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Reisebericht
.Montag, 12. November 2001 (Santiago de Chile - Rio de Janeiro, ca. 50 Bus-km)
Um 12.30 Uhr erreichten wir den Flughafen Aéropuerto Internacional Arturo Merino Benítez. Von hier aus sollten wir - lt. Programm -
Stopover Rio de Janeiro nach Frankfurt fliegen. Doch seit ROTEL uns die Flugzeiten mitgeteilt hatte, wurden diese 'zig mal geändert.
Neuerdings fliegt VARIG nicht mehr von Rio nach Frankfurt, sondern nur noch über São Paulo. Deshalb bekamen wir ständig neue
Zeiten und Flugnummern mitgeteilt. Am Schalter fragte Jürgen - auf unser Drängen - auch nach den Rückflügen nach Frankfurt, die
ebenfalls verschoben worden waren. Dabei erfuhren wir, dass es nochmals eine Änderung gäbe. Angeblich ließe der frühere Flug zu
wenig Umsteigezeit. Na toll, was kommt denn noch alles auf uns zu!? Der Ausflug nach Rio lohnte sich ja schon so kaum mehr - er war
ja auch als Stopover auf der Strecke Santiago - São Paulo - Rio - Frankfurt geplant. Da es keinen Direktflug Rio - Frankfurt mehr gab,
mussten wir sowieso schon nach São Paulo zurück! Durch die erneute Änderung war die Zeit in Rio nochmals kürzer geworden! So
hätten wir auch gleich einen Tag früher direkt von São Paulo nach Frankfurt zurückfliegen können.
Am Check-In-Schalter dann noch eine Überraschung: angeblich war unser Regenstab zu groß fürs Handgepäck und musste extra
aufgegeben werden. Da er sehr zerbrechlich und sperrig war, packte man ihn in einen Riesen-Karton - und somit wurde er zum
Sperrgepäck! So ein Schwachsinn...
Boarding Time sollte 13.45 Uhr sein - aber es war keine VARIG-Maschine da und wir starteten erst um 15.30 Uhr - da hätten wir auch
gleich unseren ursprünglichen Flug um 15.35 Uhr nehmen können! Durch die von VARIG oder Höltl (?) umgebuchten Flüge bekamen
wir nur noch Restplätze, die dann alphabetisch vergeben wurden. Dadurch hatten wir auch keinen Fensterplatz, einen bekam
Mechthild Wulf als Letzte im Alphabet. Da sie auch Videofilmerin war, konnte Bertram nur an ihr vorbei bzw. über sie hinweg
wenigstens ab und zu einmal kurz die Landschaft unter uns filmen. Man konnte einen großen See (vermutlich die Laguna Mar Chiquita
bei Córdoba/Argentinien) und später dann einen breiten Mäander-Fluss (vermutlich den Río Paraná) erkennen. Ich hatte Gangplatz
und konnte überhaupt nichts sehen.
Im Flugzeug wieder eine Überraschung: wir sollten bereits in São Paulo die Einreise- und Zollformalitäten für Brasilien machen, da der
Weiterflug ein Inlandsflug war - wie sollten wir das in ¾ Std. schaffen, wenn wir dazu das Flugzeug verlassen müssen!? Um 19.25 Uhr
Ortszeit (18.25 Uhr Chile-Zeit) Landung in São Paulo. Stark bewölkt und 20 °C. Nun sagte der Chef-Stewart, wir könnten doch an Bord
bleiben. Um 20.15 Uhr waren wir wieder in der Luft und holten den Rest der Verspätung auf, sodass wir pünktlich um 21 Uhr in
Rio de Janeiro
landeten. Auch unser Regenstock kam unversehrt an. Noch am Flughafen befreiten wir ihn von seinem sperrigen Gefängnis - und
mussten den Karton so abstellen, dass ihn niemand für eine Bombe halten konnte.
Nach dem Zoll der nächste Ärger: Von der Agentur BLUMAR war niemand da, uns abzuholen. Andere Guides regten sich über unseren
Missmut auf. Nach ½ Std. rief Bertram im Hotel OLINDA an: Wir seien zwar erst für die morgige Nacht gebucht, aber wir könnten gerne
heute schon kommen. Bertram handelte einen Taxi-Sonderpreis von 5 US$/Person für die ganze Gruppe aus und wir fuhren selbst zum
Hotel, das an der weltberühmten Copacabana liegt. Beim Einchecken die nächste Überraschung: die für morgen gebuchte Gruppe
waren nicht wir, sondern unsere Nachfolger von der Gegenreise! Für uns gab es überhaupt keine Reservierung. Trotzdem fanden sich
noch genügend Zimmer für diese eine Nacht. Nur ein Abendessen bekamen wir so spät (es war mittlerweile nach 22 Uhr) nicht mehr.
Nachdem wir unser Gepäck auf die Zimmer gebracht hatten, trafen wir uns alle, um beim ROTEL-Veranstalter Höltl anzurufen, was nun
aus uns werden sollte. Karin und Manfred übernahmen diese Aufgabe: Bei der angeblich 24 Std. besetzten Hotline meldete sich
niemand, also riefen sie bei Herrn Höltl senior an. Dieser fühlte sich jedoch in seiner Nachtruhe gestört ("Wissen Sie, wie spät es ist?"
Ja - es war in Deutschland 3 Uhr morgens, aber es war ja schließlich ein Notfall!). Wir sollten am nächsten Tag die Agentur BLUMAR in
Rio anrufen, ob die etwas für uns organisieren können. Oje, was soll das werden? Wir wussten nicht mal unseren genauen Abflug nach
São Paulo zurück! So fielen wir todmüde und völlig entnervt in die Betten und schliefen sehr schlecht. Schließlich liegt Rio de Janeiro,
eine der am schönsten gelegenen Städte der Welt, in der Regenwald-Zone und da ist es bekanntlich schwül.
Dienstag, 13. November 2001
Das Frühstück war eine Wonne - ein herrliches Buffet. Um 8 Uhr rief Bertram bei der Agentur BLUMAR an. Dort sagte man uns für 9
Uhr einen Reiseleiter namens Fabio und die Organisation eines Busses zu. Wir erfuhren, dass am 11.11. ein Fax von ROTEL-TOURS
beim Hotel OLINDA eingegangen war mit der Änderungs-Mitteilung unseres Rückfluges und der Bitte, unserem Reiseleiter Jürgen
Bescheid zu geben. Warum ging dieses Fax nicht nach Santiago, denn Jürgen kam doch nicht nach Rio! Gegen 9 Uhr traf sich unsere
Gruppe mit Fabio in der Hotelhalle. Er wusste von nichts - weil 2 ROTEL-Gruppen fast gleichzeitig gemeldet wurden, ging man bei der
Agentur BLUMAR von einer Doppelbuchung aus und hatte uns einfach gestrichen! Aber Fabio war einfach toll: er tat sein Bestes, um
uns dann doch noch einen gelungenen Aufenthalt in seiner Stadt zu ermöglichen und bügelte damit die Fehler seiner Agentur fast
wieder aus!
Um 9.45 Uhr begaben wir uns bei schwülen 26 °C mit ihm auf die Stadtführung. Die an der 4 km langen Copacabana entlangführende
2x3-Spurige Straße wird wochentags morgens bis 10 Uhr auf allen Spuren nur in Richtung Stadtmitte befahren, um den Berufsverkehr
wenigstens einigermaßen zu bewältigen. Sonn- und Feiertags ist nur die stadtseitig gelegen Hälfte für KFZ freigegeben, während die
Strandseite Fußgängern und Radfahrern vorbehalten bleibt. Übrigens gibt es in ganz Rio erstaunlich viele gute und größtenteils auch
breite Radwege.
Wir besuchten zuerst d i e Hauptsehenswürdigkeit Rios, den ZUCKERHUT. Bereits 1817 wurde der Berg von
einer Engländerin bestiegen. Seit 1912 war zunächst eine deutsche Seilbahn in Betrieb, seit 1972 befördern
italienische Gondeln die Gäste zuerst auf den Cerro Morro da Urca [230 m NN], von wo man schon eine sehr
gute Aussicht hat, dann mit einer zweiten Gondel auf den eigentliche Zuckerhut-Hügel Pão de Açúcar [396 m
NN], von den längst ausgerotteten Ureinwohnern Rios "Paud-açuqua" (spitzer Berg) genannt. Leider hatten
wir durch ein gewaltiges Tiefdruckgebiet über dem Südatlantik ziemlich schlechtes Wetter. Morgens hatte es
noch geregnet, aber mit der Zeit klarte es immer mehr auf. Gespannt beobachteten
wir den über der Stadt liegenden Berg Corcovado [704 m NN], auf den wir eigentlich
auch noch fahren wollten, um die phantastische Aussicht über Rio de Janeiro mit Zuckerhut zu genießen. Aber
die Wolken spielten nicht mit. Lediglich den Blick zur Copacabana und auf Teile der Stadt gaben sie frei, nicht
aber die Gebiete über 500 m NN. Wir konnten aber ganz gut die Baía de Guanabara sehen und auch die sie
überspannende 14 km lange Brücke Ponte Rio Niterói, die in der Mitte wegen der Durchfahrt großer Schiffe
eine lichte Höhe von 70 m hat. Ohne diese Brücke müsste man einen Umweg von
120 km entlang der Bucht einschlagen. Nach 20 min. Aufenthalt brachten uns die
Gondeln wieder hinunter.
Um 11.40 Uhr fuhr unser Bus weiter. Da der Corcovado sich immer noch bedeckt hielt, führte uns die Tour in
die Innenstadt; zunächst durch das noble Viertel Flamengo, in dem fast alle
Konsulate liegen. ¾ Std. später erreichten wir "Maracanã" (indianisch: Grüner Vogel)
- das weltgrößte Fußballstadion. FußballstadionEs wurde in der Rekordbeuzeit von
nur 2 Jahren anlässlich der in Brasilien stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft
1950 errichtet (die Brasilien dann im Endspiel gegen Uruguay 1:2 verlor!). In dem offiziell Estádio Mário Filho
genannten Rund wird 3x wöchentlich gespielt. Ursprünglich für 200.000 Zuschauer gebaut, finden heute durch
den Einbau von Sitzen und die Abschaffung der Stehplätze "nur" noch 100.000 Menschen Platz. Durch die
elliptische Form wirkt das Stadion noch heute modern, und ein Lokalderby zwischen Botafogo und Flamengo
oder ein Rockkonzert lassen die Granithügel Rios erbeben.
Im Gegensatz zu unserem ROTEL-Reiseleiter war Fabio sehr gesprächig und erzählte uns viel Interessantes.
So auch vom berühmten KARNEVAL in RIO, der 4 Tage Ende Februar-Anfang März dauert und im Viertel
Estáco de Sá an der monumentalen Paradestraße "Sambódromo" stattfindet. Tagsüber sind alle Leute auf
den Straßen, während die Nächte den Karnevalclubs gehören. In Rio gibt es sehr viele Sambaschulen, an
denen die Kinder von klein auf das Sambatanzen lernen. (Die Veranlagung dazu haben sie im Blut!) Zum
Karneval veranstalten diese Schulen einen Wettbewerb. Dabei stellen sie durch geschickte Verwendung von
Kostümen, Tänzen und Musik Geschichten (enredos) dar; stets geht es um Brasilianisches, Politik, Historie,
große Künstler und - Ökologie. Auf der 750 m langen Rua Marquês do Sapucaí vor der ebenso langen
Tribüne für 70.000 Zuschauer haben die 14 besten Sambaschulen für ihre Darbietung jeweils 80 min. Zeit, bei Überschreitung des
Limits gibt's Punktabzug. Eine Sambaschule kommt mit ca. 4.000 Leuten und 9 Wagen. Eine Jury bewertet dann die Geschichte, die
Kostüme, die Tänze, die Musik...
"Die Sambaschulen sind jeweils in alas, Flügel, unterteilt, deren Tänzer alle in denselben Farben auftreten. 4 Hauptflügel hat
jede Schule, die traditionellste davon ist die ala das baianas, der Flügel der Bahianerinnen, meist von älteren Frauen gebildet,
die mit ihren Reifröcken und überdimensionalen Turbanen ein wichtiges Element des Umzugs sind. Der porta-bandeira trägt die
Flagge der Schule, der mestre-sala ist der Zeremonienmeister und Beschützer der Flagge, die früher bei den Straßenumzügen
Ziel von 'Raubzügen' gegnerischer Gruppen war. Die riesigen carros alegóricos, die Prunkwagen, müssen ohne Motorkraft
geschoben werden. Auf dem Podest wird das prächtigste Kostüm präsentiert und die hübschesten Tänzerinnen; Prominente
genießen den Jubel aus erhöhter Position." (Merian Live "Rio de Janeiro", 2002)
14 Sambaschulen gehören zur 1. Liga, 7 weitere zur 2. Und immer die Letzte der 1. Liga steigt ab, während die Beste der 2. Liga
aufsteigt. Die Vorführungen dauern stets von 21-6 Uhr, samstags für die 2., sonntags und montags für die 1. Liga. Geprobt wird ab
Oktober, obwohl echten Sambatänzern diese Art von Tanz bereits in die Wiege gelegt wurde. Wir haben uns die Paradestraße mit der
Tribüne auch kurz angesehen, aber so leer bieten sie nichts Besonderes. Hier wurde übrigens vor fast 70 Jahren die allererste "Escola
de Samba" gegründet.
Nun kamen wir in eine Gegend, die sich in den letzten 40 Jahren kaum verändert hatte: schmale Straßen und 2-
Stöckige Häuser mit kleinen Läden und Wohnungen (heute wohnt dort aber kaum noch jemand). Leider hatten wir
keine Zeit, durch diesen Teil Rios zu schlendern; außerdem soll hier die Kriminalitätsrate besonders hoch sein.
Nächstes Ziel war die Catedral de São Sebastião (Nova Catedral - Neue Kathedrale), ein futuristischer Sakralbau,
der 1968-76 erbaut wurde. Der stumpfkeglige Betonbau - einer mexikanischen Pyramide nachempfunden - hat
eine Höhe von 80 m und fasst 25.000 Gläubige, davon allerdings 20.000 Stehplätze. So voll war die Kathedrale
allerdings nur ein Mal: 1991, als Papst Johannes Paul II. hier die Messe las.
Brasiliens Schutzheilige ist APARECIDE, eine Statue von dunkler Hautfarbe aber keine Negerin. Die Statue lag
längere Zeit im Schlamm am Grund eines Gewässers und als sie wieder geborgen wurde, hatte sie die dunkle
Farbe angenommen. Sie steht deshalb für die Toleranz aller Menschenrassen untereinander, was gerade im
Schmelztiegel Brasilien besondere Bedeutung hat!
Vor der Neuen Kathedrale steht das 1750 eingeweihte Aqueduto da Carioca. Damals befand sich das 64 m hohe und 270 m lange,
aus Ziegel- und Natursteinen, Kalk und Waltran erbaute Aquädukt noch außerhalb der Stadtgrenzen Alt-Rios und war für die
Wasserversorgung unerlässlich. Über das Aquädukt fährt seit der Elektrifizierung 1898 "Bonde", eine türlose, museumsreife, und eine
der letzten Straßenbahnen Rios überhaupt, an der die Schwarzfahrer auf den Trittbrettern stehen - man muss nur für Sitzplätze zahlen.
Die Tram beförderte bereits 1877 Fahrgäste, damals noch mit Eseln. Früher hatte die Stadt 400 km Straßenbahngleise. In den 1960er
Jahren wurden diese wegen ihrer Behinderung des Autoverkehrs zugunsten stinkender Dieselbusse aufgegeben, heute jedoch denkt
man ernsthaft über eine Wiedereinführung nach (wie in Strasbourg schon geschehen).
Dem Stadtteil Cinelândia gaben die Kinos seinen Namen. Er war lange Zeit Treffpunkt der Künstler, Intellektuellen und Politiker. Alle
politischen Demonstrationen enden vor den Stufen des als Opernhaus genutzten, am 14.07.1909 eröffneten und im Stil der Pariser
Oper erbauten, Teatro Municipal und der Straßenkarneval erlebt hier seinen Höhepunkt.
Mit dem Besuch des Corcovado wurde es nun definitiv nichts mehr, da er immer noch wolkenverhangen war. Der Name bedeutet
Kamelhöcker, was in seiner Form begründet ist. Ursprünglich gab es nur eine Bahnlinie hinauf, die seit 1884 bis 1912 mit Dampfloks
betrieben wurde. Seither fährt sie elektrisch, die älteste elektrifizierte Strecke Brasiliens. Natürlich gab es schon damals die herrliche
Aussicht, aber die Christusstatue fehlte; sie wurde erst 1927-1931 errichtet und am 12.10.1931 geweiht. Reiche Katholiken hatten die
innen aus verklebten Specksteinen und außen betonierte Statue ‚Cristo Redentor' gespendet. Der Kopf ist eine polnische Arbeit. Die
Statue ist 38 m hoch, 700 t schwer und hat eine Breite von Finger zu Finger von 28 m. Sie blickt auf den Eingang der Barabara-Bucht.
Die rechte Hand zeigt zur Südseite mit dem Strand Ipanema. Ein 1,6 km langer Tunnel führt unter dem Corcovado durch.
Um 14.30 Uhr waren wir am 1 km langen São-Conrado-Strand, einer der schönsten Strände der Stadt im neuesten Stadtteil Rios, und
hatten Freizeit bis 15 Uhr. An diesem und auch am Ipanema-Strand stehen nur Wohnhäuser, lediglich ein Hotel. Dagegen gibt es an
der Copacabana fast ausschließlich Hotels. Kurz bevor wir um 15.20 Uhr unseres erreichten, erblickten wir ganz kurz, für einen
Augenblick, die Christusstaue. Bis 16.20 Uhr warteten wir im Hotel. Dann brachte uns der Bus zum Flughafen "Santos Dumont", wo
man 3 Std. vor Abflug erscheinen musste. Und tatsächlich: von weitem sahen wir dann doch die Statue länger aus den Wolken
herausschauen.
Copyright © 2002 Regine Werle. Alle Rechte vorbehalten
Teil 3: Brasilien
Auf der Panamerikana von Quito nach Santiago de
Chile - und stopover Rio de Janeiro zurück
12. - 14. November 2001