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Reisebericht
Schon Monate vor Reisebeginn waren wir mitten in den Reisevorbereitungen. Und sechs Wochen vorher begaben wir uns zum
Tropeninstitut zur Beratung wegen eventuell erforderlicher Impfungen für Mexiko. Gegen Malaria erhielten wir ein Notfallpaket.
Schließlich fahren wir in der Trockenzeit quer durch das alte Land.
Es fiel uns nicht leicht, die Kleidung für zwei Wochen zusammenzustellen. Einerseits sei es in Yucatan heiß, andererseits sind kurz
vor unserem Urlaub in Nordmexiko bzw. Mexiko-City mehrere Menschen bei Minusgraden erfroren. Wie wird sich "El Niño", das
Klimaphänomen, bei uns verhalten? Am Abend des 19. Dezember jedoch war alles gepackt, die Wohnung aufgeräumt und wir
reisebereit, neben dem üblichen Medizinpaket auch Wasserreinigungstabletten im Gepäck.
Von Dresden in die Karibik
Das Wetter war am Abreisetag eher regnerisch und kühl. Mit dem Airbus A320-200 gings nach Frankfurt, wo wir eine Ehrenrunde
über die Rheinmetropole fliegen durften, weil das vorhergehende Flugzeug die Landebahn nicht rechtzeitig verlassen hatte. Mit einer
Flasche "Vodka Gorbatschow" als Medizin zur morgentlichen Desinfektion des Magens bewaffnet, stiegen wir in den Jumbo-Jet
Boeing 747-400 um. Mit solch einem Riesenvogel bin ich noch nie gereist. Drei Sitze rechts, drei Sitze links und vier in der Mitte. Wir
starteten ca. um 14 Uhr. Aufgrund der Wetterverhältnisse über dem Atlantik flogen wir über Grönland bei 64°N 30°W (nördlichster
Punkt), Kanada und USA nach Mexiko-Stadt, wo wir gegen 18.35 Uhr Ortszeit ankamen. Dem Kapitän nach betrug die Temperatur
18° C, die Sicht 6 km und es herrschte böiger Westwind. Beim Landeanflug kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Obwohl
man von den Mittelplätzen normalerweise keinen Blick aus dem Fenster erheischen kann, sahen wir die Lichter der Stadt, auf beiden
Seiten von Horizont zu Horizont, soweit das Auge blicken konnte. Eine gigantische Stadt mußte das sein, die wir in wenigen Minuten
erreichen sollten; kein Wunder - sie gilt als die größte Stadt der Welt.
Nachdem sich die ROTEL-Gruppe am Flughafen gefunden hatte, erhielten wir einen ca. 20 min dauernden Transfer zum Palace-
Hotel. Das Programm sah eine Übernachtung in Mexiko-City vor. Da wir Anspruch auf ein ROTEL-Abendbrot hatten, lud unser
Reiseleiter, Peter Koller, uns in das Hotelrestaurant ein. Wir einigten uns jedoch auf ein Abendbrot in Form von Getränken, da alle im
Flugzeug ausreichend versorgt wurden. Peter’s Kommentar: "Ich kann das ja beurteilen, schließlich bin ich mit Ihnen in dem gleichen
Flugzeug hergekommen."
Am nächsten Morgen brachte uns ein Airbus A320 der privaten Fluggesellschaft "Mexicana" ab 9.45 Uhr nach Cancun. Wir wurden
bereits von unserem ROTEL-Fahrer, Erwin, und unserem Kombi-Schlafbus erwartet. Das Mobil war halb Bus, halb Schlafanhänger.
Mit einem Anhänger darf auf dem nordamerikanischen Kontinent nicht gefahren werden.
Die Fahrt nach Tulum betrug 85 km, immer Buschwald rechts und links der Straße. Linkerhand dahinter liegt das Meer, rechterhand
gibt es mit Sicherheit noch viele alte Städte zu entdecken. Das Wetter hier ist schwül und sonnig heiß. Schließlich befinden wir uns in
der heißen Klimazone "Terra Complan". Zwischendurch gab es aber auch einen kurzen Platzregen, obwohl es Trockenzeit war.
Grund dafür ist wohl "El niño". Hoffentlich bleibt das eine Ausnahme.
Am Nachmittag Besichtigung der Mayaruinenstätte in Tulum (früher wahrscheinlich: Zama - Stadt der
Morgenröte). Am Eingang der archäologischen Stätte hatten wir die Gelegenheit, die "Fliegenden Männer", die
Voladores, bei der Verehrung der Gestirne zu sehen. Fünf festlich gekleidete Totonaken-Indios klettern auf einen
ca. 30 m hohen Mast und nehmen auf dem oben angebrachten Holzrahmen Platz. Dann beginnt die Vorstellung:
Zunächst tanzt der auf einer schmalen Plattform stehende Indio und läßt die Flöte mit alten religiösen Melodien
erklingen. Auf ein Zeichen von ihm werfen sich seine vier Kameraden, an Seilen befestigt, kopfüber in die Luft.
Bevor sich die Seile langsam rotierend vom Baumstamm abgewickelt und sie die Erde erreicht haben, vollführt
jeder der Voladores 13 Umdrehungen. Die sich daraus insgesamt ergebende Zahl von 52 verweist auf den
Kalenderzyklus der vorspanischen Zeit. Mit einer kleinen Bummelbahn fuhren wir den einen Kilometer bis zur
archäologischen Stätte. Diese thront in bezaubernder Lage auf einer Kalksteinklippe 12 m über der Karibik.
Mexikos einzige Mayaanlage am Meer ist architektonisch weniger bedeutsam, beeindruckt jedoch wegen der
Schönheit ihrer Lage und zeigt die Verehrungen der Meergötter sowie die Verehrung der aufgehenden und
untergehenden Sonne.
Nachher fuhren wir auf unseren Campingplatz in Paamul, in der Nähe von Playa del Carmen, direkt an der
Karibik. Hier ist von Massentourismus noch nichts zu spüren. Sandige Abschnitte und Felsen wechseln
einander ab. Der schöne Campingplatz unter amerikanischer Leitung ist ganz auf Individualisten
eingestellt. Vor allem Amerikaner und Kanadier verbringen hier die Wintermonate. Unser ROTEL ist auch
hier eine Besonderheit und stets bewundert. Wir konnten nun unsere Schlafkabinen beziehen - Bertram
und ich hatten die Nummer "1 unten", direkt am Eingang (Vorteil: ständig Frischluft; Nachteil: viel
Begängnis, da einziger Ein-/Ausgang). Nun wurden die Kleidungsstücke für drei Tage vom Koffer in die
Reisetaschen umgeladen und die sanitären Anlagen begutachtet: Wie in Israel muß man hier darauf
achten, daß das benötigte Toilettenpapier nicht in der Schüssel, sondern im danebenstehenden Eimer
landet, um einer Verstopfung zu entgehen. Die Toilettenbecken waren die gleichen wie in Flugzeugen, nur
funktionierte der Sog nicht. Es gab jeweils 3 Duschen und 3 Toiletten in einem Häuschen, das wir uns mit den anderen Campern
teilten.
Das Abendbrot, von Erwin zubereitet, bestand - wie bei ROTEL üblich - aus einer Nudelsuppe, dazu gab es Brot und Schinken und
einen Obstsalat. Die Dunkelheit kommt hier sehr schnell, die Dämmerung dauert lediglich 20-30 min, danach, ab ca. 18.30 Uhr, ist es
stockfinster. Ein kurzer Spaziergang an den Strand der Karibik rundete den ersten Tag in Mexiko ab. Wir waren beide sehr müde und
gingen deshalb zeitig schlafen. Der Bus gehört zu den neueren und ist wesentlich höher als die anderen (4 m). Dadurch sind auch die
Kabinen geräumiger, ich konnte ohne Probleme fast aufrecht sitzen; das war im Schlafanhänger in Israel nicht möglich. Die unteren
Kabinen sind ebenfalls höher angeordnet als in alten Bussen. Daher fühlt man sich nicht "auf der Straße liegend".
Quer durch Yucatan
So wie es abends schneller dunkel wird als in Europa, wird es morgens auch schneller hell. Um 7 Uhr, als wir aufstanden, konnten wir
bereits den Sonnenaufgang beobachten. Wir haben herrlich geschlafen, vor allem tief und fest. Gegen 8 Uhr ROTEL-Frühstück; da
war die Sonne bereits draußen, die Temperatur stieg schnell an und auch die Luftfeuchtigkeit. Ohne Wind würde man es dann kaum
aushalten können. 35° C und 80% Luftfeuchtigkeit - und das nennt sich "tiefster Winter" auf Yucatan! Das Programm versprach für
heute: "Ganztägiger freier Aufenthalt am Meer zum Baden, Erholen und für Spaziergänge an der Karibik..." - und das nutzen wir
auch, um uns an die Zeitverschiebung und das Klima zu gewöhnen. Von Peter erhielten wir die Information, daß es ca. 30 min vom
Campingplatz entfernt einen kilometerlangen Sandstrand gäbe. Den wollten wir aufsuchen und unternahmen einen schönen
Spaziergang entlang dem karibischen Meer. Als wir ein kleines Fleckchen mit schattenspendender Kokospalme gefunden hatten,
nutzten wir die Gelegenheit zu einem Bad mit Spiel in den Wellen. Außerdem waren hier herrliche Schnecken und Muscheln zu
finden. Ungefähr 2 bis 2½ Stunden blieben wir dort. Als wir Hunger bekamen, beschlossen wir, in das platzeigene Restaurant zu
gehen. Am Nachmittag erholten wir uns am Bus.
Nach dem Frühstück um 8 Uhr hieß es zum ersten Mal: ROTEL abbauen. Danach begann um 9.30 Uhr die Tour durch Mexiko. Einige
der ROTEL-Reisegäste zwischen 30 und 80 Jahren wollten die nicht im Programm stehende Mayastadt Cobá (aschgraues Wasser)
ansehen. Peter ging darauf ein und Erwin fuhr uns durch den Busch, wo es zwischendrin wieder kurz regnete, dorthin. Unterwegs
kamen wir durch sehr arme Dörfer, in denen 30 bis 40 Menschen leben, für die Strom und Wasser fast schon Luxus sind. In einer
vorgezogenen Mittagspause organisierte Peter einen von uns selbst bezahlten Rundgang durch die wenig erforschten Maya-Ruinen,
die zwischen dem 6. und 9. Jh. zu den bedeutendsten und ausgedehntesten Niederlassungen in Yucatán zählten und im dichten
Urwald zwischen fünf Dolinenseen liegen. Es war schwülwarm und die Moskitos eine Plage. In Cobá begegneten wir einer von 45
"Straßen B".
Die Straßen waren zum Teil erhöht wie Dämme angelegt und bestanden aus plattgewalztem Schotter und Kalkmörtel, weswegen sie
"Weiße Straßen" hießen. Die berühmteste Pyramide, "El Castillo", gehört zur Gruppe Nohoch Mul, ca. 2
km vom Eingang entfernt. 128 Stufen führen zur Spitze der mit 42 m höchsten Pyramide in Nordyucatan.
Über der Tür des Tempels auf der Pyramide ist, dem von Tulum sehr ähnlich, der Herabstürzende Gott
auszumachen. (Man glaubt, daß er die untergehende Sonne, den Regen oder Blitz verkörpert.) Natürlich
stürmten wir die Pyramide sofort. Oben angekommen waren wir ganz schön außer Atem. Einerseits fehlte
die Kondition, andererseits sind die Stufen eben auch extrem hoch. Belohnt wurden wir durch eine
herrliche Aussicht über den grünen Urwald von Quintana Roo, aus dem nur die Spitze der 24 m hohen
Pyramide "La Iglesia" ragte, von der bisher leider nur die Frontseite vom Bewuchs befreit wurde.
Normalerweise ist in der Trockenzeit die Vegetation verdorrt und die Gebäude müßten leicht erkennbar
sein. Durch das Klimaphänomen "El niño" jedoch regnet es ab und zu, wodurch der Urwald dicht und grün
ist.
Gegen 13 Uhr ging es weiter, über Valladolid nach Chichén Itzá. Aufgrund der Zeitzonengrenze wurde uns eine Stunde geschenkt -
nun waren es wieder 7 Stunden Zeitunterschied zu Europa - und wir hatten genügend Zeit für Chichén Itzá (Brunnen der Itzá).
Erste Station auf unserem Rundgang war der Kriegertempel (Templo de los Guerreros), ein von den Itzá überbautes und erweitertes
Mayagebäude. Auf einer 12 m hohen Pyramide stehen fein verzierte Säulen, die ursprünglich ein Dach getragen haben. Der Aufgang
ist heute gesperrt. In der ungewöhnlichen Kombination von Säulenhalle und Pyramide hat der Bau den Morgensterntempel von Tula
zum Vorbild. Die unteren Wände der Pyramide, aber auch die Pfeiler ringsum, zieren Reliefs mit Darstellungen von Kriegern und
Adlern, die Menschenherzen verschlingen. Vor dem Eingang liegt eine Chac-Mol-Figur, die in Richtung Ballspielplatz schaut. Den
Eingang des Tempels, von dem heute nur noch die Wände existieren, flankieren zwei toltekische Schlangenpfeiler, während uns von
den Tempelwänden die für die klassische Maya-Epoche typischen Rüsselnasen des Regengottes Chac entgegenragen. Gleich rechts
neben dem Tempel schließt sich die Halle der tausend Säulen (Las Mil Columnas) an, dessen insgesamt
über 600 Rundsäulen früher ein Dach getragen haben sollen. Ob an dieser Stelle tatsächlich einmal ein
Markt gewesen ist, weiß niemand, doch dieser Komplex wird auch El Mercado genannt. Das
interessanteste Gebäude der Südgruppe ist das Observatorium, ein auch als Schneckenhaus (El
Caracol) bekanntes Bauwerk. Den Namen Schneckenhaus verdankt es seiner eigenwilligen Bauweise.
Um den zentralen, pilzförmigen Kern im Innern verlaufen zwei konzentrische Gänge, von denen aus eine
schmale Wendeltreppe in eine kleine Kammer in der Kuppel führt. Nach astronomischen Kardinalpunkten
ausgerichtet, wurden dort drei kleine Fenster zur Beobachtung der Gestirne in die dicken Wände
eingelassen. Das Observatorium wurde vermutlich als astronomisches Meßgebäude benutzt, um aus der
Einstrahlung des Sonnenlichtes Regelmäßigkeiten des Jahresablaufs entnehmen zu können. In der Nähe
des Observatoriums befindet sich das stark zerstörte Nonnenkloster (Edificio de las Monjas), das die Phantasie der Spanier mit
Jungfrauen für das Opferritual in Verbindung brachte. Der Rundgang führte nun zum Ballspielplatz (Juego de Pelota), ein 168 m
langes und 36 m breites Geviert, das an den Längsseiten von Mauern begrenzt ist. Er ist nicht nur der größte des Landes, sondern
zudem auch der besterhaltene. Im Zentrum ragen in 7,25 m Höhe jeweils zwei steinerne, schlangenverzierte Ringe ins Spielfeld,
durch die der Ball gestoßen werden mußte. Man spielte, mit einem Panzer aus Baumwolle und einem Kopfputz bekleidet, mit einem
Kautschukball. Im Zentrum eines großen Platzes steht die Pyramide des Kukulcán (El Castillo). Über einen Gang an der Nordseite
der Pyramide erreicht man einen im Bauch des Gebäudes befindlichen überbauten Tempel, in dem ein originaler Chac Mol auf den
Besucher wartet, der mit Jade- und anderen Edelsteinen besetzt ist. Einige wenige unserer Gruppe stellten sich an, um die Figur zu
sehen; andere kletterten in der kurzen Zeit die 91 Stufen der 30 m hohen Pyramide hinauf und wieder hinab.
"Der Tag der gefiederten Schlange: Jedes Jahr zweimal, genau am 21. März und 21. September, während der Tag- und Nachtgleiche,
vollzieht sich an der Pyramide des Kukulcán ein einmaliges Schauspiel, dem Zehntausende beiwohnen: Bei Sonnenuntergang vereinen sich
am Tempel die durch Schatten auf den Seitenwänden der Aufgänge erzeugten Schwänze der Schlangen, deren aus Stein gemeißelte Köpfe
die Treppenaufgänge säumen. es entsteht der (beabsichtigte) Eindruck, als glitte die große Gefiederte Schlange vom Tempel zur Erde hinab:
Kukulcán kündigt die Saatzeit an." [Mexikos Süden, 1995]
Letzte Station in Chichén Itzá war der Cenote de los Sacrificios (Brunnen der Opfer), ein natürlicher Brunnen von 59 m Durchmesser
und 50 m Tiefe, hervorgerufen durch den Einsturz unterirdischer Höhlen. Der Wasserspiegel liegt 20 m unterhalb der Kante. Seine
grüne Färbung erhält das Wasser durch mikroskopisch kleine Algen. Er diente den Bewohnern von Chichén Itzá zur
Wasserversorgung. Tausende von Fundstücken (u.a. Jade, Gold, Keramik) unterstrichen die Bedeutung des Cenote als Opferstätte
für den Regengott Chac, der der Legende nach in dem heiligen Gewässer gelebt haben soll. Menschenopfer waren allerdings eher
die Ausnahme.
Kurz vorm Dunkelwerden erreichten wir gegen 18 Uhr unseren Standplatz in Piste. Es war eine Wiese neben dem Hotel "Stardust".
Die Firma Höltl hatte zwei Zimmer zum Duschen reserviert, eins für 6 Männer und eins für 16 Frauen. Das gab natürlich ein Chaos,
da manche Damen unbedingt früh und abends Haare waschen und duschen mußten.
Am Heiligabend starteten wir um 8.15 Uhr in Richtung Mérida. Dort wollte unser Fahrer Erwin ein Krankenhaus aufsuchen, um seinen
schmerzenden Zeh röntgen zu lassen. Er hatte ihn vor der Reise wohl angebrochen. Obwohl sich herausstellte, daß der Zeh
tatsächlich gebrochen war, setzte Erwin gemeinsam mit uns die Fahrt fort, frisch geschient und nach Feierabend mit unbedingter
Ruhe beauftragt. Bei Tahmek stoppten wir an einem typischen Mayafriedhof, der für europäische Verhältnisse recht ungewöhnlich
aussieht, mit seinen kleinen Häuschen und bunten Farben. Dieser ist eine eigenartige Mischung aus indianischem und christlichem
Brauchtum Die ursprünglichen Beisetzungsnischen werden noch immer durch kleine Häuschen angedeutet.
Die einstige Kolonialstadt Mérida begeistert mit ihrer beschwingten Atmosphäre. Der weihnachtliche
Baumschmuck, eine Art buntes Lametta, sieht für unser Verständnis recht eigenartig aus. Zunächst
besuchten wir die doppeltürmige Kathedrale. Der wuchtige Bau entstand zwischen 1561 und 1598 aus
den Steinen der prächtigen kolumbianischen Stadt Tiho, auf deren Mauern die Spanier Mérida
errichteten. Die sich stufenartig verjüngenden Türme zeigen deutlich maurischen Einfluß, das Innere
hingegen überraschende Kargheit. Danach hatten wir Freizeit und unternahmen einen Stadtrundgang.
Der Verkehr war so dicht und der Gestank so groß, daß wir beide bald genug von der Stadt hatten. Wir
pausierten also bis zur Weiterfahrt bei einem Cappuccino im Restaurant "Pizza Bella" an der Plaza de la
Indepencia. Der Platz ist der lebendige Mittelpunkt Méridas, zu dem es Einheimische und Touristen
gleichermaßen zieht. Springbrunnen, schattenspendende Bäume, Bänke und Blumenbeete verlocken zur
wohlverdienten Pause und zum Beobachten des bunten Lebens. Wir sahen Schuhputzjungen, Luftballonverkäufer, aber auch Bettler.
Die Westseite der Plaza wird von dem filigran wirkenden, weißen Palacio Municipal (Rathaus) beherrscht, der mit seinem Uhrturm
einen harmonischen Kontrast zur gegenüberliegenden Kathedrale bildet.
Nächstes Ziel unserer Reise war Uxmal. Das Wetter hier war sehr heiß und windstill, die Hitze also kaum
zu ertragen. Nach dem Betreten des Geländes stießen wir auf die eigenartige Pyramide des
Wahrsagers/Zauberers (Templo del Enano oder Pirámide del Adivino). Der Sage nach soll das
imposante Bauwerk in nur einer Nacht hingezaubert worden sein. Tatsächlich besteht die 38 m hohe
Pyramide mit einem für die Maya-Architektur ungewöhnlichen ovalen Grundriß aus fünf Gebäudekörpern,
die innerhalb von drei Jahrhunderten dadurch entstanden, daß die vorhergehende Pyramide mit ihrem
Tempel alle 52 Jahre überbaut wurde. Zur Spitze führen zwei steile Treppen in einem Winkel von etwa
60°. Zu Füßen der Pyramide liegt das sogenannte Viereck der Nonnen (Cuadrangulo de las Monjas),
obwohl hier nie die Jungfrauen lebten, welche die Maya angeblich so gerne ihrem Regengott opferten.
Die Flügel sind auf unterschiedlicher Ebene um einen Innenhof von 65 x 45 m angeordnet, den man durch einen Bogen mit
Kraggewölbe betritt. Die Gebäudeecken werden wirkungsvoll durch die geschwungenen Rüsselnasen des Regengottes Chac
akzentuiert. Über den noch nicht ausgegrabenen, ehemals etwa 40 m langen, Ballspielplatz gelangten wir zum Haus der Schildkröten
(La Casa de las Tortugas), einem kleinen Tempel, dessen schönen Fries Rundplastiken dieses Tieres, Symbol des Wasserkultes der
Maya, schmücken. Unmittelbar daneben erhebt sich mit dem auf einer künstlichen Terrasse angelegten Palast des Gouverneurs (El
Palacio del Gobernador) eines der herausragenden Zeugnisse präkolumbianischer Architektur. Die Fassade des fast 100 m langen
Palastes ist mit einem kunstvollen Steinfries aus über 20.000 Mosaiksteinen verziert, darunter 150 Masken des Regengottes Chac.
Von hier aus konnten wir auf noch nicht ausgegrabene Pyramiden blicken. Die Archäologen waren auch am Weihnachtsabend noch
bei der Arbeit.
Kurz vor 16 Uhr brachen wir zu dem recht bescheidenen Zeremonialzentrum Kabáh (Ziselierende Hand) auf. Das
Ausgrabungsgelände wird durch die Fernverkehrsstraße MEX261 in eine östliche und eine westliche Gruppe unterteilt. In der
östlichen Gruppe markiert ein freistehender Bogen, der größte Mayabogen, den Beginn eines Sacbé, einer vormals 15 km
schnurgerade nach Uxmal führenden Maya-Straße. Auf der Westseite steht langgestreckt auf einer Plattform ruhend der Palast der
Masken. Die Fassade des 46 m langen Gebäudes ist über und über mit Chac-Masken verkleidet, insgesamt 250 an der Zahl. Jede
Maske besteht aus 30 skulptierten Einzelsteinen. Leider waren die Rüsselnasen des Regengottes in den meisten Fällen
abgebrochen. Unterhalb des Palastes befindet sich eine Zisterne, die der Wasserversorgung des brunnenlosen
Kabáh diente.
Heute übernachteten wir in der ca. 2 Stunden von Kabáh entfernten ältesten spanischen Stadt der Halbinsel,
Campeche, auf einem Parkplatz vor dem Hotel "Baluarte", direkt an einer vielbefahrenen Straße, die uns vom
Golf von Mexiko trennte. Unsere Gemüsesuppe mußten wir im Dunkeln essen, von den Straßenlaternen
geradeso erleuchtet. Wieder standen uns zwei Zimmer zum Duschen zur Verfügung, die von den duschwütigen
Damen in Beschlag genommen wurden. Wir zwei unternahmen einen Spaziergang durch die weihnachtlich
geschmückte Stadt und besuchten die Kathedrale an der Plaza Principal, die älteste Kirche der Halbinsel
Yucatán, die 1540 mit zwei mächtigen Türmen erbaut wurde. Hier hatten sich viele Familien versammelt. Ich
dachte an zu Hause und wie dort das Weihnachtsfest gewesen sei; schließlich war es zu Hause schon weit
nach Mitternacht. So war es also, das Weihnachten im fernen Land. Es war ein komisches Gefühl, am Heiligen
Abend kurzärmlig bekleidet in einer Kirche zu sitzen und nicht die übliche deutsche Tradition mit Muttis
Kartoffelsalat und Wiener Würstchen zu pflegen.
Die Sierra Madre de Chiapas
Am 25. Dezember fuhren wir bereits um 7 Uhr los, denn vor uns lag ein langer Fahrtag, der uns in das Hochland von Chiapas
brachte. Peter erzählte uns während der stundenlangen Fahrten stets etwas über Land und Leute - und ich möchte es ihm gleichtun:
Seit der Eroberung Mexikos im Jahre 1521 durch Hernán Cortés begann die Vermischung von Indianern und Spaniern... Heute
bezeichnet man etwas 80% der Mexikaner als Mestizen; ca. 15% der Bevölkerung sind Indios, die Kinder des letzten Kaisers der
von Cortés besiegten Azteken. Heute gehören sie zur ärmsten Bevölkerungsgruppe, die einstigen Herrscher des Landes. Eine
aufständige Gruppe aus Chiapas wollte mit ihren Aktionen gegen die soziale Misere in Chiapas ... protestieren.... 94 Mio. Einwohner
zählt Mexiko gegenwärtig, annähernd ein Viertel davon lebt in der Hauptstadt... etwa die Hälfte der Menschen ist unter 20 Jahre alt.
Wenn die Bevölkerung weiter so rasant wächst wie bisher, dann werden um das Jahr 2000 schon über 100 Millionen Einwohner in
Mexiko leben...
Auf dem Programm stand die Maya-Stadt Palenque, die wir am Nachmittag erreichten. Ihre Mayapyramiden gehören zu den
berühmtesten in ganz Mexiko. Besonders beeindruckend ist ihre Lage (in etwa 200 m Höhe) in dichtem Dschungel zu Füßen des
Usumacinta-Gebirges am Ufer des Flusses Otulum. Die gegenwärtige Gestalt der Ruinas de Palenque geht auf das 7. Jh. zurück.
Um 642 begannen die Maya mit dem Aufbau der riesigen Zeremonialstätte; etwa 300 Jahre später verließen sie ihren Stadtstaat –
bis heute weiß man nicht, warum...
Das Wetter spielte mit und wir hatten Sonne und ein paar Wolken. Aber es war extrem schwül, die
Luftfeuchtigkeit muß bei 100% gelegen haben, denn der Schweiß auf der Haut verdunstete nicht mehr, die
T-Shirts waren klatschnaß. Normalerweise gibt es hier nur Regen und Nebel und man läuft im 20 cm
dicken Schlick. Von der einstigen Stadt sind lediglich 17% sichtbar, der Rest der Gebäude versteckt sich
immer noch im Urwald. Hunderte von Arbeitern sind allein damit beschäftigt, die ausgegrabenen Gebäude
vom Urwaldbewuchs freizuhalten. Bis heute sind die Ausgrabungsarbeiten im Gange und werden wohl
noch Jahrzehnte fortgeführt werden müssen, um nur die wichtigsten Bauwerke freizulegen und zu
rekonstruieren.
Wir begannen unseren Rundgang beim Tempel der Inschriften (Templo de las Inscripciones), der sich
dominierend vor der dunklen Wand des Tropenwaldes erhebt. Eine steile Treppenanlage führt über acht Plattformen hinauf auf 21 m.
Unsere Gruppe wählte aber den bequemeren Aufstieg an der Rückseite. Fünf Eingänge zieren den Tempel, an dessen mittlerer
Wand insgesamt 620 Hieroglyphen prangen, die dem eindrucksvollen Gebäude den Namen gaben. Hier oben entdeckte der
Archäologe Alberto Ruz Lhuillier 1949 den Zugang zu der tief im Innern und noch unter der Erdoberfläche liegenden verborgenen
Grabkammer des Maya-Fürsten Pacal (615-683 n.Chr.), in die man heute hinabsteigen kann. Momentan waren zu viele Leute hier
oben, so daß wir die Zeit mit dem weiteren Rundgang verbrachten und es am Schluß noch einmal versuchen wollten. Von hier oben
hatten wir einen herrlichen Blick über die Gesamtanlage von Palenque. Der Rundgang führte uns über den Rio Otulum, der von den
Maya zum Teil unterirdisch durch die Stadt geleitet wurde, weiter zum Tempel der Sonne (Templo del Sol), der über einen sehr gut
erhaltenen Dachkamm verfügt. Seinen Namen erhielt das 692 errichtete Gebäude von einem Sonnenrelief, das die Rückwand des
Tempels ziert. Noch besser erhalten ist der Dachkamm des schräg gegenüberliegenden Tempel des Kreuzes (Templo de la Cruz),
der als höchst gelegener Bau Palenques überdies einen schönen Blick bietet. Fast von der Vegetation überwuchert erscheint der
Tempel des Blattkreuzes (Templo de la Cruz Foliada) unmittelbar vor dem steil ansteigenden Berghang. Erdbeben und der Zahn der
Zeit haben das Dach und Teile des Gewölbes einstürzen lassen. Über eine große Wiese mit eigenartigem Rasen aus kleinwüchsigen
Hirse-Arten (fast wie Kunstrasen) wanderten wir noch einmal über den Rio Otulum, vorbei am Ballspielplatz (Juego de Pelota), der
unter der Vegetation begraben liegt, hinüber zur Nord-Gruppe, die aus mehreren kleinen Tempeln besteht.
Vor dem Tempel des Grafen (Templo del Conde), benannt nach dem österreichischen Mayaforscher Graf Friedrich von Waldeck, der
mehrere Jahre mit seiner Gefährtin auf dem Dach des gut erhaltenen Gebäudes campierte, brachte Bertram unseren – sonst so
ernsten - Peter auch mal zum Lachen. Peter erklärte gerade mit entsprechender Gestik "... von oben nach unten...", als er zu kichern
begann. Was war passiert? Just in dem Moment, als Peter nach unten zeigte, erblickte er Bertram, der zwischen den Beinen der
anderen Rotelianer robbte und Jagd auf Insekten machte.
Unser Rundgang führte uns nun weiter zum Großen Palast (El Palacio). Er ist der größte Gebäudekomplex der Anlage. Auf einer
über 100 x 70 m langen Plattform gruppieren sich zahlreiche Bauten um vier Innenhöfe. Der vierstöckige 15 m hohe Turm war
möglicherweise ein Observatorium. Im gesamten Palastbereich, der auch Wohn- und Baderäume umfaßt, sind Reste von
Stuckdekorationen und Farbbemalungen zu erkennen. Nachher - kurz vor der Abfahrt - wagten wir einen zweiten Anlauf am Palast
der Inschriften. Der Gang hinab in die Krypta ist sehr beschwerlich und nichts für Leute mit Platzangst. Die Stufen waren sehr glatt
und feucht, so daß ich nur langsam vorankam; hinter mir drängelten und schoben die anderen. Auf der Hälfte des Weges gab ich
schließlich auf und quälte mich die glitschigen Treppen nach oben. Bertram schnappte sich meinen Fotoapparat und wagte den
weiteren Abstieg. Total verschwitzt kam er wieder zurück, in der Hoffnung, daß wenigstens das Foto der dekorierten Grab-
Abdeckplatte in dem Gedränge gelungen sei. Aber ich habe noch eine Chance, das Grab zu sehen: Eine originalgetreue
Rekonstruktion befindet sich im Archäologischen Museum in Mexiko-Stadt, das wir später besuchen sollten.
Gegen 15.30 Uhr verließ unser ROTEL die Stadt im Urwald. Zuvor mußten sich einige von uns mit einer Amerikanerin oder
Spanierin davor fotografieren lassen. Der Schlafbus aus Deutschland ist eben überall eine Sensation.
Da wir in der Schwüle mit Sicherheit nicht würden schlafen können, beschlossen Peter und Erwin, mit uns noch ein Stück in die
Berge zu fahren, nach Agua Azul (Blaues Wasser), 65 km von Palenque entfernt. Der Ort ist klein und
arm und liegt direkt am größten Wasserfall des Landes, der sich über 7 km hinzieht. Die Vegetation ist
üppig, die Wege sind an manchen Stellen recht matschig. Man geht an den zahlreichen Kaskaden
entlang und hinauf, über notdürftige Brücken und Steinplatten. Und überall 6- bis 10jährige Kinder, die
den zahlreichen Touristen hartnäckig Tacos und mickrige Bananen verkaufen wollten. Peter und Erwin
mußten erst nach einem passenden Standplatz für uns suchen. Diesen Abend mußten wir dann ohne
Strom und Duschen auskommen, nur die Batterieanlage des Busses sorgte für Licht im Gang. Bevor es
dunkel wurde nahmen wir ein Bad in einer Bucht des Wasserfalles. Puuhh, war das kalt! Dann begaben
wir uns in eines der vielen kleinen Restaurants im Dorf. Hier bekamen wir - das bei ROTEL übliche -
"Begrüßungsessen", das eine Art Weihnachtsessen war. Es gab gegrillten "Muchara", eine Barschart.
Das Restaurant war einfach, das Geschirr aus Plaste, der Service schnell und freundlich. Durch eine überdimensionale Durchreiche
konnten wir der Familie, die das Restaurant betrieb, beim Kochen zusehen. Hier in Agua Azul haben die Insekten Hochzeit. Trotz
Autan und langen Hosen konnten wir Stiche nicht vermeiden. Die Toiletten waren abenteuerlich und das Wasser bald alle. Peter
sagte, daß es bis vor zwei Jahren nur eine einzige Toilette im ganzen Ort gab, die sowohl von den Einheimischen als auch von
Touristen genutzt wurde.
Am nächsten Morgen frühstückten wir während der Dämmerung. Es war ein tolles Licht, ein unbeschreiblicher Eindruck, wie der
Nebel heraufstieg. Nach dem Abbauen konnten wir zwischen 8 und 9 Uhr die Wasserfälle erkunden. Es war herrlich! Und wieder
waren die Kinder mit den Früchten unterwegs. Und wir sahen mehrere Mahnkreuze von verunglückten Touristen, die aus Leichtsinn
oder aus eigenem Willen in den Fluten oder Strömungen ums Leben kamen. Kurz vor der Abfahrt wollte ich noch einmal eine Toilette
aufsuchen. Ich ging in Richtung der sauberen, offenstehenden Häuschen, als schon ein Junge aufsprang und auf mich zukam - hier
hatte man eben auch schon entdeckt, daß man mit Notdurft Geld verdienen kann. Ich schwenkte deshalb ab und suchte noch einmal
unser Abenteuerclo auf.
Gegen 9 Uhr verließen wir den schönen Ort in Richtung San Cristóbal de las Casas. Auf der erst 1974 erbauten Straße führte uns
der Weg durch das Land der Chamula- und Tzotzil-Indianer und durch die eindrucksvolle Landschaft von Chiapas.
Auf der Fahrt erlebten wir die verschiedensten Vegetationsgliederungen Mexikos, vom tropischen Regenwald bis zur Tierra fria.
Dazu war es wolkenlos und selbst in 1.500 m noch extrem heiß. In einem Bananenhain besuchten wir ein kleines einfaches
Straßenrestaurant. Dort probierten wir "Quesadillos". Das sind mit Käse gefüllte Tortillas. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich
einen Kolibri in natura. Es ist faszinierend, wie der kleine Vogel den Nektar aus den Blüten saugt. Dort gab es einen
Weihnachtsstern, wie wir ihn noch öfter gesehen haben, jedoch nicht so klein wie bei uns. Diese Pflanze blüht viele Monate lang. Die
Büsche erreichen Höhen von etwa 4 m. Auf der Weiterfahrt kamen wir auch durch den Ort Oxhuc, der für die mexikanische
Untergrundbewegung bekannt ist. Irgendwann erreichten wir die Panamericana, eine der Traumstraßen der Welt, die von Alaska bis
nach Feuerland hinunter führen soll.
In San Cristóbal de las Casas (Chiapa de Españoles), erste spanische Siedlung in Chiapas, hatten wir von
14 bis 17 Uhr Freizeit. Die Stadt zählt zu den schönsten Kolonialorten Mexikos. Gemeinsam mit Peter
besuchten wir die Kathedrale Nuestra Señora de la Asunción, deren Grundstein die Spanier bereits am
Tage der Stadtgründung im Jahre 1528 legten. Noch 1692 bestand der Bau vollständig aus Adobe und war
alten Quellen zufolge in schlechtem Zustand. Ihr heutiges Gesicht erhielt die Kirche erst Mitte des 18.Jh.,
wobei sich die Baumeister am Stil der Kathedrale von Antigua Guatemala orientierten... Wie im
mexikanischen üblich, prangt auch hier das Innere in üppigem Barock mit vergoldeten Altären.
Die Iglesia del Convento Santo Domingo ist San Cristóbals bedeutendstes Sakralbauwerk mit dem
Habsburger Doppeladler. Die nach Westen ausgerichtete Hauptfassade besticht durch ihren reichen floralen
Schmuck, die gedrehten Säulen und die in Nischen angeordneten Heiligenfiguren. Rund um die Kirche findet täglich ein Indiomarkt
statt, wo die Mayas ihre handgearbeiteten Waren feilbieten. Die Mayas kommen teilweise von sehr weit her, u. a. aus dem
nahegelegenen Guatemala, zu Fuß, mit Kind und Kegel, und müssen viel Geld als eine Art Wegezoll bezahlen. Und trotzdem
nehmen sie lieber das Geld als die Waren nicht zu verkaufen. Ansonsten ist es in dieser Stadt ziemlich stinkig durch den vielen
Verkehr, zu viel für die kleinen Straßen.
Unser Übernachtungsplatz war eine Wiese hinter dem Hotel "Bonampak". Dort wurden wir bereits von einigen Maya-Frauen und -
kindern erwartet, die ebenfalls ihre Handarbeiten verkaufen wollten. Es wurde eine kühle Nacht (11° C). Schließlich befinden wir uns
im Gebirge.
Am Morgen des 27.12., als wir unsere Schlafkabinen verließen, waren die Indios von gestern schon wieder da. Wir hatten ab 8 Uhr
morgens einen fast reinen Fahrtag vor uns. Laut Programm sollten wir am heutigen Tag bis nach Oaxaca kommen. Aber Peter sagte,
das wäre unmöglich und viel zu weit; deshalb wird das Programm geändert und wir würden irgendwo in der Mitte des Weges
übernachten. Wir konnten unterwegs viel fotografieren. In dem 10 km entfernten Dorf Zinacantán (Ort der Fledermäuse), Wohnort
der Tzotzil-Indianer, gab es einen großen Indiomarkt. Wir durften jedoch nur vom Bus aus fotografieren, denn hier herrscht absolutes
Fotografierverbot; ein Verstoß kann eine tödliche Situation heraufbeschwören. Die Indios bemerkten uns zwar, da unser schon sehr
auffälliges Mobil besonders auffällig langsam fuhr(!), aber sie akzeptierten uns.
Das Gebiet, das wir durchfahren, ist Land der Tsinacanteco-Indianer, deren Einheitssprache Tzotzil und erst in zweiter Linie
Spanisch ist. Die Kinder der Indios werden mindestens in den ersten beiden Lebensjahren nur getragen, da die Erde etwas Heiliges
ist. Ein Kinderwagen wäre eine Beleidigung für die 9 Erdgötter.
Bei Tuxtla Gutiérrez organisierte unser Reiseleiter eine Bootsfahrt auf dem Fluß Grijalva, der in Guatemala entspringt und über 800
km durch die Sierra Madre zum Golf von Mexiko fließt. Davon erlebten wir 25 km mit einem Motorschnellboot. (Eine Fahrt zum 40
km entfernten Damm dauert ungefähr zwei Stunden. Soviel Zeit hatten wir leider nicht.) Die Bootsfahrt durch den tief
eingeschnittenen Cañon de Sumidero gehört zu den lohnendsten Ausflügen in Chiapas. Bis über 1.000
m steigen die Wände beiderseits des aufgestauten und deshalb fjordartig wirkenden Flusses fast
senkrecht aus dem Wasser. Aufspritzendes Naß und der Fahrtwind sorgen für angenehme Abkühlung.
Mir zog es regelrecht um die Ohren, da - je weiter wir in den Cañon hineinfuhren - die Wolken zunahmen
und es zu regnen begann. Aber das Naturerlebnis war unvergeßlich. Die steilen Felsen sind mit Moosen
und Farnen bedeckt, Wasserfälle stürzen in die Tiefe und zahlreiche Vogelarten wie Kormorane, Reiher
und sogar Pelikane haben hier ihr Revier. Mit etwas Glück, das wir nicht hatten, bekommt man auch
Mini-Alligatoren zu Gesicht. An einem Felsen kann man vom Boot aus den größten Weihnachtsbaum der
Welt bewundern - von Ferne. Aus der Nähe wird ein herrliches Naturparadies sichtbar, wo sich durch den
herabrieselnden Wasserfall die seltensten Pflanzen und Orchideen angesiedelt haben. Außerdem sahen wir Spinnenaffen und
Rabengeier auf den umliegenden Bäumen. In einer Höhle, die "Farbige Höhle" genannt wird, da das Wasser im Sonnenlicht farbig
reflektiert, ist ein Altar der Guadelupe, Schutzgöttin des Wassers, aufgebaut, wohin an derem Festtag, dem 12.12., eine Prozession
per Boot stattfindet.
Zur Mittagspause rasteten wir an einem Pollo-Grillstand. Die gesamte Rotelgruppe hatte plötzlich unbändiges Verlangen nach
Hühnchen vom Grill. (Ist das ein Wunder?) Auf der weiteren Fahrt hatten wir - dank "El niño" - wieder mal abwechselndes Spiel von
Sonne und Regen. An der Grenze von Chiapas nach Oaxaca gerieten wir in eine Militärkontrolle wegen der Schweinepest. Ein
Beamter ging mit grimmigem Gesicht durch den Bus. Zum Glück wollte er nicht in die Kabinen sehen. Auf der Fahrt durch die Sierra
Madre de Chiapas konnten wir einen Blick auf den Pazifik werfen, allerdings nur von weitem. Ganz heran kamen wir auf der Reise
nicht. Noch vor der Dämmerung kamen wir am Nachtplatz an, ein Platz vor dem Hotel "San Raphael" in Zanatepec, direkt an der
Panamericana; also wieder eine laute Nacht. Am Abend besuchten wir das nebenan gelegene Restaurant, das mehr ein Trucker-
Imbiß war, und tranken einen herrlichen "zumo de limon" (frisch gepreßter Zitronensaft mit etwas Wasser verdünnt). Auf der Veranda
stand ein künstlicher Weihnachtsbaum, amerikanisch geschmückt, der dudelte pausenlos Weihnachtslieder, u. a. "Stille Nacht,
Heilige Nacht" in unvorstellbarem Tempo. Und wenn er fertig war, begann die Platte von vorn - und das die ganze Nacht durch.
Selbst noch um 4.30 Uhr morgens, als mich Bertram weckte. Wir wollten das am Osthimmel stehende begehrte Kreuz des Südens
beobachten; ein Sternbild, das man in unseren Breiten nicht zu sehen bekommt.
Von Dresden in die Karibik
Quer durch Yucatan
Die Sierra Madre de Chiapas
Die Sierra Madre del Sur
Das Hochland von Mexiko
Ciudad de México
Zurück in die Heimat
Die Sierra Madre del Sur
Die Fahrt nach Oaxaca am folgenden Tag führte uns durch den Isthmo von Tehuantepec und die Sierra Madre del Sur. Der Isthmo
de Tuehuantepec ist mit 127 km Breite die engste Stelle von Mexiko. Hier herrscht ständig ein gefährlicher Nordwind, der schon
manchen LKW von der Straße gedrängt hatte. Auch Erwin hatte ganz schön zu tun, um unser 15m-Mobil in der Spur zu halten. Nun
verließen wir endgültig das Flachland und unser Bus schnaufte die Serpentinen herauf. Wir hatten bis zum Nachmittag wieder einen
langen Fahrtag vor uns, Zeit auch mal etwas über den mexikanischen Totenkult zu erzählen:
Seinen Ursprung hat der Totenkult u. a. in der Religion der präkolumbianischen Völker, die durch die Dualität von Leben und Tod geprägt war.
Bereits die Olmeken brannten Figuren aus Ton, die zur Hälfte eine lebende Person, zur Hälfte ein Skelett darstellten. Nicht nur die Menschen
waren dem Tod geweiht, auch die kosmischen Zeitalter seiner unerbittlichen Gesetzmäßigkeit unterworfen und mit ihnen die Götter, die sich
opferten, um einen neuen Weltzyklus in Gang zu setzen. Um den erneuten Untergang möglichst lange hinauszuzögern, war es nach den
Vorstellungen der präkolumbianischen Völker notwendig, die Sonne als Sinnbild des Lebens durch das Blutopfer vor dem Untergang zu
bewahren und damit das Opfer der Götter nachzuvollziehen. Bis zum Exzeß betrieben vor allem die Azteken diesen Kult und fochten sogar
die sogenannten „Xochiyaoiotl“ (Blumenkriege) aus, die allein dazu dienten, Gefangene für das Blutopfer zu machen. So war denn auch der
Tod auf dem Altar unter dem Obsidianmesser des Priesters für die Betroffenen keine Strafe, sondern ein verdienstvoller Beitrag, für den sie
mit dem Eingang ins Paradies Tlalocan belohnt wurden. [Quelle: "Dumont", 1994]
In einer Schnapsbrennerei bei Las Majadas stoppten wir. Ein alter Mann erklärte uns, wie aus den Agaven
der bekannte Mezcal- und Sisalschnaps gebrannt wird. Peter besorgte einen ganzen Kanister Mezcal, in
dessen Genuß wir am Ende unserer Reise kommen sollten.
Am späten Nachmittag erreichten wir Mitla (Ort der Toten), eine Stadt der Mixteken-Kultur. Hier gibt es keine
besonderen Ausgrabungen, dafür ist Mitla für seine eigenartige und bewundernswerte geometrische
Gestaltung der Architektur bekannt. Mäander- und Routenmuster, steinerne Schlangen, abstrahierte
Schneckengehäuse und Zeichen lassen sich erkennen. Im Palast der Säulen (Palacio de las Columnas)
tragen die Wände der Patios und angrenzenden Räume einen Fassadenschmuck, der durch Licht und
Schatten seine unglaubliche Schönheit offenbart. Annähernd 100.000 Ziegel haben mixtekische Künstler mit
äußerster Präzision mosaikartig behauen und zahlreiche Rauten- und Mäandermuster geschaffen. Nachher fuhren wir noch in Tule
vorbei, wo wir dem "Baum Gott", einem 2.000 Jahre alten Zypressen-Baum, einen Besuch abstatteten. Einmal jährlich findet eine
Prozession hierhin statt.
Wir übernachten diese und die nächste Nacht in Oaxaca, im Trailer-Park. Hier trafen wir ein Ehepaar aus Bad Homburg, die bereits
seit 7 Monaten durch den amerikanischen Kontinent touren und noch weitere 2 Jahre vor sich haben. Am Abend organisierte Peter
zwei Sammeltaxis, die uns in das Hotel "Monte Alban" bringen sollten. Dort hatten wir einen Folkloreabend gebucht, von dem wir
nicht enttäuscht wurden. Die Gruppe führte Bauern- und mexikanische Folkloretänze auf. Es war sehr interessant. Dabei tranken wir
Sangría und frischgepreßten Orangensaft. Die Sammeltaxis brachten uns später zurück zum Trailer-Park.
Nach dem Frühstück holten uns die Sammeltaxis ab und brachten uns auf den Monte Albán, eine der großartigsten
Pyramidenanlagen Mexikos, das einzigste Kultzentrum der Zapolteken. Das Wetter war kühl, so daß wir mit dicken Pullovern
bekleidet waren. Schuld war ein aus dem Norden kommender Zyklon, der das Wetter in Mexiko-Stadt schlecht machte; wir hatten die
restlichen Auswirkungen davon. Wir erhielten eine gute Führung durch Viktor, einen einheimischen Führer, der Peter gut kannte.
Diese Stadt ist die älteste auf dem amerikanischen Kontinent. Ein Teil der Olmeken-Tempel wurde auf der
auf den Golf von Mexiko zeigenden Ostseite durch Wind und Regen zerstört. Die Westseite ist noch gut
erhalten. Für die Indios war die Ostseite die wichtigste, weil dort die immer wieder angebetete Sonne
aufgeht. Die Stadt bietet 7 Ballspielplätze, wovon wir aber nur einen sahen. 1926 wurde auf dem Mt. Albán
mit den Ausgrabungen begonnen. Wir besichtigten das "Presidencia Tumba 104", die Reste eines Hauses,
in dessen ursprünglich offenem Innenhof sich ein Grab wie eine Art Familiengruft befand. Eine Nachbildung
des Grabes kann man im Anthropologischen Museum in der Hauptstadt besichtigen. Auf dem Berg gab es
einmal 7 Brunnen zur Versorgung der Stadt mit Wasser; Regenwasser wurde nicht aufgefangen. Die
Wände der Gebäude waren bemalt. Teilweise sind Verkleidungen aus Sand, Mörtel und Kalk noch erhalten,
wo das Gebäude durch andere geschützt vor Wetter und Wind ist. In religiösen Zentren verwendete man die Farben weiß und rot.
Viktor erzählte uns, daß die riesigen Stufen der Tempel, die so schwer zu erklimmen sind, eine doppelte Bedeutung haben: einerseits
dienen sie zum Hinauf- und Herabklettern, andererseits aber auch als Sitzplatz mit Rückenlehne bei Vorführungen auf dem Platz vor
den Tempeln. Die Mexikanische Kultur und Ernährung sei eine Mischung aus spanischer und amerikanischer Kultur, erzählte Viktor.
Auf dem Monte Albán sind Blöcke mit Schrifthyroglyphen der Zapolteken zu sehen. Die Schriftsäulen bestehen aus vulkanischem
Gestein und wurden damals von weit her geholt. In jedem Tempel gibt es in der Mitte einen Altar; die Leute saßen auf den Stufen
ringsherum. Alle Gebäude sind symmetrisch auf das Zentralgebäude des Platzes ausgerichtet. Zu den interessantesten Bauwerken
des Monte Albán zählt das nördlich der Südplattform liegende Observatorium (ca. 100 n.Chr.); wahrscheinlich diente der Tempel mit
zugespitztem Grundriß zur Himmelsbeobachtung; ein Tunnel führt quer hindurch. Es ist das einzigste Gebäude, das nicht nach Osten
zeigt. Die Zapolteken lebten auf dem Hügel von Monte Albán und kultivierten das trockene Land rings um Oaxaca.
Nachdem uns die Sammeltaxis zurück nach Oaxaca gebrachten hatten, starteten wir mit "Don Pedro", wie Peter von Viktor genannt
wurde, einen Stadtrundgang. Oaxaca, die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates, begeistert wegen ihrer beschaulichen, fast
provinziell wirkenden Atmosphäre. In der Freizeit besuchten Bertram und ich das Restaurant "La Casa de la Abuela", von welchem
man einen tollen Blick über den Zócalo hat. Das kleine Restaurant liegt schön und gemütlich im ersten Stock eines Prachthauses am
Zócalo und hat ausschließlich regionale Spezialitäten auf der Karte. Wir wurden nicht enttäuscht: der Service war schnell, die
bestellten Gerichte schmeckten gut. Wir aßen "Quesilla ala plancha" (gegrillter Käse), "Chapalines" (Heuschrecken) und die "Plato de
la casa Oaxaceña" (Platte des Hauses) mit verschiedenen Fleischsorten. Als Beilage gibt es immer Tortillas. Bevor wir uns wieder mit
der Gruppe trafen, besichtigten wir noch die Santa Domingo Kirche. Die von zwei mächtigen Türmen flankierte Fassade der ab 1575
erbauten Barockkirche zeigt in Nischen postierte Heilige des Dominikanerordens. Die barocke Pracht kommt erst im Kircheninnern
zur vollen Entfaltung.
In der Nacht war es schon empfindlich kalt. Um 7 Uhr am nächsten Morgen (30.12.) begann die lange Fahrt in Richtung Puebla. Von
einem Aussichtspunkt vor den Toren Oaxacas konnten wir herrliche Morgenaufnahmen der Stadt machen. Daneben stand das
Denkmal des ersten Präsidenten von Mexiko, Benito Juárez, der Zapolteke und deshalb bei den Indios sehr beliebt war. Die Fahrt
führte uns ein letztes Mal durch die Sierra Madre del Sur bis hinauf in das Hochland von Mexiko.
Im Dumont-Reiseführer (1994) fand ich folgenden interessanten Artikel über den Kalender der Maya:
"Als Basis der Zeitrechnung diente ein in Tage aufgeteilter Zeitstrahl... in diese Geraden, die als >lange Zählung< bezeichnet wird, und die
man sich als eine ins Unendliche führende Zahnstange vorstellen kann, greift gewissermaßen als riesiges Zahnrad der zyklische Kalender
des Sonnenjahres mit 365 Tagen, der "ha´ab" genannt wird. Er ist in 18 Monate mit jeweils 20 Tagen unterteilt und einen kurzen Monat mit
nur 5 Tagen, die als unglückbringend gelten. Das Sonnenkalenderrad >bewegt< den 260 Tage zählenden, in 20 gleich lange Abschnitte von
jeweils 13 Tagen untergliederten Ritualkalender "tzolk´in". Nicht genug damit, dreht sich mit diesen ein kleines Rad mit 13 Tageskoeffizienten.
Durch diese eigenartige, wie ein Getriebe angelegte Kombination unterschiedlich langer zyklischer Kalender ergibt sich die gleiche
Tageskombination nur alle 18.980 Tage oder 52 Jahre. Dann beginnt wieder eine neue Kalenderrunde, die oftmals mit dem Bau eines
Heiligtums oder der Überbauung einer bereits bestehenden Pyramide eingeleitet wurde. Um nun auch diese Zyklen von 52 Jahren eindeutig
voneinander abgrenzen zu können, hatten die Maya den Zeitstrahl der >langen Zählung< nicht nur in Tage untergliedert, sondern überdies in
größere Zeitabschnitte: Zwanzig Tage ("k´in") bildeten einen Monat ("winal"), 18 Monate ein Jahr zu 360 Tagen ("tun"), zwanzig Jahre ein
"k´atun", zwanzig "k´atun" ein "bak´tun", also 400 Jahre zu 360 Tagen. Aus der mathematischen Aufteilung wird bereits ersichtlich, daß die
Maya sich im Gegensatz zum Dezimalsystem der abendländischen Kultur des Zwanziger-Systems bedienten, wodurch die Schreibweise für
uns verwirrend erscheint. So ist der 1. Januar 1994 nach der langen Zählung der Tag 1.865.071 nach dem Beginn der Zeitrechnung der Maya
oder 12 bak´tun (=1.728.000 Tage) + 19 k´atun (=136.800 Tage) + 0 tun + 13 winal (260 Tage) + 11 k´in. In abgekürzter Form lautet die
entsprechende Transkription 12.19.0.13.11."
Das Hochland von Mexiko
Hier ist es vom Klima her sehr trocken, und man lernt das Mexiko kennen, wie man es sich immer in der Fantasie vorstellt:
Niedrigvegetation der Trockengebiete und Kakteen en masse. Auf der neugebauten Straße nach Puebla sahen wir riesige Säulen- und
Kandelaberkakteen. Die Straße wurde erst vor ein paar Wochen fertiggestellt. Bei einem Fotostop konnten wir die tatsächliche Größe
der Kakteen kaum fassen. Mindestens 10 m Höhe weisen manche Exemplare von ihnen auf. Vom Bus aus sahen wir den Vulkan
Citlaltepetl, den höchsten Berg Mexikos. Seine Höhe läßt sich offenbar nicht genau bestimmen, denn in jedem Reiseführer steht eine
andere Zahl; wir fanden die Spanne von 5.650 m bis 5.800 m. Grund dafür ist die Aktivität des Vulkans, die ihn immer weiter wachsen
läßt.
Wir konnten ebenfalls den rauchenden Popocatépetl und den benachbarten schneebedeckten Vulkan
Ixtaccíhuatl sehen. Ihre Namen stammen aus dem Aztekischen und bedeuten "Rauchender Berg"
(Popocatépetl) und "Weiße Frau" (Ixtaccíhuatl ). Der Legende nach war Popocatépetl ein Krieger, der sich
unsterblich in Ixtaccíhuatl, die Tochter des Azteken-Herrschers, verliebt hatte. Nachdem er in den Krieg
gezogen war, starb Ixtaccíhuatl vor Kummer und Schmerz, ohne ihn wiedergesehen zu haben. Als der
Krieger zurückgekehrt war, errichtete er die beiden Berge, legte ihren Leichnam auf den einen und steckte
die Totenfackel in den anderen. Der Popocatépetl ist mit 5.452 m der zweithöchste Berg Mexikos. Obwohl
der "Rauchende Berg" zum letzten Mal 1802 ausgebrochen ist, schwebt auch heute noch oft eine
Rauchwolke über seinem 800 x 400 m großen Krater. Während wir schon in Tepotzotlan waren, stand
folgende Meldung in der deutschen Tagespresse:
"Der Vulkan Popocatépetl in der Nähe der mexikanischen Ortschaft Puebla kommt einfach nicht zur Ruhe. In der Nacht zum Freitag (1.-
2.1.98) stieß er wieder Glut und Asche aus. ...eine etwa drei Kilometer hohe Rauchsäule über dem Berg... es habe eine Eruption gegeben."
In Puebla organisierte Peter mit uns eine Stadtbesichtigung. Die Stadt versinkt im Smog und der Popocatépetl war kaum zu sehen. In
2.162 m Höhe gelegen wird Puebla, die Stadt mit den meisten Kirchen des Landes, gleich von vier, meist schneebedeckten Vulkanen
flankiert: Popocatépetl und Ixtaccíhuatl an der Westseite, La Malinche im Norden und Pico de Orizaba im Osten. Zahlreiche Häuser
sind mit handbemalten Talavera-Kacheln geschmückt. Die farbenfrohen Kacheln waren es, die der Kolonialstadt ihren frühen
Reichtum bescherten, und sie prägen noch heute ihren Charakter. Die Kathedrale ist ein wuchtiger Bau und die Schatzkammer von
Puebla. Im Inneren gibt es viel Marmor und Onyx sowie mit Blattgold verzierte Altäre. In der Stadt der Kacheln wurden auch die
Kirchen dementsprechend ausgestattet. Das Innere der 1569 errichteten Santo-Domingo-Kirche ist mit blauen und gelben
Mosaikkacheln verziert. Seitlich gelangt man in die Rosenkranzkapelle, die die teuersten Schmuckstücke beherbergt. Die Kapelle
wurde vor kurzem restauriert und zeigt prunkvolle Ornamente, die Bilderrahmen quellen über von lauter Blattgold. Allein die
Marienstatue ist 20 Mio. US$ wert. Leider war sie nicht beleuchtet, so daß die ganze Herrlichkeit der Rubine, Diamanten, Jadesteinen
... auch nicht zu sehen war. Vielen nationalbewußten Mexikanern gilt die Kapelle als das achte Weltwunder. Diese Kapelle ist bei
Feiern wie Taufen und Hochzeiten dann auch entsprechend teuer.
In der Freizeit besuchten wir den Markt und aßen im "Vittorios" zu Mittag. Wir probierten die landestypischen Speisen "Cecina de
Alixco" (Fleisch mit Rohkostsalat, Pommes frites, Reis und Linsenbrei) und "Mole poblano con pollo" (Hähnchen in einer speziellen
und für Puebla typischen pikanten Schokoladensoße).
Gegen 14.15 Uhr verließen wir die Stadt, um zwei weitere Kirchen gemäß Programm zu besichtigen. Die in Acatepec war für uns
geschlossen, da gerade ein Trauerzug hineinging und das ganze Dorf hinterher. Die Kirche in Tonantzintla gehört zu Cholula und war
mit herrlichen Stuckarbeiten versehen, die die Verehrung des Wassergottes zeigten. Es ist ein Kleinod der einheimischen
Handwerkskunst und Vorstellungskraft. Der Stuck besteht aus einer präkolum-bianischen Masse und wurde aufgeklebt. Indianische
Künstler arbeiteten fünf Jahrzehnte am reich verzierten Inneren.
Nächste Station war Cholula. In diesem Ort wurden einmal 365 Kirchen gebaut - nach dem Sonnenkalender. Heute stehen davon
noch ca. 80. Wahrzeichen ist ein riesiger, grasbewachsener Hügel, auf dessen Spitze eine katholische Kirche steht. Die Kirche wurde
von den Spaniern gebaut, die Mexiko eroberten, und ist unter dem Namen Nuestra Señora de los Remedíos bekannt. Der Hügel ist
keine natürliche Struktur, sondern die größte Pyramide der Welt. In Wirklichkeit handelt es sich um vier Pyramiden, von denen jede
über der Vorgängerin erbaut wurde. 1931 begann man in Cholula mit den Ausgrabungen. Bisher wurden über 5 km Gänge freigelegt.
7 Mio. Tonnen Material wurden benötigt, um die Pyramide zu bauen. Mit 3 Mio. qm³ war sie der größte Sakralbau der Welt. Nur die
Westseite der Pyramide ist heute rekonstruiert. Durch einen niedrigen, engen Gang - gegen Eintrittsgeld - gelangt man an die
zahlreichen Überbauungen. Wir gingen um den Hügel herum und sahen durch einen Maschendrahtzaun ebenfalls die Pyramide –
ohne Eintrittsgeld.
Wir übernachteten im Trailer-Park „Las Americas“ in Puebla mit zwei Zimmern zum Duschen. Abends war es ziemlich frisch und
nachts regelrecht kalt. Naja, schließlich befinden wir uns auf ca. 2.000 m Höhe und es ist Winter.
Am Silvestermorgen 1997 hieß es gegen 7 Uhr: auf nach Mexiko! Wir hatten wolkenlosen Himmel, aber auch eine Morgentemperatur
von –1° C! Statt wie üblich die Klimaanlage einzuschalten, lief heute die Heizung des Busses, damit wir nicht froren.
Von Puebla nach Teotihuacan fuhren wir ebenfalls über eine völlig neue Strecke, die bis vor drei Monaten noch nicht erschlossen war.
Der höchste Punkt war ein Paß in 3.200 m Höhe, in der Eiszone (Zona de los hielos). Vor 2 - 3 Jahren schneite es hier und 20 Mio.
Menschen in Mexiko-Stadt ließen alles stehen und liegen, um nach Puebla zu fahren und den Schnee zu fühlen. (Das erinnert mich
an die Erzählung meiner Grammatiklehrerin in der Sprachschule auf Malta 1994. Sie erzählte damals, daß es einmal gehagelt hatte
und alle Leute mitten im Gebet aus der Kirche liefen, um die großen Eiskörner zu fühlen. Dort kennt man Schnee und Eis genauso
wenig, denn die Temperatur sinkt im Winter kaum unter 15° C.)
Heute stand die legendäre und weltberühmte Pyramidenanlage Teotihuacán ("Wo die, die sterben, zu Göttern werden"), 50 km
nordöstlich von Mexiko-Stadt, auf dem Programm. Die Spuren dieser geheimnisvollen Priesterstadt lassen sich viele Quadratkilometer
weit verfolgen. Die heute sichtbare Anlage von 4 km² stellt nur einen kleinen, aber wichtigen Teil des einst 150 km² umfassenden
Stadtstaates dar. Das Volk der Teotihuacán (450 v. - 650 n.Chr.) gehörte zu den mächtigsten Mesoamerikas. Nachdem der Eingang
passiert ist, blickt man auf die gegenüberliegende Zitadelle (La Ciudadela). Das ist ein riesiger Raum für Tausende von Menschen als
Aufenthaltsraum mit Zuschauertribünen und ursprünglich mit rotem Stuck versehen. Hier erhielten wir eine Demonstration der
Cochinelle- und Cycalote-Laus, die gezüchtet werden, um Farbstoffe (rot und gelb) herzustellen. Der
Quetzalcoátl-Tempel zeigt die mystische Verwandlung des Jaguars in eine gefiederte Schlange. Am
Sockel des Tempels erkennt man auch die Masken des Regengottes Tláloc. Erwin, unser Fahrer, brachte
uns nachher zur Sonnenpyramide (Pirámide del Sol). Sie hat mit 222 m Breite und 225 m Tiefe eine
ähnliche Grundfläche wie die ägyptische Cheopspyramide, ist allerdings mit 63 m nur knapp halb so hoch.
Die Sonne scheint direkt in der Mitte herunter. Ich war der erste Rotelianer auf der Spitze dieser Pyramide.
Uff, habe ich geschnauft; Bertram mußte zwischendurch eine Pause machen. Die Luft war eben auf 2.500
m Höhe wesentlich dünner als in Cobá mit 0 m. Aber die Aussicht war fantastisch. Von hier oben genießt
man den besten Blick auf die gesamte Anlage. Peter erzählte später, daß die Anlage, die normalerweise
um 17 Uhr schließt, am Silversterabend bis weit nach Mitternacht geöffnet ist. Es ist Tradition, daß ganze
Familien mit Kind und Kegel die Sonnenpyramide besteigen und sich Liebe und Treue schwören, die bis in alle Ewigkeit anhält. Über
die 40 m breite "Comida de las Muertos" (Straße der Toten) wanderten wir zur Mondpyramide, ständig verfolgt von
Souvenirverkäufern. Wir erstanden für 100$ (Peso) das Paar Sonne und Mond aus wertvollem Obsidianstein. Auf der Straße der Toten
befindet sich eines der wenigen noch erhaltenen Wandgemälde Teotihuacáns: das etwa 2 m lange Abbild eines Jaguars. Die
Mondpyramide liegt ca. 1 km von der Sonnenpyramide entfernt und ist 17 m kleiner, liegt aber wegen des höheren Terrains gleich
hoch. Trotzdem waren wir oben (45 m) geschafft. Das Säulenmuster des Jaguar-Palastes bietet einen Einblick in die Grenze von
Ober- und Unterbewußtsein. der Adler ist das Symbol der Sonne; die Augen bestehen aus Obsidianstein. Entgegen allen Gerüchten
fand man bei den Ausgrabungen hier weder Jade noch sonstige Wertsteine, nur Keramik. Unsere Mittagspause verbrachten wir im
angeschlossenen Restaurant bei einer "Sopa de Azteka" (Aztekensuppe) und "Enchilladas Verde" (grüne Enchilladas).
Gegen 13.20 Uhr brachen wir nach Tula, 90 km nordwestlich von Mexiko-Stadt, auf, das wir erst am späten Nachmittag erreichten.
Der Lehrpfad mit einer herrlichen Kakteensammlung ist umrahmt von Resten der alten Stadt Tula. Im
"Templo del Tlahuízcalpantecuhtlí" (toltekisch; deutsch: Morgensterntempel) wurden bereits einige Platten
mit Motiven von Fuchs und menschenfressendem Jaguar restauriert. Hier findet man einen ähnlichen
blutrünstigen Kult wie in Chichén Itzá. Oben auf dem Morgensterntempel stehen die vier 4,60 m hohen
Steinatlanten, teils original, teils restauriert, die ursprünglich das Dach des Tempels trugen und sich heute
auf der Plattform der Pyramide befinden. Die Statuen stellen bewaffnete Krieger dar. Die erst 1938
entdeckte historische Stätte war einst für annähernd drei Jahrhunderte das religiöse Zentrum der Tolteken.
Nach dem Untergang von Teotihuacán war es, als sich der Náhuatl sprechende Stamm hier niederließ und
den Ort Tollan nannte, "Ort des Schilfrohres". Im "Verbrannten Palast" (Palacio Quemado) befindet sich
ein Innenhof mit einer Ruhebank. Offensichtlich war dies ein Aufenthaltsraum für die Krieger. Im mittleren
Hof sind gleich zwei Chac-Mool-Statuen sowie die Reste der ursprünglichen Bemalung zu bewundern. Der Palast wurde im 11. Jh.
verbrannt. Die größte Pyramide ist die des Kriegsgottes.
Unser Ziel war der Pepe-Trailer-Park in Tepotzotlan, 50 km von Mexiko-Stadt entfernt, auf 2.380 m Höhe. Hier haben die Rotel-Busse
ihren Standplatz, und das Reisebüro Höltl hat viel investiert, vor allem in anständige Sanitäranlagen. Nun war die Rotelbus-Reise zu
Ende, aber unsere Reise noch nicht. Nun hieß es Abschied nehmen von Erwin, unserem Fahrer. Er wurde bereits von seiner
mexikanischen Familie erwartet, um als Gastgeber die Verwandtschaft zu beköstigen. Erwin blieb vor 28 Jahren in Mexiko, ist mit
einer Mexikanerin verheiratet und hat 3 Kinder. Es ist üblich, mit der ganzen Familie und Verwandtschaft ins neue Jahr zu gehen, und
das von ca. 9 Uhr abends bis 8 Uhr morgens. Dementsprechend laut wurde dann auch die Nacht. Unsere Gruppe ging in das
Restaurant von Ulla, einer Schwäbin, die vor 17 Jahren nach Mexiko kam. Wir erhielten ein Menü mit einer Kaktussuppe, danach
gefüllte Enchilladas und Obstkompott. Das Restaurant ist sehr klein, aber Ullas Angestellte sehr nett. Da wir morgen einen
anstrengenden Tag vor uns haben, beschlossen wir beide gegen 22 Uhr, zum Trailerpark zurückzukehren und schlafen zu gehen. Wir
hatten uns schon um 17 Uhr Ortszeit gegenseitig "Prosit Neujahr" gewünscht. Da saßen wir noch im Bus, aber in Deutschland war es
um diese Zeit schon Mitternacht.
Ciudad de México
Mit Entsetzen mußte ich am Neujahrsmorgen feststellen, daß mein Fotoapparat den Geist aufgegeben hatte; der Verschluß von der
Rückwand war gebrochen - somit auch der Film von Teotihuacán und Tula im A.... In Mexiko konnte ich daher nicht mehr
fotografieren. Ein Glück, daß Bertram noch die Dias hat. Die beiden nächsten Tage stand die mexikanische Hauptstadt auf unserem
Programm.
Mit einem einheimischen Bus wurden wir in das Zentrum der gigantischen Stadt gebracht. Eine 10spurige Autobahn - und kein Auto
unterwegs, wo man normalerweise im Stau steht. Am 1. Januar müssen die Mexikaner offensichtlich erstmal ihren Rausch
ausschlafen. Auf der Fahrt erzählte uns Peter, daß in Mexiko die alte Aztekensprache Náhuatl gesprochen wird; viele Ortsteile und
andere Orte sind in dieser Sprache geschrieben; mit Spanisch allein kommen die Menschen hier nicht weit.
Zuerst besichtigten wir die neue Basilica de Guadelupe. Sie entstand 1976 und bietet über 20.000 Menschen Platz. Nach der
Legende soll um 1531 der aztekische Hirt Juan Diego, der am Berg, wo die heutige Kirche steht, Schafe
weidete, eine Vision gehabt haben: die Heilige Jungfrau Maria sagte ihm: "Hier mußt du eine Kirche
bauen." Um 1533 wurde die erste Kirche gebaut. Der Name Guadelupe bedeutet: Verbrennung,
Sonnengottheit. Und am 1. Tag des 17. Monats des Aztekenkalenders (nach dem alten System der
22.12.) ist der Feiertag "Tag der Guadelupe". In Mexiko gilt seit 1582 der Julianische Kalender. Somit fällt
dieser Feiertag auf den 22.12. minus 10 Tage = 12.12.. Der Segen der Guadelupe ist für die Indianer
wichtig. Deshalb bringen an diesem Tag alle Stämme ihre Guadelupe in die Basilka. Die alte Basilika ist
heute wegen Baufälligkeit geschlossen. Grund dafür ist das Sinken der Gebäude um jährlich 20 cm, da
die neue Stadt Mexiko auf der alten Stadt Tenochtitlán, die inmitten eines Sees lag, gebaut wurde. Die
daneben stehende neue Basilika hat die Form eines Nomadenzeltes, dessen Dach an einer riesigen
Metallspitze aufgehängt ist. Die Basilika wird auch "Haus der Kaiserin" genannt, da die Guadelupe Kaiserin von ganz Amerika ist.
Auf dem Berg steht noch eine zweite Kirche, die Kirche der Seefahrer, die ein Dankgebet aus Stein "Wunder der Errettung der
Menschen im Sturm" darstellt.
Mit unserem einheimischen Führer Tomás Carro fuhren wir über die Straße der Wunder zum Platz der 3 Kulturen. Hier erinnert die
an den Ruinen einer präkolumbianischen Tempelanlage angebrachte Gedenktafel an den 13. August 1521, an dem Cortés
Tenochtitlán eroberte. Es war wohl weder Sieg noch Niederlage, sondern die schmerzhafte Geburtsstunde Mexikos und seines
mestizischen Volkes. Die Ruinen gehören zum ausgegrabenen Fürstentum Tlatelolco, dessen Überreste 1969 bei den
Ausschachtungen für Sozialwohnungen gefunden wurden. Man kann die "Los Armantes de Tlatelolco", die Liebenden, 35 und 55
Jahre alt, Skelette aus der präkolumbianischen Kultur besichtigen. Auf die Kolonialzeit und damit zweite Kultur verweist die 1609
erbaute Franziskanerkirche Santiago Tlatelolco. Sie war die erste Universität Amerikas. Kaiser Karl V. erteilte die Erlaubnis zum
Lehrstuhl Latein für die Franziskaner. Am Seitenportal befindet sich ein Aztekenadler - Zeichen der Vereinigung von zwei
verschiedenen Kulturen. Die dritte Kultur verkörpern moderne Hochhäuser.
Die Besichtigungstour führte uns nun ins Zentrum der schmutzigsten Stadt der Welt mit der höchsten
Kriminalität. Hier findet man die unterschiedlichsten Architekturen. Der Zócalo ist der Ort, wo 1325
mitten im See die Stadt Tenochtitlán gegründet wurde. Hier schlug einst das Herz von Moctezumas
Reich, hier stand der Haupttempel des alten Tenochtitlán. Die darunter befindliche U-Bahn ist sehr
sauber, sicher und die gepflegteste U-Bahn der Welt mit Läden und Hinweisen auf die der Station
entsprechende präkolumbianische Zeit. Täglich fahren ca. 5 Mio. Menschen mit der Bahn, die 1,30 - 1,50
$ kostet. Mit jeweils 240 m Seitenlänge ist der Zócalo der zweitgrößte Platz der Erde, zudem der älteste
Amerikas. Er diente schon als Stierkampfarena, als Marktplatz und Hinrichtungsstätte, heute ist er riesig
und leer, füllt sich jedoch zu Staatsparaden an den nationalen Feiertagen mit Zehntausenden von
Menschen.
In den Nationalpalast (Palacio Nacional), den wir im Anschluß besichtigten, darf nicht jeder herein. Aber für die Mexikaner ist es
eine Ehre, wenn wir als Europäer in den Palast eintreten. Das Gebäude wurde 1523 auf den Fundamenten der neuen Häuser von
Moctezuma Xocoyotzin errichtet. Es war die Dienstresidenz des Eroberers Hernán Cortés. In den Unruhen von 1692 wurde das
Gebäude zerstört und 1693 mit dem Bau des heutigen Palastes begonnen. Es war der Wohnsitz der mexikanischen Könige,
Privateigentum des Cortés, Sitz der Kolonialregierung der Vizekönige und Kaiser und schließlich Sitz der Präsidenten von Mexiko.
Das Treppenhaus und die Galerie des Innenhofes haben sehr schöne Wandmalereien des mexikanischen Malers Diego Riviera. Das
erste betrachtete Bild erzählt die Legende des Quetzalcoatl - Hauptfigur, legendär und unbekannt, als Gott der toltekischen,
mayaindianischen und aztekischen Kulturen. Das Bild gegenüber heißt Klassenkampf, mit Karl Marx als Hauptfigur. Dazwischen, auf
der gesamten Treppenfront, findet man acht verschiedene Stationen der Geschichte Mexikos in einem Bild zu-sammengefaßt:
"Secuencia de la historia de Mexico" von der Gründung von Tenochtitlan 1325 bis zur mexikanischen Revolution 1910. In der Halle
befinden sich ebenfalls Wandmalereien. Eine davon ist "La Gran Tenochtitlán, 1325", "...eine panoramische Sicht des großen
aztekischen Kaisertums am See Texcoco, oben rechts die herrlichen Vulkane Ixtaccíhuatl "Die weiße Frau" und Popocatépetl "Der
rauchende Berg", in der Mitte der große Tempel mit seinen Altären, die, links, dem Gott des Regens und der Landwirtschaft "Tlaloc"
und rechts, dem Gott des Krieges "Huitzilopochtli" gewidmet sind...Die Hauptfigur ist der Huey-Tlatoani, Leiter des aztekischen
Kaisertums. Wir sehen den Tlatelulco-Markt, so perfekt wie heute..." [Auszug aus: "Kurze Beschreibung des Nationalpalastes"].
Weitere Wandmalereien zeigen u. a. Schrift und Malkunst der Azteken, Goldschmiedekunst und Federtechnik oder die
Schwimmenden Gärten auf Süßwasser zur Versorgung der Stadt.
Neben dem Nationalpalast befindet sich der Templo Mayor. Die Reste der alten Azteken-Kultur wurden beim Bau der U-Bahn 1982
entdeckt. Um diese wichtige Kultur den Menschen zugänglich zu machen, mußten auf teurem Bauland Bürohäuser weggerissen
werden. Leider konnten wir das Museum nicht besichtigen, denn es ist der 1. Januar. Und an diesem Tag haben alle Museen,
Geschäfte, Restaurants in Mexiko-Stadt und sogar der Torre Latinoamericana, von dem man einen umfassenden Rundblick über die
Stadt haben soll, geschlossen. Es gibt nur zwei Tage im Jahr, wo das so ist: am 25.12. und am 1.1. Da kann man nix machen.
In der Catedral Metropolitana war dafür um so mehr los. Es schien, als sei die ganze Stadt auf einmal zum
Gebet hier
erschienen. Eine katholische Messe an der anderen, pausenlos. Diese Kirche hat eine Baugeschichte von
fast 300 Jahren, ca. 1580 bis Anfang des 20. Jh. Heute ist sie total abgesackt. Zum Eingang mußte man
herabführende Stufen bauen, von weitem sieht man die Schräglage der Kirche. Seit zwei Jahren läuft ein
weltweiter Versuch, die Kirche innerhalb von 5 Jahren aus 20 m Tiefe wieder in die Horizontale zu bringen.
Ein Lot in der Kirchenmitte zeigt den Fortschritt an. Die kunstvollen Steinmetzarbeiten sind durch das dafür
notwendige riesige grüne Gerüst kaum zu sehen. Der Altar der Könige (Altar de los Reyes) ist riesig, besteht
aus Holz und seine überreiche Verzierung ist von unschätzbarem Wert.
Ausgerechnet an einem Tag, wo nichts geöffnet hat, haben wir mehrere Stunden Freizeit. Was macht man
da? Zuerst Picknick am Straßenrand - zum Glück hatte ich die Brötchen vom Rotel-Frühstück vorsichtshalber
eingepackt -. Langsam nahm der Verkehr immer mehr zu. An Feiertagen war das Fahrverbot für einzelne
Kennzeichenendnummern aufgehoben. Dann verweilten wir längere Zeit in der Kathedrale. Es war
interessant, die noch sichtbaren Erdbebenschäden von 1985 zu betrachten, weil wir solche Auswirkungen
eines Erdbebens schließlich nur vom Fernsehen kennen. Auf dem auf dem Zócalo stattfindenden kleinen Markt
probierten wir die mit Fleisch - ähnlich Döner - gefüllten Tacos. Später hatte sich auf dem Platz der Verfassung (Plaza de la
Constitución), wie der Zócalo heißt, eine Indianergruppe angefunden, die wunderschöne Federtänze vorführte. Schade, daß wir
keine Videokamera haben. Auf Video wirken die Musik und der Tanz besser als auf Dias oder Fotos.
Auf den Campingplatz zurückgekehrt, hieß es nun leider Koffer packen, denn morgen wird unser letzter Tag im Mayaland Mexiko
sein. Noch einmal waren wir bei Ulla essen, wo wir Erwin mit seinen Kindern wiedertrafen. Es gab diesmal "Chili con Carne" ala Ulla
mit Tortillas und Flan als Nachtisch. Wir hatten schon tagsüber Peso für Erwin und Dollar für Peter gesammelt. Frau Leisner, mit 80
Jahren "Alterspräsidentin" der Gruppe, hielt eine ergreifende Rede und übergab den beiden das Geld für die tolle geleistete Arbeit.
Erwins Sohn schnappte sich den Umschlag und sagte zu seinem Vater: "Ich bringe es sicher nach Hause." Aber Erwin ließ es sich
nicht abnehmen...
An unserem letzten Tag in Mexico nahmen wir endgültig Abschied von Erwin und seinem "PaPa 568" und bestiegen einen
Charterbus, der uns und unser Gepäck noch einmal durch die größte Stadt der Welt fuhr. Ein kleiner Umweg führte uns ins
Reichenviertel "Las Palmas", wo sämtliche Botschaften zu finden sind. Natürlich steht dieses Viertel auf einem Berg, so daß der
Smog nicht soviel schadet.
Ganze vier Stunden haben wir uns im Anthropologischen Museum (Museo Nacional de Antropología) aufgehalten. Bereits vor
dem Eingang des Museums erwartete uns eine Kostbarkeit, nämlich ein sieben Meter hoher und 165 t schwerer Monolith des
Regengottes Tláloc oder der Wassergöttin Chalchiuhtlicue - offenbar sind sich die Reiseführerautoren nicht einig. Das Dach des
Museums ist wie bei der Basilika an einer Stahlkonstruktion aufgehängt. Das Museum wurde vor 30 Jahren aus verschiedenfarbigem
Marmor, Glas und Naturstein gebaut und gilt als eines der weltbesten. In einem riesigen Innenhof befindet sich der überdimensionale
El Paraguas. Die 11 m hohe Skulptur mit ihren herunterstürzenden und im Boden versickernden Wassermassen verdeutlicht die
lebenspendende und lebenerhaltende Macht des Wassers. An altindianische Glyphen erinnernde Gravuren zieren die Säule. Mit viel
Aufwand wurden die Exponate von weit hergeholt. Wir besichtigten lediglich die wichtigsten Säle des Erdgeschosses. Die Zeit wurde
aber nicht zu lang, da Peter und Herr Carro zwischendrin viele Pausen machten. Im Saal 5, Teotihuacan, sind z. B. Waffen aus
Obsidian ausgestellt. Stein und Eisen waren unbekannt und Obsidian ist sehr hart. Aufsehenerregend ist die maßstabgerechte
Rekonstruktion eines Teils des Templo de Quetzalcoátl mit Masken des Regengottes Tláloc und Köpfen der "Gefiederten Schlange"
in seiner ursprünglichen Bemalung, grün, weiß und rot. Saal 6 ist der Tolteken-Kultur gewidmet. Hier ist einer der Atlanten von Tula
("La ciudad Sagrada de Quetzalcoatl") als Reproduktion ausgestellt. Der umfangreichste Saal ist der Saal 7: Méxicas. Dem
Besucher springt der sagenhafte Kopfschmuck von Motecuhzóma II. ins Auge, gefertigt aus Hunderten von bunten Federn des
Quetzal-Vogels. Allerdings nur eine Reproduktion, das Original steht seit Maximilians Zeiten im Wiener Museum für Völkerkunde. Im
Abschnitt Tenochtitlán gibt es ein 25 m² großes plastisches Modell des Tempelbezirkes. Es stellt das Zeremoniezentrum mit dem
großen Haupttempel und seinen zwei Bethäusern dar. (Der Doppeltempel für Regen- und Kriegsgott stand an der Stelle der heutigen
Kathedrale.) Der runde Tempel in der Mitte war Quetzalcoátl geweiht. (Von der Rundpyramide "Cuicuilco" sind heute nur noch Reste
zu sehen, weit außerhalb des Zócalo.) Das berühmteste Monument ist der in seiner Größe (Durchmesser 3,60 m) und Präsentation
unübersehbare Sonnenstein der Azteken (Aztekenkalender); er wurde auf dem Zócalo in der Nähe der Kathedrale gefunden. Der
Monolith stellt den Sonnengott Tonatiuh und das aztekische Universum dar. Der Sonnenstein wurde unter der Herrschaft von
Axayacatl, dem sechsten Aztekenherrscher, im Jahre 13 acatl (1479) gemeißelt und im Haupttempel aufgestellt. Den Sonnenstein an
dieser Stelle zu erläutern, dauert viel zu lange. Wir waren noch einmal in Mitla, auf dem Monte Albán im Saal 8, wo wir nun auch die
Replik des Grabes aus dem Tumba 104 besichtigten, und bei den Mayas (Saal 10), z. B. in Palenque, wo wir die Nachbildung des
Grabes aus der Pyramide der Inschriften zu Gesicht bekamen. Das Zahlensystem der Mayas baut auf dem der Zapolteken auf. Die
Null wird durch eine Muschel, die 20 durch einen Mond dargestellt. Für die Zahlen dazwischen gibt es Balken und Punkte.
Gegen 14.15 Uhr fuhren wir in Richtung Xochimilco, was sich am Südende der Stadt befindet. Wir benötigten dorthin über eineinhalb
Stunden - ohne Stau. Normalerweise sind es drei - vier Stunden. Da merkten wir erst einmal, wie riesig diese Stadt ist. Wir kamen an
der Rundpyramide Cuicuilco vorbei, am Universitätsgebäude, das aus lauter bunten Natursteinen erbaut wurde, und am
Olympiastadion, das 1968 mit 100.000 Plätzen das größte in der Welt war, mit einem Bild von Diego Riviera.
Xochimilco stand eigentlich nicht auf unserem Programm. Aber statt mehrere Stunden auf dem
Flughafen zu vergeuden, organisierte Peter für uns eine Bootsfahrt mit Mariachi-Musik. Wir ketteten zwei
bunt bemalte und blumengeschmückte Holzboote zusammen, in der Mitte stand die Band in ihrer
herausgeputzten Dienstuniform: schwarze Anzüge, die über und über mit Silbertressen bestickt sind,
sowie breitkrempigen Hüten, der Sänger in weißer Uniform - und sang einmal für die einen, einmal für die
anderen. Bei einem Lied mußte ich mittanzen, aber es war ganz lustig. Mit Mezcal-Schnaps aus der
besuchten Brennerei, Cola, Chips und mexikanischen Volksliedern, die unter Geigen-, Trompeten- und
Gitarrenbegleitung inbrünstig vorgetragen wurden, verbrachten wir eineinhalb Stunden auf dem
mexikanischen Spreewald, der von Gondeln nur so wimmelte. Ab und zu kam ein schwimmender
Verkäufer vorbeigefahren, um seine Waren, wie Teppiche, Orchideen und Eßwaren feilzubieten. Peter
schenkte unserer Frau Leisner, der 80jährigen Dame, die so fantastisch war, einen Strauß Rosen. Von Herrn Carro erhielt jede Frau
ein kleines Blumensträußchen. Leider würden sie sich bis Deutschland nicht halten. Also verschenkten wir die Sträuße an Kinder
oder die Toilettenfrauen von Xochimilco. Makaber: das Wasser in den Toiletten war gerade ausgegangen... Nur Frau Leisner war so
begeistert, daß sie beide Sträuße unbedingt mit nach Hause nehmen wollte - und es offensichtlich auch schaffte.
Zurück in die Heimat
Gegen 18 Uhr mußten wir zum Flughafen aufbrechen. Nach dem Einchecken verbrachten wir bis zum Einsteigen die restliche Zeit im
Flughafenrestaurant und verjubelten das letzte Kleingeld bei Salat und Tortillas. Wir flogen jedoch mit 25minütiger Verspätung ab, da
eine Dame zwar eingecheckt, aber nicht eingestiegen ist. Aus Sicherheitsgründen mußte ihr Gepäck wieder ausgeladen werden.
Unsere Flugzeit betrug diesmal nur 9:45 Stunden. Durch Rückenwind überm Atlantik konnten wir auch mal
"Überschallgeschwindigkeit", 1.200 km/h, fliegen und brauchten daher keine 10 Stunden über die Bahamas, das Bermudadreieck
paris und Trier nach Frankfurt. Dem Kapitän nach seien es am Nachmittag bei Ankunft in Frankfurt 8 °C mit Regenschauern. Brrr!
Aber zum Aussteigen war es schon zu spät... Pünktlich um 14.15 Uhr Ortszeit landeten wir in Frankfurt; Weiterflug um 16.45 Uhr
nach Dresden, wo wir von meinem Vati bereits erwartet wurden.
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20.12.1997 - 3.1.1998