Made with MAGIX Reisebericht 16. August - 4. Oktober 1999 Teil 1: Castilla y León Burgos Nach insgesamt 141 Fahrtkilometern kamen wir im Dunkeln in der Provinzhauptstadt (860 m NN, 156.000 Ew.) an. Da es noch  herrlich warm war, unternahmen wir gleich einen Stadtspaziergang. Es war unheimlich viel los: lustwandelnde Menschen unter der  Platanenallee, Fußball spielende Kinder auf der Plaza Mayor... Kathedrale und Stadttor wurden herrlich angestrahlt. Wir  übernachteten in der Nähe des Castillos. Am nächsten Morgen, der uns bei starker Bewölkung begrüßte, begannen wir unseren Erkundungsgang durch Burgos. Fast der  gesamte Altstadtkern nördlich des Río Arlanzón, der durch die Stadt fließt, überdauerte die Jahrhunderte. Zuerst wollten wir zum  Castillo, das 1736 durch ein Feuer zerstört und zurzeit restauriert wurde; deshalb konnten wir es nicht besichtigen. Aber wir hatten  eine grandiose Sicht auf die eng bebaute Stadt. Die Iglesia de San Esteban, die noch nicht geöffnet hatte, wurde in den Jahren  1280-1350 in gotischem Stil erbaut und verfügt über ein figurenreiches Westportal mit schöner Fensterrose. Unübersehbar erhebt sich auf einer Terrasse am Fuß des Burghügels das UNESCO-Weltkulturerbe Catedral de Santa María, in ihrer Gesamtanlage und durch die Fülle plastischer Kunstwerke eine der eindrucksvollsten gotischen Kirchen. Der aus marmorartigem  weißen Kalkstein errichtete Bau wurde 1221 mit der Grundsteinlegung durch Fernando II. begonnen; die drei Schiffe und die Portale  waren bis zur Mitte des 13. Jh. fertig gestellt. Die Türme entstanden im 15. Jh., die letzten Arbeiten dauerten jedoch bis ins 16. Jh.  an. Die nach Westen gerichtete Hauptfassade wird dominiert von den prachtvollen durchbrochenen Helmen der beiden 84 m hohen  Haupttürme, die 1458 durch Johannes von Köln (Juan de Colonia) ausgeführt wurden. Die Kathedrale wurde um 9.30 Uhr geöffnet.  "Rodrigo Ruy Díaz de Vivar zählte zu jenen kastilischen Granden, die mit allen Wassern gewaschen waren. Als dem Adeligen für einen seiner kostspieligen Feldzüge wieder einmal das nötige Kleingeld fehlte, bat er einen jüdischen Geldverleiher um ein Darlehen, wofür er ihm eine mit Gold und Edelsteinen gefüllte Truhe als Sicherheit anbot. Der Geldverleiher gewährte den Kredit. Doch als er den Holzkasten öffnete,  entdeckte er nur wertlose Steine..." [aus: "Schätze der Menschheit", 1995]  Dieser sagenhafte "cofre del Cid" mit seinen schweren Metallbeschlägen, noch heute bis zum Rand mit  Steinen gefüllt, steht in der Kathedrale. Rodrigo Díaz (El Cid) fand hier neben seiner Gemahlin unter der  Vierung seine letzte Ruhestätte. Innerhalb der Kathedrale herrschte wieder einmal Foto- und Filmverbot.  Wenn man den Hauptaltar und den Kreuzgang sehen wollte, musste man einen relativ hohen Eintritt zahlen.  Der weitere Rundgang führte uns zum Arco de Sta. María, ein von zwei halbrunden Türmen flankiertes  Stadttor, das gestern abend angestrahlt war. Der Triumphbogen wurde im 14. Jh. in die Stadtmauer  gebrochen. Statuen kastilischer Helden und Könige bewachen den Eingang zur Stadt. Das massive Bauwerk  enthält neben sieben großen Kriegerstatuen Bildnisse des siegreichen Karl V. und von El Cid. Wenn man auf den Brücken des Arlanzón steht, glaubt man gar nicht, dass man sich in einer Großstadt  befindet. Der Fluss hat hier richtige Flussauen und windet sich in leichten Kurven durch das Bett. Wir konnten sogar eine  Schwanenfamilie entdecken. An der Plaza de Calvo Sotelo sieht man die für Burgos typischen verglasten Balkone, bei uns auch als Loggia bekannt. Über die  Calle San Juan kamen wir an der Plaza San Juan zur Iglesia de San Lesmes, die im 14./15. Jh. errichtet wurde.  Wir legten in der "Orleans-Cafetería" an der Plaza de España, wo das moderne Burgos beginnt, eine kleine Pause ein. Schließlich  war es schon fast Mittag bei 31 °C und wir hatten noch nicht gefrühstückt und mächtigen Hunger. Verschiedene Tapas besänftigten  unsere Mägen. Danach setzten wir unseren Rundgang fort.  Vor dem Theater steht das El-Cid-Denkmal. El Cid ist der spanische Nationalheld und die Leitfigur des Kampfes der Christen gegen  die maurische Herrschaft. Der in Vivar bei Burgos geborene Ritter Rodrigo Díaz de Vivar kämpfte zunächst unter König Sancho II.  von Kastilien gegen dessen Bruder Alfons VI. von León und erwarb sich durch seine Tapferkeit seinen ersten Beinamen ′El  Campeador′ (′Der Schlachtensieger′). Nach der Ermordung Sanchos 1072 schloss er sich Alfons VI. an, der nun Herrscher beider  Königreiche war. Im Jahre 1081 kam es zum Bruch, und Rodrigo Díaz wurde verbannt. Nach der Aussöhnung mit Alfons VI. eroberte  er 1095 Valencia gegen die Almoraviden und fiel fünf Jahre später bei der Verteidigung dieser Stadt.  Die Casa del Cordón verdankt ihren Namen dem ′cordón′, der Kordel um die Kutte der Franziskaner, die das Portal des zwischen  1482 und 1492 für den Obersten Heerführer von Kastilien errichteten Hauses schmückt. In ihm empfingen die Katholischen Könige im Jahre 1497 Christoph Kolumbus nach seiner Rückkehr von seiner zweiten Reise in die Neue Welt. Danach kamen wir zur Iglesia de  San Lorenzo und von dort zur Iglesia de San Gil aus dem 14. Jh. Diese konnten wir nicht besichtigen, weil gerade Trauungen  stattfanden.  Dafür blieben wir ungefähr eine Stunde davor stehen, um die Hochzeitsgesellschaften zu sehen. Ein paar junge Männer schmückten  gerade ein Hochzeitsauto: zuerst füllten sie es mit aufgeblasenen Luftballons, dann packten sie es liebevoll in Toilettenpapier ein. Wir  wussten nicht, ob die Zeremonie bereits begonnen hatte und wann das Brautpaar aus der Kirche kommen würde. Also warteten wir.  Nach und nach kamen immer mehr Hochzeitsgäste: die Herren in feinen Anzügen, die Damen in Abendkleidern, je nobler, desto mehr Aufmerksamkeit. Dann kam noch ein Hochzeitsauto. Es war die nächste Gesellschaft; die Braut ähnelte mehr einer Matrone neben  dem zierlichen Bräutigam. Mittlerweile war es schon 13 Uhr. Bis das erste Hochzeitspaar mit dem Fotografieren fertig wurde und zu  seinem Auto zurückkehrte dauerte es einige Minuten. Es war köstlich anzusehen, wie Braut und Bräutigam das Auto aus dem  "Geschenkpapier" wickelten und sich dann hineinsetzen wollten und auf ′zig Luftballons trafen. Sie warfen diese hinaus und die  Kinder und Gäste liefen um die Wette, die meisten Ballons zu erwischen und knallen zu lassen. Nun brachen wir auf; zuvor hatten wir in einem hübschen Fischgeschäft ein Stück Thunfisch gekauft - ich wusste gar nicht, dass  dieser so groß ist! Über die C. del Puerto del Rey und die Calle de la Llana de Afuera gelangten wir zur arkadengesäumten Plaza  Mayor, die wir schon gestern Abend kurz gesehen hatten. An ihrer Südseite steht das 1791 erbaute Rathaus. Auf der Platanenallee  war mittlerweile ähnlich viel Betrieb wie am Abend. Dazu spielte eine gute Jazzband. Ich entdeckte zwei Jungen, die dazu tanzten  und am Musikpavillon baumelten. Auf dem "Camino de Santiago" nach Palencia  Gegen 14.30 Uhr verließen wir Burgos in Richtung Palencia. Wir befuhren nun einen Teil des "Camino de Santiago", der von  Frankreich bis Santiago de Compostela führt. (Bis dahin wären es von hier aus noch 520 km.) Er war im Mittelalter die Route der  Wallfahrer aus Mitteleuropa zum Grabe des Apostels Jakob (Apóstol Santiago) in Santiago de Compostela, gesäumt von  romanischen Klöstern, Stiften und Andachtsstätten sowie von Hospitälern und Rasthäusern. In Olmillos de Sasamón füllten wir unseren Wassertank auf. Neben einem Gehöft steht die stattliche Burg Castillo de las Cartagena   aus dem 15./16. Jh. mit Türmen wie im Märchen.  Das Convento de San Anton ist zwar verfallen, aber die Straße führt durch einen seiner Bögen hindurch - gewaltig! Über Castrojeriz  (808 m NN) kamen wir nach Frómista [1.000 Ew.], einer ehemaligen Pilgerstation am Jakobsweg. Fotostopps an der Iglesia de Sta.  María del Castillo, und der Iglesia de San Pedro. Die Iglesia de San Martín (1066) ist noch heute Wallfahrtsort auf dem Jakobsweg.  Die Backsteinkirche ist der Rest eines Benediktinerklosters und besitzt einen achteckigen Vierungsturm und zwei Rundtürme an der  einfachen Hauptfassade. Die Landschaft dient Dank der Bewässerung durch den Canal de Castilla als fruchtbare Getreideebene; leider mit nur wenigen  Schatten spendenden Bäumen. Wir hielten unsere Abendsiesta in einem der raren Eichenhaine, bevor uns eine 8 km lange  schnurgerade Straße bei immer noch 24 °C nach Palencia führte, wo wir dann auch übernachteten. Unsere Tagesetappe: 145 km Palencia und Valladodid  Bei nur 15 °C begannen wir am nächsten Morgen die Stadtbesichtigung der Provinzhauptstadt Palencia (700 m NN, 75.000 Ew.). Vor  der Catedral San Antolín war eine überdachte Sitzreihe aufgebaut. Hier konnten sich die Leute anstellen, die eine Ausstellung in der  Kirche ansehen wollten; irgendwelche Gemälde. Wir fragten, ob wir uns die Kirche ansehen können; nein, hieß es, nur mit  Eintrittskarte für die Ausstellung. Also sahen wir die schöne Kathedrale nur von außen. Sie wurde schon unter den Westgoten  begonnen und romanisch vollendet, bis auf den Südturm. Die Calle Mayor war noch total ausgestorben. Die meisten Einwohner schliefen offenbar noch. Auf der Plaza Mayor entdeckten wir  einen kleinen Trödelmarkt und die Iglesia de San Francisco befand sich offenbar in Restauration. Nördlich der Stadt steht auf einem  Hügel die kleine Ermita Cristo de Otero, Ziel einer alljährlich im April stattfindenden Wallfahrt von Palencia aus. Das Gotteshaus (von  Kanonikus Juan de Tordesillas) wird überragt von einer 20 m hohen Statue des Santo Cristo Rey. Von hier oben hatten wir eine  schöne Sicht auf Palencia.  Die Weiterfahrt nach Valladolid organisierten wir auf kleinen Nebenstraßen durch herrliche weite Felder und Wiesen. Wir machten  Station in dem kleinen Ort Baños de Cerrato (731 m NN). Hier besuchten wir die kleine Basilika San Juan Bautista de Baños aus  dem Jahre 661. Diese wurde vom Westgotenkönig Recceswinth als Dank für seine Heilung durch die hier befindliche Quelle gestiftet  und im 9. Jh. erneuert. Sie ist wohl eine der ältesten Kirchen der Iberischen Halbinsel. Im Inneren tragen Hufeisenbögen auf  einfachen Säulen mit Blattkapitellen drei Schiffe. Wir ließen es uns nicht nehmen, von der Quelle zu trinken und uns etwas zu  wünschen. Valladolid (694 m NN, 330.000 Ew.), das auf der fruchtbaren Hochebene von Altkastilien liegt, ist eine hässliche Industriestadt,  größtes und modernstes Industriegebiet Kastiliens. Das alte Valladolid erinnert noch an die Pracht vergangener Tage, da Kastiliens  Könige ihre Höfe eng mit der Stadt verflochten hatten, u. a. heiratete hier das katholische Königspaar Isabel und Fernando, und  Christoph Kolumbus trat von hier aus seine letzte Reise an. In der Provinzhauptstadt leben 330.000 Ew. Das ehemalige Collegio San  Gregorio hat ein wundervolles isabellinisches Portal. Der beeindruckende Bau wurde in der Rekordzeit von nur acht Jahren (1488-  1496) erstellt. Neben seiner eigenen Pracht - filigrane Ornamente der Arkaden des Innenhofs und der Hauptfassade - beherbergt er  das interessanteste Museum der Stadt, das Museo Nacional de Escultura mit einem repräsentativen Querschnitt bedeutender  spanischer Bildhauer. Wir besichtigten die Retablen aus der Kirche San Benito. Gegen 13.45 Uhr wurden alle Besucher  hinausgeworfen, denn da endete die sonntägliche Gratisbesichtigungszeit; die Siesta ist den Spaniern heilig. Wir marschierten sofort zur Iglesia de San Pablo. Glück gehabt - wir konnten gerade noch eine Runde durch die hohe Kirche laufen,  bevor wir auch hier hinausgeworfen wurden. Erst dann genossen wir in der Mittagshitze bei 31 °C die schöne, zwischen schlichten  Ecktürmen emporsteigende Außenfassade, ein Werk des Simon von Köln. In der Kirche San Benito war gerade eine Messe zu Ende, so dass wir auch diese Kirche ganz kurz besichtigen konnten, bevor bis  19 Uhr zugesperrt wurde. Die Kirche wurde 1499-1504 mit einer mächtigen offenen Turmhalle erbaut. Erst von weitem erkennt man  die ganze Schönheit, die die Säulen ausmachen. Die Plaza Mayor ist ein weiter, von Arkaden eingefasster Platz; es war nicht auszumachen, ob quadratisch oder rechteckig. Mitten in  einem Meer von hässlichen Neubauten steht die Casa de Cervantes. Hier wohnte Miguel de Cervantes Saavedra von 1603 bis 1606.  Das hübsche, völlig von Efeu und wildem Wein überwachsene Häuschen erinnert ein wenig an das uralte Valladolid; vor dem Haus  floss einst der Río Esgueva, den hier eine kleine Brücke überspannte. Die Kathedrale wurde auch gerade restauriert; der 1580 vom  Architekten Juan de Herrera begonnene Bau ist bis heute nicht vollendet.  Von Valladolid nach León  Auf der Weiterfahrt erreichten wir nach 50 km Coca (790 m NN, 2.000 Ew.). Das hiesige Castillo de Fonseca wurde Ende des 15. Jh.  von arabischen Architekten geplant und ganz aus Backstein erbaut, mit rötlichen Farben und in geometrischen Formen. Eine Brücke  über den Burggraben führt durch das stattliche Haupttor Arco de la Villa hinter den ersten Verteidigungswall. An den Ecken des  Walles, den wir auf dem inneren Wehrgang umwanderten, erheben sich mächtige polygonale Türme, die wiederum mit kleinen  Wehrtürmchen versehen sind. Früher war es Sitz von Isabella der Katholischen - heute beherbergt es eine Agrarschule. Das Castillo  kommt einem Märchenschloss gleich. Wir konnten zwar den Wehrgang fast umrunden; das Innenleben durfte nur gegen Eintritt  besichtigt werden. Diesmal übernachteten wir in Arévalo (826 m NN, 7.000 Ew.). Wir standen vor dem dortigen Castillo, wo ab 19 Uhr der Tummelplatz  der Einheimischen entstand. Als der Wind drehte, roch es penetrant nach dem nahen Schweinestall. Also suchten wir uns in dem  engen Ort ein anderes Übernachtungsplätzchen, was nicht ganz ohne Schwierigkeiten abging. Als wir durch eine schmale Gasse  kamen, nahmen wir beim Um-die-Kurve-biegen die Plastikstühle eines Restaurants mit. Der Besitzer hatte diese direkt am Bordstein  aufgestellt und auf der anderen Seite stand ein parkendes Auto. Der Besitzer schimpfte hinter uns her. Soll er seine Stühle doch  weiter auf den Platz stellen...  Am Morgen spazierten wir gegen 8.15 Uhr durch den noch relativ menschenleeren Ort. Die Plaza de la Villa ist weitläufig, mit hellen  Steinen gepflastert und gesäumt von alten Häusern, deren oberes Stockwerk, von Holz- oder Steinsäulen gestützt, weit hervorspringt  und so schattige Arkadengänge schafft. Leider machte alles einen ziemlich verfallenen Eindruck, aber trotzdem einen bleibenden von  der Lebensweise der Menschen Kastiliens. An der Ostseite der Plaza ragen die beiden großen Mudéjartürme der Kirche San Martín   empor; an der Westseite steht die Kirche Santa María. Über dem Río Adaja thront das Castillo aus dem 14. Jh.; hier verbrachte  Isabella die Katholische ihre Kindheit. Wir hatten die Burg schon am Vorabend gesehen; beeindruckend ist die Torre de Homenaje,  rein kam man aber nicht, also setzten wir unsere Reise fort.  Nächste Station war Madrigal de las Altas Torres (810 m NN), 24 km westlich von Arévalo. Der Geburtsort von Isabella II. ist von  einer Stadtmauer umgeben. Der ehemalige Herrscherpalast, wo Isabella bis zu ihrem vierten Lebensjahr wohnte und wo ihr  Heiratsvertrag mit Ferdinand von Aragonien geschlossen wurde, beherbergt heute ein Kloster. In einer Bar tranken wir erst mal einen  Kaffee, da wir noch nicht gefrühstückt hatten. Die Bar stand an einem Platz, auf dem eine provisorische Stierkampfarena aufgebaut  war. Madrigal besitzt keine eigene Arena. Also muss der größte Platz herhalten, der mit Eisentoren und -gittern versehen wird, so  dass kein Zuschauer in Gefahr gerät. Das Ereignis sollte am 15. September stattfinden. Mehrere Männer waren damit beschäftigt,  den Weg, den der Stier getrieben werden wird, ebenfalls mit Eisengittern abzuzäunen. In einer carnicería, einer Metzgerei, sah ich  ein Foto vom Anfang des 19. Jh. Es zeigte wie gerade ein Stierkampf auf dem Platz an der Bar stattfand, wahrscheinlich wurde er  schon immer als Stierkampfarena genutzt. Mittags bei wieder 31 °C und wolkenlosem Himmel waren wir in Medina del Campo (721 m NN, 20.000 Ew.), wichtiger Eisenbahn-  und Straßenknotenpunkt; bis zum 16. Jh. einer der wichtigsten Handelplätze Europas; die Katholischen Könige erhoben ihn zur  Residenz. Hier starb Isabella 1504. Wir fanden den Weg zum Castillo de la Mota nicht auf Anhieb. Das Castillo aus dem 15. Jh. ist  eine der schönsten Burgen in Spanien, außerdem frisch restauriert, und man konnte es kostenlos besichtigen. Die untere Etage war  restauriert und zeigt u. a. die Kapelle, den schönen Innenhof und einen Speisesaal. Bis heute haben wir nicht gewusst, wie so eine  Festung, ein Castillo, von innen aussieht - und wir waren angenehm überrascht. Über die Hauptgeschäftsstraße kamen wir zur weiten Plaza Mayor. In der Bar "Monte Carlo" unternahmen wir etwas gegen Wassermangel. Die Straße vor der Bar war wie in Madrigal de  las Altas Torres für den Stiereintrieb vorbereitet. In ganz Kastilien waren in der Woche vom 12.-19.09.1999 Fiestas und jeden Tag  mindestens 3 Stierkämpfe. Im Hospital Simon Ruiz (im 16. Jh. vom gleichnamigen Kaufmann und Bankier errichtet) sollen heute  noch die Krankensäle zu sehen sein. Das Hospital wird gerade total restauriert. Das sonst darin befindliche Gesundheitszentrum war  kurzerhand in Container ausgelagert. Zuletzt sahen wir uns den Palacio de Dueñas, ein prächtiges, Wappen geschmücktes  Adelshaus, und dessen schlichten Innenhof an. Gegen 13.45 Uhr fuhren wir auf der Schnellstraße N-IV nach Tordesillas (702 m NN, 8.000 Ew.). Das Städtchen, auf einer Anhöhe  über dem Río Duero gelegen, war ursprünglich ein alter kastilischer Markt. 1494 einigten sich im Kloster Santa Clara nach einem  Schiedsspruch Papst Alexanders VI. die Kolonialmächte Spanien und Portugal auf den "Vertrag von Tordesillas", der die damals  bekannte Neue Welt und noch zu entdeckende Gebiete unter beiden Ländern aufteilte. Auch hier bereitete man sich auf die Fiesta  "Toro de la vega" vor, in deren Mittelpunkt der Stierkampf steht. An der Plaza Mayor tranken wir eine Horchata - in Castilla-León ein  seltenes Vergnügen; anscheinend sind Horchatas hier nicht so bekannt wie in Südspanien. Über Torrelobatón (754 m NN), das von einem gut erhaltenen Castillo aus dem 13. Jh. überragt wird, das Monasterio La Espina  mitten im Wald und Castromonte kamen wir nach Medina de Rioseco (735 m NN, 5.000 Ew.). Die Kirche San Francisco wird nicht  mehr genutzt und verfällt so vor sich hin. Die trapezförmige Plaza Mayor lag verlassen im Sonnenschein - Siesta. An einer Ecke steht  eine Statue des Dichters Diego Romero. Die Hauptstraße des Ortes war besonders interessant: alle Häuser stehen auf dicken  Holzpfählen (neuere Häuser haben Betonpfeiler), die eine Art Arkadenstraße bilden. In der Kirche Sta. María de Mediavilla wurden wir  dumm angemacht, weil ich gefilmt habe; das Schild "Filmen und Fotografieren verboten" hatten wir nicht gesehen.  Wir setzten unsere Reise fort und suchten wieder mal ein Plätzchen am Wasser. An einer Schleuse am Canal de Campos gab es  einen Picknickplatz. Wir beschlossen, dort unsere Siesta zu halten und zu duschen. Kaum waren wir da, kam ein Jugendlicher auf  einem knatternden Moped vorbeigefahren, kehrte um und fuhr wieder zurück. Man ist doch nirgendwo allein! Wenig später entdeckte  Bertram jemanden mit blauem Käppi hinter einem Gebüsch, der immer zu uns her schaute. Ich nahm das Fernglas, winkte ihm. Da  kam der Opa hervor, spazierte auffällig unauffällig in unsere Richtung, setzte sich etwa 20 m vom Auto entfernt auf einen  Baumstumpf und tat so als würde er Zeitung lesen. Dann ging er über die Schleuse, verschwand hinter dem hier befindlichen alten  Speicherhaus. Zuerst dachten wir, er wäre nun in sein Dorf zurück gekehrt, aber Bertram entdeckte später das blaue Käppi im  Gebüsch neben dem Speicherhaus. Erst als Bertram ihn fragte, warum er uns versteckt beobachte und nicht offen mit uns rede,  verschwand der Alte. Nun konnten wir in Ruhe Haare waschen, das wie im Frühjahr mit der Gießkanne durchgeführt wurde. Zum  Baden stieg Bertram kurz in den Kanal. Ich wollte das nicht, also nahmen wir die Gießkanne und duschten mich mit der Brause so  ab. Ich befand mich gerade wieder im Handtuch, als ein Auto mit einem Paar angefahren kam. Er ging zum Kofferraum, holte sein  Angelzeug heraus und gaffte und stierte, während ich versuchte, mich irgendwie anzuziehen ohne das Handtuch zu verlieren.  Bertram fragte den Mann, ob es denn interessant sei, so zu gaffen, wir würden seine Frau ja nicht genauso begaffen; da packte er  sein Zeug wieder ein und sie fuhren den Weg zurück, den sie gekommen waren. Während Bertram später auf Insektenpirsch ging,  bereitete ich das Abendbrot vor. Als wir gerade beim Essen saßen, kam ein Mann mittleren Alters auf dem Fahrrad langsam über die  Brücke gefahren, stellte sich scheinheilig auf die Schleuse, zündete sich eine Zigarette an und rauchte, während er immer wieder zu  uns rübergaffte. Wir gafften zurück. Da wurde der Mann nervös, setzte sich auf sein Fahrrad und fuhr am Kanal zurück. Aber er  konnte das Gaffen nicht lassen. In dem Moment stolperte er und fiel beinahe vom Fahrrad und mitsamt diesem fast in den Kanal. Ich  musste so lachen. Strafe muss sein! Danach hatten wir Ruhe. Zum Übernachten fuhren wir aber dann doch in das nächstgelegene Dorf, Cuenca de Campos (775 m NN). Es waren einfach zu viele  Leute vorbeigekommen, als dass wir hier noch sicher wären. Tagespensum: 179 km. Die Stelle war relativ ruhig, doch gegen 1.30  Uhr morgens wurden wir von einem Kläffer geweckt, der einfach nicht wieder aufhören wollte zu bellen. Erst als Bertram mit einem  Stein nach dem Köter warf, gab der Ruhe.  Morgens suchten wir uns einen schönen Platz im Feld zum Frühstück. Es wehte ein starker Wind aus Ost und brachte dunkle  Schlechtwetterwolken mit. Das Thermometer zeigte lediglich 14 °C. Später stieg es auf 27 °C, der Wind schwächte etwas ab; in León  hatten wir später sogar wieder 30 °C. Auf unserem Weg kamen wir durch eine regelrechte Geisterstadt: Villacreces. Sie stand zwar noch auf der  Landkarte, aber die Leute, die wir nach dem Weg dorthin fragten, schauten uns ganz entgeistert an. Als wir  die Stadt erreichten, wussten wir warum: Viel war nicht mehr übrig, der Ort seit mindestens 10 Jahren  verlassen. Das einzige intakte Gebäude war der Kirchturm. Die anderen Häuser fallen in sich zusammen, bis  nur noch ein Lehmhaufen übrig ist. Das ist der Vorteil von Lehmziegelbauweise: man spart die  Abbruchkosten. Auf der Weiterfahrt - die Straße hier war zum ausgewaschenen Schotterweg verfallen -  sahen wir auf den Feldern Turmfalken. Leider konnten wir sie weder filmen noch fotografieren. Sobald der  Bus hielt, waren sie weg; manchmal schon allein bei der Annäherung. Also werden hier auch Falken zum  Zeitvertreib abgeschossen. Nächste Station war der Ort Grajal de Campos. Wir besichtigten die Iglesia Parroquial, die Pfarrkirche an der Plaza Mayor. Es ist  eine schöne alte Kirche mit knarrenden Dielen. Die Gebäude an der Plaza Mayor sind sehr alt und schön, aber leider auch sehr  verfallenen. Sie gehören zu einem ehemaligen Adelspalast. Das Castillo sahen wir nur von außen; an einer Seite lugte sogar eine  Kanone aus der Mauer. Später kamen wir nach Sahagún (836 m NN). Es ist keine schöne Stadt, und sie gibt nicht viel her. Lediglich die romanische Iglesia  de San Tirso ist mit ihrer seltenen Lehmziegelbauweise sehenswert. Drinnen schlicht gehalten, aber prunkvolle Prozessionsstatuen  aufgebaut. Die meist Marienstatuen sind mit Tüll und dunklem Samt bekleidet. Auf dem weiteren Weg nach León kamen wir durch typische leónesische Landschaft, am Horizont sahen wir die Bergspitzen des  Kantabrischen Gebirges, der Grenze zur Region Asturien. Wir hielten Siesta am Monasterio San Miguel de Escalada,   ausnahmsweise einmal mittags. Das Monasterio öffnete erst um 17 Uhr wieder seine Pforten. Drinnen waren nur noch die Säulen zu  sehen, aber keine Einrichtungsgegenstände mehr. Mit viel Fantasie konnten wir uns einigermaßen vorstellen, wie es mal hier drinnen ausgesehen hat. Das Kloster wurde 913 von Mönchen aus Córdoba gegründet und ist eines der schönsten Beispiele für  mozarabische Kirchenarchitektur in Spanien. Dies kommt besonders in den Hufeisenbögen des südlichen Seitenschiffs und den  westgotischen und maurischen Reliefs in den Apsiden zum Ausdruck.