über den Boma-River hatte etwas Abenteuerliches an sich.   Und noch etwas konnten wir auf der heutigen Strecke beobachten: In Malawi gibt es kaum motorisierten Verkehr. Die Menschen sind zu  arm, um sich ein Auto leisten zu können. Wer Glück hat, ist stolzer Besitzer eines klapprigen Fahrrades. Ansonsten ist man  kilometerlang zu Fuß unterwegs. Zum nächsten Markt, zur Schule oder auch nur zur Kirche. Das Leben findet an der Teerstraße und auf  den Feldern statt. Auch die Märkte. Hunderte von Menschen sitzen im Staub der Straßenrändern und vor ihnen Obst, Gemüse,  Haushaltgegenstände und Kleidung. Dann müssen sich die Autos regelrecht durch die Menschenmassen zwängen. Erst mit Sonnenuntergang, gegen 17.30 Uhr, erreichten wir den Campingplatz "Sani Beach Resort". Auf der 4 km langen Zufahrtsstraße  waren wir das einzige ROTEL seit 2 Jahren, was hier vorbeikam. In der Zwischenzeit waren die Zweige der Mangobäume  nachgewachsen und hingen so niedrig, dass einige von ihnen daran glauben mussten, als wir mit unserem 4 m hohen Bus vorbeifuhren. Auch dieser Campingplatz 10 km südlich von Nkhotakota hat nur für ein paar Stunden am Tag per Generator Strom: von 17.45 - 21 Uhr.  Danach liegen Duschen und Toiletten im Dunklen. Nur eine Kerze im Gang. Wenn man sich entsprechend einrichtet und mit einer  leistungsstarken Taschenlampe ausrüstet - kein Problem. Wir aßen unser Tsatziki auch im Dunklen, nur die Hängerfunzel sorgte für ein  bisschen Beleuchtung. Kurz vor Sonnenuntergang holten die hier lebenden Fischer ihre Fänge ein, um sie zu einer warmen Mahlzeit zu  verarbeiten; manchmal die einzige am ganzen Tag. Gefischt wird oft in Strandnähe. Dabei werden auch die kleinen, noch nicht  fortpflanzungsfähigen Jungfische weggefangen, wodurch der Fortbestand vieler Arten stark bedroht wird.  Mit Anne und Willy trafen wir uns später wieder in der Bar. "Bar" ist eigentlich schon zu hoch gegriffen. Denn das Bier lag in einer  Kühltruhe und das war's. Es gab gerade genügend Bier für uns alle da - aber wehe, du wolltest mehr - es war aus. Also waren wir kurz  vor 9 Uhr schon wieder zurück am ROTEL; zuvor hörten wir uns noch ein paar Reiseerlebnisse von unserer Crew an. Da kommt so  manches Abenteuer zusammen... Hier wussten wir noch nicht, dass auch wir ein Abenteuer erleben sollten... Während ich noch unsere Erlebnisse schrieb, lauschte ich den Gesängen der Kinder nebenan im Dorf. Die Leute hier sind sehr arm,  aber irgendwie auch glücklich. So hörten sich auch die Kinderreigen an. Copyright © 2003 Regine Werle. Alle Rechte vorbehalten